Kommentar

Universitäten brauchen China-Kompetenz, keine Konfuzius-Institute

Konfuzius-Institute haben ihre Daseinsberechtigung. Aber Hochschulen in demokratischen Ländern sollten sich von ihnen lösen.

Katrin Büchenbacher 5 Kommentare
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Sie bieten Chinesischkurse an, fördern den kulturellen Austausch, und unterstehen letztlich dem chinesischen Staat: Konfuzius-Institute. In Deutschland stehen 19 davon auf den Universitätscampus, in der Schweiz gibt es eines (in Genf).

Sie bieten Chinesischkurse an, fördern den kulturellen Austausch, und unterstehen letztlich dem chinesischen Staat: Konfuzius-Institute. In Deutschland stehen 19 davon auf den Universitätscampus, in der Schweiz gibt es eines (in Genf).

Chen Liqun / AP / Xinhua

Konfuzius-Institute haben an öffentlichen Bildungseinrichtungen nichts verloren. Das hat der jüngste Vorfall in Deutschland erneut gezeigt. Dort haben zwei vom chinesischen Staat getragene Institute eine geplante Lesung aus einem Buch über Xi Jinping von zwei deutschen Journalisten kurzfristig absagen müssen. Die Konfuzius-Institute an der Leibniz-Universität in Hannover und der Universität Duisburg beugten sich offenbar dem Druck Chinas.

Die Lesung findet nun trotzdem statt, allerdings innerhalb des Ostasien-Instituts der Universität Duisburg. Doch die Universitätsleitung muss dafür geradestehen, dass sie ein Konfuzius-Institut bei sich akzeptiert hat und damit politischen Einfluss Pekings zuliess. Das chinesische Bildungsministerium hat das Veto zu allen Veranstaltungen, die Konfuzius-Institute weltweit organisieren. Das muss den Universitäten, welche Konfuzius-Institute beherbergen, bewusst sein.

Von wegen Soft Power: China schadet sich selber

Die Vorteile solcher Institute für europäische Universitäten liegen auf der Hand: Sie bieten Sprach- und Kulturkurse für wenig Geld an, denn einen Grossteil der Kosten trägt eine Stiftung in China. Das geht so lange gut, bis der chinesische Staat in die inhaltliche Gestaltung der Institute einschreitet und dies öffentlich bekannt wird wie im jüngsten Fall.

Europa braucht dringend mehr China-Kompetenz; Menschen, die Chinesisch können, China erforschen, in China gelebt haben. Aber diese Kompetenz muss unabhängig von der chinesischen Regierung aufgebaut werden. Dafür müssen Universitätsleitungen und die Steuerzahler bereit sein, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Konfuzius-Institute sind keine billige Alternative zu einem Sinologie- oder Ostasien-Institut, auch wenn sie teilweise so gehandelt werden.

Bei der jetzigen Konstellation verlieren beide Seiten. Universitäten geraten in Erklärungsnot: Sie verleihen Legitimation an Institute eines Landes, das der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Meinung enge Grenzen setzt. Aber auch China kann nicht die gewünschte Soft Power generieren, wenn seine Institute den Ruf haben, blosse Instrumente der Regierung in Peking zu sein. Die Aktion, eine Lesung zu Xi Jinping zu verhindern, war ein Eigentor für China und eine Ohrfeige für all jene, die sich seit Jahren in den Konfuzius-Instituten für offene Debatten einsetzen und sich als Brückenbauer zwischen den Kulturen verstehen. Jene, welche die Konfuzius-Institute schon lange zum Propagandavehikel der chinesischen Regierung verschrien, fühlen sich bestätigt.

Die chinesische Regierung will ihre roten Linien offenbar überall um jeden Preis durchsetzen. Sie schadet mit dieser plumpen Diplomatie chinesischen Firmen und nicht zuletzt auch Auslandchinesinnen und -chinesen. Der Eindruck, dass der chinesische Staat über alles die letzte Kontrolle hat und stets eingreifen könnte, verstärkt sich. Fliessen die Nutzerdaten von Tiktok nach China? Könnte ein chinesischer Forscher im Westen ein heimlicher Spion sein? Das Misstrauen, wenn auch oft unbegründet und unbewiesen, steigt.

