Pfahlbauten an der Nordseeküste müssen vor dem Meer zurückweichen

Die Wasserkante kommt näher, der Strand schrumpft, vermutlich ist das eine Folge des Klimawandels. In St. Peter-Ording muss man daher jetzt reagieren.

Stephanie Lahrtz, St. Peter-Ording
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Es kann rau werden am Strand von St. Peter-Ording an der Nordsee, und die Wasserkante frisst sich in den Strand. Manche der berühmten Pfahlbauten sollen deshalb nach hinten versetzt werden. (Bild: Heribert Proepper / AP)

Es kann rau werden am Strand von St. Peter-Ording an der Nordsee, und die Wasserkante frisst sich in den Strand. Manche der berühmten Pfahlbauten sollen deshalb nach hinten versetzt werden. (Bild: Heribert Proepper / AP)

Meeresspiegelanstieg als Folge des Klimawandels – klar, davon sind Bangladesh oder die Südseeinseln betroffen. Aber auch an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste gibt es bereits erste Anzeichen für einen ansteigenden Meeresspiegel. Im Badeort St. Peter-Ording müssen deshalb manche der prägnanten und für den Ort typischen Strand-Pfahlbauten nach hinten versetzt werden.

«Drei unserer insgesamt fünfzehn Pfahlbauten müssen dieses Jahr aus Altersgründen ersetzt werden», erläutert Constanze Höfinghoff, Tourismusdirektorin von St. Peter-Ording. «Daher errichten wir ab April ein Sanitär-Häuschen, die Hütte der Strandaufsicht und ein WC-Häuschen neu an weiter hinten gelegenen Standorten. Das wird rund 2,6 Millionen Euro kosten.»

St. Peter-Ording – Schleswig-Holstein

St. Peter-Ording – Schleswig-Holstein

Die neuen Pfahlbauten sollen zwanzig Jahre stehen bleiben, ohne dass der «Blanke Hans» – so heisst die tosende Nordsee bei Sturm – sich etwas davon holt. Bei der Wahl der Standorte sind die Prognosen der Experten vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) berücksichtigt worden. Laut diesen Vorhersagen wird die normale Wasserkante, also nicht jene bei Sturmfluten, in den kommenden Jahren jährlich um bis zu zehn Meter landeinwärts wandern.

Die Pfahlbauten von St. Peter-Ording

Es begann 1911 mit der Giftbude: einem hochbeinigen Ausschank von – eben – Alkohol. Aber auch von anderen Getränken. Da die Strandpromenade bis zu zwei Kilometer von der Wasserkante entfernt liegt, werden am St. Peter-Ordinger Strand nach und nach Häuschen für WCs, Gastronomie, Rettungsgeräte samt Wächter und natürlich den Strandkorbverleih errichtet. Da die Nordsee alles nimmt, was nicht niet- und nagelfest ist, werden die Buden auf hohen, dicken Pfählen aus besonders wetterfestem Lärchenholz gebaut. Das Lärchenholz stammt grösstenteils aus Sibirien. Die langen Pfähle werden rund fünf Meter in den Sand getrieben.

Wie gewaltig der Wind und damit auch die Wellen an der Nordsee sein können, davon erhalten Besucher immer wieder einmal einen Eindruck. Kapuze und Regenhose werden da vorzugsweise festgezurrt, Brillenträger wären bei solchen Verhältnissen froh um einen Scheibenwischer, die Jodkristalle der frischen Luft sind fast zu spüren.

Herrschen Sturm und Flut, aber noch keine Sturmflut, reichen die Wellen noch nicht bis an die Unterkante der Strandbar, des am weitesten im Meer stehenden Ordinger Pfahlbaus. Doch der alte Steg zu der Bar wurde immer öfter überspült. Es war kaum noch möglich, Waren zu liefern oder als Besucher hin zu laufen. Daher hat die Gemeinde letzten Herbst den Steg erhöht und ihn zudem nach hinten Richtung Düne verlängert.

Auch das benachbarte Wassersportzentrum XH2O steht an einem gefährdeten Standort. Hier hat der «Blanke Hans» im vergangenen September zugeschlagen: bei einer für die Jahreszeit ungewöhnlich hohen Sturmflut haben die herandonnernden Wellen einen Teil des Steges weggerissen. «Angesichts der Wasserspiegel-Prognosen werden wir nun mit den Planungen für eine Rückversetzung dieser beiden Bauten beginnen», sagt Höfinghoff. In vier Jahren sollen sie rund 160 Meter weiter hinten stehen.

Deutliche Veränderungen seit zehn Jahren

«Dass sich die Nordseeküste verändert, ist an sich nichts Neues, sie wandert seit Jahrhunderten beständig nach Osten, Sturmfluten modellieren die vorgelagerten Sandbänke ebenso wie die Inseln oder die Festlandküste», erklären Birgit Matelski und Hendrik Brunckhorst vom LKN in Husum. Auch der Meeresspiegel steige kontinuierlich, in den letzten rund 150 Jahren um durchschnittlich 1,8 Millimeter pro Jahr. Doch in den letzten zehn Jahren habe sich das Wachstum merklich beschleunigt, sagen die Experten.

Aber die Küstenschützer treiben noch ganz andere Probleme um: Sie tüfteln an Verstärkungen für die Deiche, so dass diese den neuen Gegebenheiten standhalten können. Oder sie erforschen, wie man die zehn Halligen der Nordsee, die nur wenige Meter über den Meeresspiegel ragen, auch in Zukunft erhalten könnte.