Der Schriftsteller Gerhard Roos (78), der in Norderschwei lebt, hat ein neues Buch herausgebracht: „Pommerland ist abgebrannt“. Es ist eine Jugend-, Kriegs-, Liebes-, Familien- und Wirtschaftsgeschichte, die der ehemalige Pfarrer komprimiert auf 140 Seiten zu Papier gebracht hat. Dazu fragten wir den Autor.

Herr Roos, viele Ältere kennen dieses Lied: „Maikäfer flieg, mein Vater ist im Krieg, meine Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt“. Was bedeutet dieses Lied für Sie?

Gerhard Roos Ich habe dieses Lied als Kind von meiner Großmutter gelernt. Es war der Anstoß zu diesem ganzen Buch.

Dieses Buch beginnt wie ein klassischer Jugendroman: Zwei Kinder geraten Anfang März 1945 in Pommern, für sie überraschend, in eine Katastrophe, nämlich die Vertreibung durch die Rote Armee. Aber anders als viele Jugendbücher endet es nicht mit der Rettung, sondern fängt dann erst richtig an.

Gerhard Roos Mir ging es nicht so sehr um die Vertriebenen. Die Zeit ist zu lange her, das hat sich verloren. Mir ging es darum, zu zeigen, was damals möglich war in den Jahren von 1946 bis etwa 1961. Zu der Zeit konnte es erstaunliche Entwicklungen geben, wenn die Feldbedingungen stimmten.

Das taten sie in diesem Fall. Der Junge, der in der Krise über sich hinaus wuchs, wird ein erfolgreicher Pferdezüchter. Ich bin wohl nicht der einzige, der Sie in diesem Buch erstmals als Pferde-Experten wahrnimmt.

Gerhard Roos Ich habe mir mein Pferdewissen als Zaungast und gern genutzter Begleitfahrzeugfahrer des Reit- und Fahrvereins Lauterbach in Hessen angeeignet. Meine beiden Brüder sind geritten, und unsere Tochter hat sogar jahrelang ein eigenes Pferd besessen. Ich habe immerhin von einem guten Fachmann das korrekte Anspannen und Lenken eines Gespanns gelernt. Zum Reiten waren mir Pferde hinten zu kurz und seitlich zu abschüssig. Im Ernst: Ein Sturz hat mir genügt.

Es ist aber kein klassisches Mädchen-Pferdebuch geworden.

Gerhard RoosNein, es ist mir wichtig gewesen zu schildern, was in der Pferdezucht möglich ist.

Sie haben sogar einen Experten in die Handlung eingebaut, der wirklich gelebt hat?

Gerhard Roos Ja, Hans-Joachim Köhler. Sein Name ist wie kaum ein anderer verbunden mit dem Aufbau und der stetigen Weiterentwicklung des Standortes Verden für die Zucht und die weltweite Vermarktung des Hannoveraner Pferdes. Durch seinen Einfluss wurden die Pferde während der zunehmenden Motorisierung der Landwirtschaft mehr zu Sport- und Freizeittieren.

Aber die übrigen Figuren und ihre Geschichten haben Sie erfunden?

Gerhard Roos Ich habe allerlei Erzählungen von Verwandten und Bekannten eingebaut und umgebaut und diesmal auch einige eigene Erlebnisse verarbeitet.

Wahr ist aber auch die kurz erzählte Geschichte vom Apotheker aus dem vorpommerschen Demmin, offensichtlich einem fanatischen Nazi, der die Sowjetsoldaten nach der Einnahme der Stadt zu einer Siegesfeier zu sich einlud, sie dabei mit vergiftetem Rotwein tötete und damit für Demmin eine Katastrophe heraufbeschwor.

Gerhard Roos Ich habe lange darüber nachgedacht, an welcher Stelle ich diese Geschichte unterbringe. Sie war mir wichtig, denn Demmin war ein Fanal für die seelischen Gräuel des Krieges. Die Stadt wurde fast komplett niedergebrannt, fast alle Frauen wurden vergewaltigt.

Und Sie, waren Sie schon einmal in Pommerland?

Gerhard Roos Meine Frau und ich wollten immer mit unserem Wohnmobil nach Polen fahren, aber wir haben es nie über die Oder geschafft. Wir waren aber sehr viel in den neuen Bundesländern unterwegs.

Henning Bielefeld
Henning Bielefeld Redaktion Nordenham (Stv. Leitung), Redaktion Stadland