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Herford

Roboter hilft Querschnittsgelähmten wieder auf die Beine

Benefizlauf: Mehr als 30 Starter laufen beim dezentralen Spendenmarathon in Herford. Querschnittsgelähmter läuft im Lokomaten auf seinen eigenen Beinen mit

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Vorbereitung: Vor dem Start werden die Nummern auf den Rücken der Teilnehmer befestigt. | © Friderieke Schulz

Vorbereitung: Vor dem Start werden die Nummern auf den Rücken der Teilnehmer befestigt. | © Friderieke Schulz

11.05.2016 | 11.05.2016, 09:00

Herford. Es ist der Traum von vielen Querschnittsgelähmten: auf den eigenen Beinen laufen. Die internationale Stiftung für Rückenmarksforschung "Wings for Life" arbeitet daran, diesen Traum wahr werden zu lassen. Sonntag liefen auf der ganzen Welt Unterstützer für alle diejenigen, die das nicht können. Auch in Herford gingen mittags mehr als 30 Läufer für die Rückenmarksforschung an den Start. Einer von ihnen ist Jürgen Swagelski aus Hiddenhausen. Auch der Querschnittsgelähmte lief eineinhalb Kilometer für den guten Zweck - auf seinen eigenen Beinen.

Alena Peche aus Dortmund und Sebastian Kloake aus Bad Salzuflen wischen sich eine erste Schweißperle vom Kopf. Bei 28 Grad treten sie gleich beim dezentralen, internationalen Benefizlauf an. Aufmerksam wurden sie darauf durch ihre Freundin Michaela Pruss, die im Therapiezentrum Herford arbeitet.

Im Lokomaten fühlt Swagelski jeden Schritt

Das Zentrum an der Heidestraße ist Start- und Zielort des Herforder Laufes. Hier ist auch die Laufstrecke für Jürgen Swagelski. Der 28-Jährige ist seit einem Unfall querschnittsgelähmt. "Es ist ein schönes Gefühl zu laufen", sagt der Hiddenhauser und berichtet, dass er lange Zeit nach einem solchen Gerät wie den Lokomaten gesucht hat.

In Bewegung: Jürgen Swagelski fühlt, wie seine Beine unter seinem Körper laufen. - © Friderieke Schulz
In Bewegung: Jürgen Swagelski fühlt, wie seine Beine unter seinem Körper laufen. | © Friderieke Schulz

Gleich um die Ecke, im Therapiezentrum Herford, wurde er fündig. Und obwohl Swagelski nicht auf seinen eigenen Beinen stehen kann, fühlt er in dem Lokomaten jeden Schritt. "Im Oberschenkel fühle ich die Spannung und Streckung meiner Beine. Auch das Auftreten kann ich fühlen", sagt er.

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Herford: Benefizmarathon für die Rückenmarksforschung

In einem Spiegel kann er sich sehen - auf den eigenen Beinen stehend. Zwar wird sein Körper mit Hilfe von Gurten aufrecht gehalten und seine Beine werden durch Roboter geführt, doch er steht und geht. Das Training gehört zur Ergotherapie.

Hat ein Ziel: Philipp Dehne aus Pollhagen will wieder auf seinen eigenen Beinen stehen. Am Lauf nimmt er teil, um auf das Thema aufmerksam zu machen. - © Friderieke Schulz
Hat ein Ziel: Philipp Dehne aus Pollhagen will wieder auf seinen eigenen Beinen stehen. Am Lauf nimmt er teil, um auf das Thema aufmerksam zu machen. | © Friderieke Schulz

Für Therapeutin Tanja Kurowski ist der Anblick von Swagelski kein ungewöhnlicher. "Für mich sind meine Patienten Fußgänger. Ich sehe sie ja praktisch nur stehend", sagt die Praxisleiterin. Der Lokomat schule Kraft und Koordination: "Wer sich nicht bewegt, baut Muskeln ab", sagt Kurowski.

Start auf Rollen mit einem Handbike

Am Ende einer etwa einstündigen Trainingseinheit stellt sich bei Jürgen Swagelski Erschöpfung ein. Das kennt auch Philipp Dehne aus Pollhagen. Der 23-Jährige trainiert ebenfalls am Lokomaten. Auch er startet beim Lauf, allerdings auf seinen Rollen mit einem Handbike.

Seit einem Arbeitsunfall im Juli vor zwei Jahren sitzt er im Rollstuhl. Er trainiert viel, denn er hat ein Ziel. "Ich bin nicht zufrieden mit meinem Zustand und will wieder auf die Beine", sagt Dehne. Dass das Teilnehmerfeld bunt gemischt ist aus Menschen mit und ohne Behinderungen findet er gut, und auch das Spendenziel kommt ihm zugute.

Melanie Ebert gehört ebenfalls zu den Läufern. "Na ja, Walkerin", sagt sie. "Nach zwei Schwangerschaften muss ich auch erst einmal wieder fit werden", erklärt die Bünderin und lacht. Denn starten möchte sie auf jeden Fall. "Meine Schwägerin ist selbst betroffen. Und ich finde es gut, wenn durch den Lauf auf das Thema aufmerksam gemacht wird. Denn es bringt wirklich etwas."

Das weiß auch Elena Seibert, die Lebensgefährtin von Swagelski. "Zum Beispiel ist das Heben einfacher, weil ein Muskel mitspielt", sagt die Hiddenhauserin.

Ihrem Lebensgefährten tut das Laufen gut, und auch nach einer Stunde auf dem Lokomaten und eineinhalb Kilometern, die der Hiddenhauser trotz Lähmung auf seinen eigenen Beinen gelaufen ist, freut er sich bereits auf das nächste Training.