Korruption in Österreich: Der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen

Der rechtspopulistische Politiker soll einem Unternehmer Gefälligkeiten geleistet und dafür Parteispenden entgegengenommen haben. Das Gericht sieht das allerdings nicht als erwiesen an. Für die manchmal missionarisch auftretende Staatsanwaltschaft ist das eine bittere Niederlage.

Daniel Imwinkelried, Wien 3 min
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Der ehemalige österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache, als er im Sommer 2021 wegen Bestechlichkeit schuldig gesprochen wurde.

Der ehemalige österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache, als er im Sommer 2021 wegen Bestechlichkeit schuldig gesprochen wurde.

Lisa Leutner / AP

Österreichs Korruptionsstaatsanwälte knöpfen sich gerade die Elite des Landes vor. Unzählige Politiker und Wirtschaftsvertreter sind in Verfahren und Untersuchungen verwickelt, unter ihnen der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz und der Immobilieninvestor René Benko.

Meist geht es um Tauschgeschäfte zwischen Politikern und Unternehmern, etwa in der Form einer Gefälligkeit gegen eine Parteispende. Manche sind davon überzeugt, dass Österreich ein Korruptionsproblem habe, und die Justiz ist entschlossen, dagegen vorzugehen.

Am Dienstag hat sie in diesem Kampf allerdings eine Niederlage erlitten. Heinz-Christian Strache, einst Mitglied der rechtspopulistischen FPÖ und von 2017 bis 2019 Vizekanzler der ersten Regierung von Sebastian Kurz, ist am Wiener Straflandesgericht vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen worden. Im August 2021 hatte ihn dasselbe Gericht noch zu einer Haftstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Ein Antrag im Parlament nach der Parteispende

Strache stand damals neben dem Unternehmer Walter Grubmüller vor Gericht, der eine Bewährungsstrafe von zwölf Monaten erhielt. Der ehemalige Rennfahrer hatte einst mit der Gründung des Sportwetten-Anbieters Admiral ein Vermögen verdient. Nach dessen Verkauf erwarb er eine auf Schönheitschirurgie spezialisierte Privatklinik in Wien. Diese wurde aus Grubmüllers Sicht benachteiligt, da sie nicht über die Sozialversicherungen abrechnen konnte. Darüber beschwerte er sich bei seinem Bekannten Strache.

Gleichzeitig spendete er 2016 der FPÖ 2000 Euro, und den Wahlkampf der Partei im Jahr darauf unterstützte er mit 10 000 Euro. Umgekehrt wurde die FPÖ politisch aktiv – zunächst noch als Oppositionspartei mit einer Pressekonferenz und einem chancenlosen Initiativantrag im Parlament zugunsten der Privatklinik.

Die Richterin am Straflandesgericht hatte diese Aktionen 2021 als direkte Folge der Spende gewertet. Das bedeutendste Indiz war für sie das zeitliche Zusammenfallen der Zuwendung mit politischen Vorstössen. Vom Strafmass erhoffte sie sich eine generalpräventive Wirkung. «Die Tätigkeit eines Abgeordneten darf nicht käuflich sein», sagte sie.

Politiker sollen das Ohr an der Bevölkerung haben

Mit solchen Argumenten erweckt die Justiz allerdings den Eindruck, als würde sie einen politischen Anspruch erheben. Zu dieser Frage ist in Österreich eine Debatte entbrannt: Politiker der bürgerlichen Parteien haben Richter und Staatsanwälte im Verdacht, einen Feldzug gegen das politische System zu führen. Linksgerichtete Kreise fordern dagegen, dass die Justiz mit der «Freunderlwirtschaft» im Land aufräume.

Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Argumentation der ersten Instanz allerdings zerpflückt und das Urteil aufgehoben, so dass sich das Straflandesgericht des Falls erneut annehmen musste. So fand das OLG etwa nichts Anrüchiges daran, dass sich Strache und Grubmüller austauschten. Die Politik müsse das Ohr an der Bevölkerung haben, meinte es etwa. Von geheimer Korruption könne ebenfalls nicht die Rede sein, da Strache und Grubmüller eine Pressekonferenz abgehalten hätten. «Ich spreche Strache in leisem Zweifel frei», sagte die Richterin des Straflandesgerichts nun und nahm so die Argumente des OLG auf. Die Beweise für eine Verurteilung lägen nicht vor.

Mehr von Daniel Imwinkelried (imr)

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