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„Krasser Typ“ aus Rodenkirchen Auch nach drei Schlaganfällen gibt Mario Glasner nicht auf

Schlaganfall-Patient Mario Glasner ist, wie er ist, und er steht dazu: „Wir brauchen mehr von meiner Sorte“, bekundet er in aller Unbescheidenheit auf seinem T-Shirt. Seit fünf Jahren leitet er die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe in Rodenkirchen.

Schlaganfall-Patient Mario Glasner ist, wie er ist, und er steht dazu: „Wir brauchen mehr von meiner Sorte“, bekundet er in aller Unbescheidenheit auf seinem T-Shirt. Seit fünf Jahren leitet er die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe in Rodenkirchen.

Henning Bielefeld

Rodenkirchen - Behindert? Dieses Wort versuchen viele aus dem allgemeinen Sprachgebrauch zu verdrängen. Sie sagen lieber das unverbindliche „Handicap“ oder wählen komplizierte Wortkompositionen wie „mobilitätseingeschränkt“. Mario Glasner, der nach drei Schlaganfällen durchaus in seiner Mobilität eingeschränkt ist, verwendet das Wort „behindert“ als Betroffener mit größter Selbstverständlichkeit. Er will gesehen und verstanden werden mit allem, was ihn ausmacht und was er zu geben hat, und nicht aus dem Blickfeld verschwinden wie ein verdächtiges Wort.

„Ein krasser Typ“

„Ich bin ein krasser Typ“, sagt der Rodenkircher und übertreibt damit kein bisschen. Zu den wichtigsten Gaben des Menschen gehöre das Mundwerk, und seins weiß er auf seine Weise zu nutzen. „Vom Bauch über das Herz auf die Zunge und dann raus damit – ohne den Umweg über einen Zensor im Gehirn“, macht der 54-Jährige klar, wie er redet, nämlich nicht drumherum. Sich selbst und sein Leben annehmen und dann durchaus offensiv dafür eintreten, dass es auch andere annehmen, das ist der Stil von Mario Glasner.

Damit geht er in die Öffentlichkeit. So hat er vor fünf Jahren, im August 2018, die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe gegründet, die sich an jedem dritten Donnerstag im Monat im evangelischen Gemeindehaus Rodenkirchen trifft.

Dass es diese Gruppe überhaupt gibt, ist Mario Glasners Frustrationstoleranz zu verdanken. Beim ersten Treffen saßen seine Frau Kerstin und er, seine Schwiegermutter, eine Freundin und ein Paar aus Brake allein am Tisch. Jetzt schienen sich die Vorbehalte einiger zu bewahrheiten, ein Behinderter könne keine Selbsthilfegruppe gründen. „Ich bin belächelt worden“, sagt Mario Glasner frei heraus. Doch Aufgeben kam für ihn nicht in Frage. Vier Wochen später, beim nächsten Treffen, konnte der Raum die vielen Gäste kaum fassen. Jetzt, sagt Mario Glasner, gehören der Gruppe etwa 30 Betroffene und auch deren Angehörige aus der gesamten Wesermarsch an.

Wunderbare Menschen

Jeder und jede von ihnen hat ein Päckchen zu tragen, doch die Gruppe trägt auch sie. „Ich musste erst krank werden, um so wunderbare Menschen kennenzulernen“, sagt Mario Glasner. „Ich habe großen Respekt davor, wie sie sich jeden Tag wieder neu motivieren.“


Der 54-Jährige sagt von sich, er sei schon immer ein fröhlicher Mensch gewesen: „Was hilft es mir, wenn ich traurig bin?“ Diese Einstellung hat er in seinen neuen Alltag integrieren können: „Ich liebe das Leben, ich liebe jeden Tag“, sagt er. „Und ich habe Bock darauf, andere zu infizieren mit der Liebe zum Leben.“

So kommt er jetzt mehrfach die Woche ins Pflegezentrum Lieken & Bremer, spricht mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, nimmt Anteil, spielt mit ihnen. Die anfängliche Distanz ist gewichen, jetzt wird er mit Umarmungen begrüßt. Mario Glasner hofft, Begegnungen zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern und Kindern organisieren zu können.

Aus dem Nichts

Bis zum Dezember 2016 führte der Rodenkircher ein ganz anderes Leben: Arbeit, Geld und Sport standen für ihn im Mittelpunkt. Der damalige NSW-Beschäftigte war Marathonläufer. Auch der schwarze Hautkrebs, der ihn zehn Jahre lang plagte, konnte das nicht verhindern. Aus dem Nichts trafen ihn dann, der Krebs war gerade besiegt, drei Schlaganfälle sehr kurz nacheinander, die ersten beiden wurden von den Ärzten nicht erkannt, am dritten wäre er um ein Haar gestorben. „Mein Umfeld war weiß, alles war weich und warm“, erinnert er sich an sein Nahtoderlebnis im Krankenhaus. Mario Glasner lag bewegungslos in seinem Zimmer, als ein Mädchen auf dem Flur nach seinem Papa rief und die Stimme in das Bewusstsein des Kranken drang. „Emily, ich lass dich hier nicht allein, gleich bin ich wieder wach“, dachte er an seine Tochter.

Seitdem hat er einen anderen Blick auf das Leben. „Der nächste Schlaganfall kann der letzte sein“, sagt Mario Glasner ohne mit der Wimper zu zucken. „Die Zeit bis dahin will ich nutzen.“

Henning Bielefeld
Henning Bielefeld Redaktion Nordenham (Stv. Leitung), Redaktion Stadland
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