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BORGENTREICH

Abfall im Borgholzer Landschaftsschutzgebiet

Unbekannte kippen mehrere Dutzend Lkw-Ladungen Erde und Steine im Jordan-Tal ab

Tonnenweise Erde und Mergel wurden von unbekannten Tätern mit Lkw zwischen den Weiden abgekippt. | © FOTO: HERBERT KLOSS

Tonnenweise Erde und Mergel wurden von unbekannten Tätern mit Lkw zwischen den Weiden abgekippt. | © FOTO: HERBERT KLOSS

03.09.2010 | 03.09.2010, 00:00

Borgentreich. Ausgerechnet im Landschaftsschutzgebiet des Borgentreicher Ortsteils Borgholz haben Unbekannte auf einer Fläche von etwa 300 Quadratmetern haufenweise Lkw-Ladungen Bodenaushub abgekippt.

Wo bisher die seltenen Feuersalamander, Greifvögel wie Rote Milane, Bussarde und Turmfalken, Grau- und Buntspechte, Kuckuck, Graureiher, Blaumeisen, Rotkehlchen, Bachstelzen, Füchse, Igel und Hasen, aber auch viele wilde Pflanzen- und Insektenarten die Augen, Ohren und Geruchsnerven der zahlreichen Spaziergänger und Wanderer erfreuten, stören seit einem Vierteljahr rund 30 meterhohe Haufen von Erde und Steinen (Mergel), die auf einer Fläche von etwa 23 mal 14 Metern verteilt sind, die Idylle und den Blick der Betrachter.

Die rund 300 bis 600 Kubikmeter Erdaushub wurden dort auf einer Brachfläche am Fußweg, der zwischen dem Bach Jordan und der Bahnhofstraße verläuft, von Unbekannten abgekippt. Dieses Jordan-Tal zwischen der Natzunger und der Dalhauser Straße ist den Einheimischen als "Kehrspuhl" bekannt und wird von Naturliebhabern, Umwelt- und Naturschützern besonders geschätzt. Hier können sie die heimische Flora und Fauna noch ungestört genießen sowie Nutztier, wie etwa Norweger-Pferde, aber auch Kühe und andere Zuchttiere aus nächster Nähe betrachten.

Der Abfall ist nicht nur ein ökologisches und ästhetisches Problem, sondern primär ein rechtliches: Befragte Umwelt- und Naturschützer sowie Juristen haben darauf verwiesen, dass das gesamte Areal im Landschaftsschutzgebiet liegt, das obendrein noch am Fuße eines Tales Hochwasser aufnehmen kann. In dem unbebauten und unbewohnten Gebiet darf niemand ein privates Haus errichten. Und auch landwirtschaftliche Eingriffe in die Natur bedürfen entsprechend der vom Regierungspräsidenten in Detmold erlassenen Landschaftsschutzgebietsverordnung grundsätzlich der schriftlichen Genehmigung durch den Kreis Höxter als untere Landschaftsbehörde.

Abkippen von ausgebaggertem Erdreich im Schutzgebiet ist strengstens verboten

Diplom-Biologe Dr. Burkhard Beinlich zeigt auf der Karte das Naturschutzgebiet, in dem der Abfall abgekippt wurde. Er ist über die Dreistigkeit der Täter empört. - © FOTO: HERBERT KLOSS
Diplom-Biologe Dr. Burkhard Beinlich zeigt auf der Karte das Naturschutzgebiet, in dem der Abfall abgekippt wurde. Er ist über die Dreistigkeit der Täter empört. | © FOTO: HERBERT KLOSS

Wer als Firma oder Privatperson auf seinem Grundstück Erde und Steine ausbaggert, muss diese üblicherweise, natürlich kostenpflichtig, auf entsprechend ausgewiesenen Erddeponien entsorgen lassen. Das Abkippen von ausgebaggertem Erdreich im Schutzgebiet ist strengstens verboten und wird bei Zuwiderhandeln bestraft. Es ist nämlich kein Bagatell- oder Kavaliersdelikt, sondern mindestens eine mit saftiger Bußgeldforderung verbundene Ordnungswidrigkeit oder gar eine Straftat.

Der Leiter der Landschaftsstation des Kreises Höxter in Borgentreich, der Diplom-Biologe Dr. Burkhard Beinlich (54), zeigte sich im Gespräch mit der Neuen Westfälischen empört über die "Dreistigkeit" des oder der Verursacher: "In den letzten Jahren werden uns von aufmerksamen Bürgern immer häufiger schwere Umweltvergehen gemeldet - und das, wie auch in diesem Fall, sogar in Schutzgebieten. Zum Teil aus Unwissenheit oder Ignoranz werden rücksichtslos Bauschutt, Hausmüll und Gartenabfälle in der freien Natur entsorgt. Wirklich kriminell wird die Sache dann, wenn es sich um Sondermüll wie Farbreste, Elektrogeräte, Arzneien und Chemikalien handelt. Da kann es dann auch kein Pardon mehr geben", so Beinlich.

Das erst vor einigen Jahren verschärfte Strafgesetzbuch (StGB) sieht bei gravierenden Umweltdelikten zum Teil hohe Geldstrafen und in Extremfällen sogar Haftstrafen ohne Bewährung vor.

Ein Vierteljahr nach dem Anlegen der Abraumkippe wachsen zwar schon einige Wildkräuter auf der künstlichen Hügellandschaft, aber es ist im übertragenen Sinne noch "kein Gras über die Sache gewachsen", im Gegenteil. Jetzt haben die Ordnungs-, Bau-, Natur- und Umweltschutz- sowie Strafverfolgungsbehörden von Stadt Borgentreich und Kreis Höxter bei ihren Ermittlungen die Aufgabe, Antworten unter anderem auf diese Kernfragen zu finden: Woher stammen die Riesenmassen an Bodenaushub? Wer hat wann und wo gegenüber wem angeordnet, zugelassen oder gar genehmigt, dass das Material ausgerechnet im Landschaftsschutzgebiet in Borgholz abgekippt wird? Wer hat wann die geschätzt 30 Lkw-Ladungen dorthin transportiert?