Konfuzius-Institute sollten ihre eigenen Räume mieten

Konfuzius-Institute werden nie regierungsunabhängig sein, auch wenn Peking versucht, diesen Anschein zu erwecken. Das müssen sie auch nicht. Es ist legitim, dass ein Land seine Sprache und Kultur im Ausland fördern will und damit auch sein Weltbild und seine Werte vermittelt. So tut es ebenfalls Deutschland mit den Goethe-Instituten, Frankreich mit der Alliance Française oder Grossbritannien mit dem British Council, wenn auch zum Teil über unabhängige Beiräte oder Trägerschaften. Diese Organisationen nutzen aber gewöhnlich private Räume und sind nicht an Universitäten angegliedert. Das Goethe-Institut in Peking zum Beispiel betreibt zwei Standorte im Technologie- und Künstlerviertel.

Die Lösung ist einfach. Westliche Universitäten müssen ihre Verbindung zu den Konfuzius-Instituten kappen. So können sie die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre garantieren. In Hamburg ist genau das passiert: Die Universität hat ihre Partnerschaft mit dem Konfuzius-Institut 2020 aufgelöst. Das Institut betreibt seither einen eigenen Standort in der Stadt.

5 Kommentare
Werner Moser

Im Zusammenhang mit der Causa "Konfizius-Institute" (à la besagte Beispiele an den Unis Hannover und Duisburg) erstaunt in diesen Zusammenhängen nicht das Verhalten des offiziellen Chinas, sondern einmal mehr die erschreckende Naivität der Institutionen, welche die Konfuzius-Institute beherbergen. Wo doch allseits bekannt ist, dass es der Chinesische Staat nicht nehmen lässt, in die inhaltliche Gestaltung solcher Konfuzius-Institute kompronisslos, einzugreifen. Da werden die Grundprinzipien der freien, unabhängigen Lehre mit Füssen getreten. Und die beherbergenden Institutionen z.B. in Europa kuschen geradezu in aufreizender Weise. Keine Frage, da kann es nur eine Lösung geben, und zwar diejenige, welche am Ende dieses Beitrags aufgezeigt wird. Es ist unabdingbar, dass die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre ohne wenn und aber zu garantieren ist. Sehr guter Beitrag. Besten Dank dafür!

Andreas Diethelm

China setzt auch in der CH alles an „Kooperationen“ mit Bildungs- (HSG) und Kulturinstitutionen (Schloss Habsburg/Museum Aargau), um uns mit dem natürlichen imperialen Anspruch des "Reichs der Mitte“ vertraut zu machen. Totalitäre Regimes versorgen ihre Subjekte auch im Ausland mit „Ratschlägen“, ein Schulleiter (ZHdK) erhielt von der Botschaft "Besorgnis" ausgedrückt, wegen der Aufführung eines Films von Studenten aus Hongkong. Gut dass die NZZ die Konfuzius Institute als Trojanische Pferde erkannt hat. Möge sie die Chin. Infiltration in der CH künftig auch so kritisch begleiten. Mal mit „Kooperation“ mal mit Drohung, setzt China alles daran, der Tibetischen Exilgemeinde in der CH den letzten (behördlichen) Wind, bzw. warme Luft, aus dem Segel zu nehmen. Transmissionsriemen bilden die Gesellschaft Schweiz-China, die Wirtschaftsverbände und die Parlamentariergruppe Schweiz-China (FDP-NR Laurent Wehrli). Während Europa sich zaghaft im aufrechten Gang übt, kriechen CH-Mandatsträger für ein Freihandelsabkommen um die Wette. SRF berichtete über die ungnädige Aufnahme einer Studie (sie "schade den Beziehungen zwischen beiden Ländern") des Politologen Ralf Weber, in der es etwa heisst, ein chin. Ziel seien CH-Konzerne (chin. Staatsbürger sitzen in den VR von UBS, Credit Suisse, Nestlé und Swiss Re, alle Mitglieder der polit. Konsultativkonferenz des Chin. Volkes, eines beratenden Gremiums des Staatsapparats). Dessen Mitglieder gälten in China als einsetzbar für die Zwecke der KP.

Mehr von Katrin Büchenbacher (k.b.)

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