Antisemitismus ist unter Muslimen in Deutschland stärker verbreitet als beim Rest der Bevölkerung

Eine Studie offenbart, dass Menschen muslimischen Glaubens deutlich überdurchschnittlich zu antisemitischen Haltungen neigen. Auch Wähler der AfD sind offener für judenfeindliche Aussagen.

Beatrice Achterberg, Berlin 2 min
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Sie verbrennen selbstgemalte israelische Flaggen: Bei propalästinensischen Demonstrationen, wie dieser in Berlin-Neukölln im Jahr 2022, zeigen Teilnehmer ihren Antisemitismus auf offener Strasse.

Sie verbrennen selbstgemalte israelische Flaggen: Bei propalästinensischen Demonstrationen, wie dieser in Berlin-Neukölln im Jahr 2022, zeigen Teilnehmer ihren Antisemitismus auf offener Strasse.

Imago / F. Boillot

Es sind besorgniserregende Ergebnisse. Antisemitische Haltungen sind unter Muslimen in Deutschland besonders verbreitet. Das zeigt eine Umfrage der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Auch Menschen mit links- oder rechtsextremistischen Einstellungen weisen häufiger antisemitische Einstellungen auf, allerdings weniger stark als bei Befragten muslimischen Glaubens.

Eine grosse Mehrheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung lehnt antisemitische Aussagen entschieden ab. So wird beispielsweise die Aussage «Juden sind hinterhältig» von 71 Prozent voll und ganz abgelehnt – 4 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu. Bei den Muslimen stimmen 12 Prozent zu, dass Juden «hinterhältig» seien. 26 Prozent, mehr als ein Viertel, der befragten Muslime sind der Meinung, dass «reiche Juden die eigentlichen Herrscher der Welt» seien. Im Bevölkerungsdurchschnitt sind es lediglich 6 Prozent.

Die Umfrage ergab ausserdem, dass Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland häufiger Gewalt gegen Juden für akzeptabel halten. Die Akzeptanz von Gewalt gegen Juden liegt im Bevölkerungsdurchschnitt bei 2 Prozent – bei Musliminnen und Muslimen sind es 7 Prozent.

Antisemitismus bei Links- und Rechtsextremen

Eine erhöhte Zustimmung zu den genannten Ansichten zeigt sich auch bei Personen mit niedrigem formalem Bildungsabschluss, bei Menschen mit Migrationshintergrund sowie innerhalb der Anhängerschaft der Alternative für Deutschland (AfD). Jede fünfte Person mit AfD-Präferenz stimmt zu, dass «reiche Juden die eigentlichen Herrscher der Welt» seien.

Auffällig ist: Je grösser die Nähe der Befragten zu rechtsextremistischen Einstellungen ist, desto höher fällt die Zustimmung zu antisemitischen Aussagen aus. Das Gleiche gilt für Menschen mit linksextremistischer Einstellung, allerdings ist der Zusammenhang schwächer als bei Rechtsextremisten.

Das weist darauf hin, dass bestimmte soziodemografische und politische Faktoren einen Einfluss auf die Akzeptanz von antisemitischen Haltungen haben können.

Verschwörungsglaube und klassischer Antisemitismus gehen häufig Hand in Hand. Klassischer Antisemitismus liegt beispielsweise vor, wenn Juden abgewertet werden, indem ihnen negative Eigenschaften («hinterhältig», «parasitär») zugeschrieben werden, die sie als minderwertig erscheinen lassen. Ein Beispiel für die Verknüpfung zwischen Verschwörungsneigung und antisemitischen Haltungen ist die Tatsache, dass Personen, die an die Existenz geheimer Mächte glauben, überdurchschnittlich häufig dem antisemitischen Vorurteil zustimmen, dass «reiche Juden die eigentlichen Herrscher der Welt» seien.

Die Studie wurde zwischen 2021 und Frühjahr 2022 durchgeführt. Für die Stichprobe sind 400 Personen im Alter zwischen 16 und 20 Jahren sowie 500 Menschen mit muslimischem Glauben per Telefon befragt worden. Die Umfrageergebnisse sollen laut der Konrad-Adenauer-Stiftung damit repräsentativ für die deutschsprachige Bevölkerung ab 16 Jahren sein.

Mehr von Beatrice Achterberg (bta)

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