Kommentar

Es ist Zeit für mehr Eindeutigkeit: Die Schweiz muss aufhören, Terroristen und die israelische Armee gleichzusetzen

Der Krieg in Gaza ist asymmetrisch: Eine konventionelle Armee bekämpft eine Terrorgruppe. Die ständige Mahnung aus der Schweiz, doch bitte das Völkerrecht einzuhalten, schafft eine gefährliche Symmetrie – und eine Argumentation für die Gegner Israels.

Georg Häsler, Bern 306 Kommentare 3 min
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Ralph Lewin, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), an einer Gedenkveranstaltung in der Berner Synagoge.

Ralph Lewin, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), an einer Gedenkveranstaltung in der Berner Synagoge.

Peter Klaunzer / Keystone

Eine sekundenschnelle Schuldzuweisung der Hamas an Israel nach einem Treffer auf ein Spital in Gaza, und schon explodiert der Hass auf den jüdischen Staat: in den sozialen Netzwerken und auf der Strasse. Nur mit Mühe gelang es der türkischen Polizei, einen Sturm auf das israelische Konsulat in Istanbul zu verhindern. Jordanien sagte umgehend ein Gipfeltreffen arabischer Staatsoberhäupter mit dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden ab.

Das Aussendepartement (EDA) in Bern erinnerte derweil daran, «dass Spitäler und Zivilisten gemäss dem humanitären Völkerrecht immer geschützt werden müssen». Zu diesem Zeitpunkt waren weder die Opferzahlen noch die Ursache der Tragödie bekannt. Die Informationshoheit lag am Dienstagabend vollständig in den Händen der Hamas, der Terrorgruppe, die den Gazastreifen vollständig beherrscht.

Erst im Verlauf des Mittwochs gelang es der israelischen Armee, den Verdacht eines direkten Angriffs auf das Spital in Gaza zu entschärfen. Videoaufnahmen, die Auswertung von Radardaten und abgefangene Funksprüche weisen darauf hin, dass der Absturz einer Rakete eine hohe Anzahl ziviler Opfer gefordert hat, mutmasslich abgefeuert vom Islamischen Jihad, einer weiteren Terrorgruppe in Gaza. Daten des amerikanischen Verteidigungsdepartements stützen diese Darstellung.

Keine Legitimation für die Hamas

Klar: Die Nachricht des EDA ist sorgfältig formuliert. Gemeint sind auch die Terroristen, die ihre Stellung absichtlich neben Moscheen, Schulen und Spitälern beziehen. Doch es geht um eine grundsätzliche Stimmung der Verlautbarungen aus Bern: Unter Verdacht steht immer auch die israelische Armee, die mit präzisen Angriffen aus der Luft die Verantwortlichen für das schlimmste Pogrom gegen Juden seit dem Holocaust bekämpft. Israel kann sich in diesem asymmetrischen Krieg keinen Fehler erlauben.

Deshalb steht dem taktischen Kommandanten, der die Luftangriffe auslöst, ein Team von Juristen und Kommunikationsspezialisten zur Verfügung. In einer westlichen Armee wird bei der Entschlussfassung neben der unmittelbaren Wirkung im Ziel auch die völkerrechtliche und die politische Dimension einer militärischen Aktion beurteilt. Zum Standard gehört auch eine Kultur, Fehler sofort zu benennen. Ohne ethische Glaubwürdigkeit kann eine Demokratie keinen Krieg gewinnen.

Es ist richtig, dass der Bundesrat zum Terroranschlag gegen die israelische Zivilbevölkerung klar Stellung genommen hat. Bern muss sich aber dezidiert davon lösen, eine verbale Symmetrie zwischen der israelischen Armee und den Terrorgruppen in Gaza oder Südlibanon herzustellen. Es gibt mit der Hamas nichts zu verhandeln. Zu lange hat die Schweiz die Terroristen im Nahen Osten hofiert – und sie damit indirekt legitimiert.

Auf der Seite der Zivilisation

«Die Zeit der Ausgewogenheit ist vorbei», sagte Ralph Lewin, der Präsident des Israelitischen Gemeindebunds, an einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der Hamas am Montag in der Synagoge in Bern: «Wenn Terroristen mit voller Absicht barbarische Taten an Unschuldigen verüben, dann ist das nicht die Zeit, um sich in diplomatischen Floskeln zu üben.» Lewin hat recht – und trifft den wunden Punkt.

Der Hass richtet sich gegen alles jüdische Leben und die freiheitliche westliche Lebensweise überhaupt: im Nahen Osten, aber auch in Europa. Die Häme über die Toten des Hamas-Pogroms in aller Öffentlichkeit, die antisemitischen Schmierereien und Anfeindungen gegen Jüdinnen und Juden sind ernst gemeint. Die Sicherheitslage hat sich verschärft. Deshalb verbieten verschiedene Schweizer Städte nun Nahost-Demonstrationen.

Es ist, als warteten die Israel-Hasser darauf, Gewalt zu rechtfertigen. Das ständige Misstrauen gegen die israelische Armee liefert willkommene Argumente, ebenso die gutgemeinten Berner Ratschläge an «beide Seiten». Gefragt ist deshalb Eindeutigkeit, auch gegen ein Klima der Angst. Selbst wenn der Krieg in Gaza vielleicht härter wird: Die Schweiz steht auf der Seite der Zivilisation, nicht der Barbarei.

306 Kommentare
L. M.

So ist es.  Danke Herr Hãsler.  Legen die Palästinenser die Waffen nieder herrscht Frieden,  und sie haben eine Chance auf eine Entwicklung.  Legen die Israeli die Waffen nieder werden sie zerstört und die einzige Demokratie im Nahen Osten hört auf zu existieren. 

Jürg Simeon

So oder so trägt die Terrororganisation Hamas die Verantwortung für die Toten beim Spital. Ohne ihr abscheuliches, gezieltes Abschlachten von wehrlosen israelischen Zivilisten gäbe es diesen Krieg nicht. Dieser Krieg wurde bewusst von diesen Fanatikern provoziert, die Toten der eigenen Bevölkerung werden als Propaganda missbraucht. Es wird in Gaza erst Frieden geben, wenn Hamas von vernünftigen Kräften ersetzt worden ist.

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