Die Schatulle des Kronprinzen: Staatskonzern Saudi Aramco erhöht die Dividende trotz gesunkenem Erdölpreis

Wenn ein Unternehmen für ein Land steht, dann trifft es auf den Ölkonzern Saudi Aramco zu. Die Petrogelder sind die wichtigsten Einnahmen für Saudiarabien. Aber auch das Königreich kann sich trotz den Ölmilliarden nicht alles leisten.

Gerald Hosp 3 min
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Aramco-Chef Amin Nasser hat vor allem einen Aktionär, auf den er hört: den Kronprinzen Mohammed bin Salman.

Aramco-Chef Amin Nasser hat vor allem einen Aktionär, auf den er hört: den Kronprinzen Mohammed bin Salman.

Ahmed Yosri / Reuters

Bei Saudi Aramco ist alles eine Hausnummer grösser. Der Staatskonzern aus Saudiarabien musste zwar für das Geschäftsjahr 2023 einen um 25 Prozent gefallenen Reingewinn hinnehmen. Dennoch war es mit einem Ergebnis von 121 Milliarden Dollar das zweitbeste Ergebnis, seitdem das Unternehmen einen Teil seiner Aktien im Jahr 2019 an die Börse gebracht hatte. Damit entspricht der Reingewinn dem Bruttoinlandprodukt von Äthiopien, einem Land mit einer Bevölkerung von 123 Millionen Menschen.

Mehr als die grossen fünf zusammen

Aber auch wenn der Reingewinn gesunken ist – die Dividende, die im vergangenen Jahr ausbezahlt wurde, ist trotzdem gestiegen: um 30 Prozent auf 97,8 Milliarden Dollar. Die fünf westlichen Erdölkonzerne Exxon-Mobil, Chevron, Shell, BP und Total Energies kommen insgesamt auf eine Ausschüttung von 113 Milliarden Dollar im Jahr 2023. Aramco-Chef Amin Nasser freute sich denn auch bei der Präsentation der Zahlen: «Diese Leistung ermöglichte es uns erneut, einen Mehrwert für unsere Aktionäre zu schaffen.»

Mit Aktionären meint Nasser aber besonders den Kronprinzen Mohammed bin Salman, den starken Mann im Königreich. An der Börse werden gerade einmal 1,7 Prozent der Aktien gehandelt. In Staatsbesitz befinden sich unmittelbar 82 Prozent. Der Staatsfonds Public Investment Fund hält 16 Prozent. Erst vor kurzem waren 8 Prozent an Aramco vom Staat zum Staatsfonds transferiert worden, was einem Wert von rund 163 Milliarden Dollar entspricht.

Der Kronprinz hat den Staatsfonds zu einem wichtigen Vehikel für die Finanzierung seiner «Vision 2030» gemacht. Damit soll die Wirtschaft des Landes gefördert und vom Erdöl losgelöst werden. Zunächst gilt es aber Petrodollar einzunehmen, um davon loszukommen. In diesem Jahr könnte gar eine Dividende von mehr als 120 Milliarden Dollar ausbezahlt werden, ein Grund dafür ist auch die Politik stetig steigender Gewinnausschüttungen.

Doch keine grössere Kapazität

Im vergangenen Jahr kam es trotz einem Sinken des Erdölpreises und einer Drosselung der Menge zu einer höheren Dividende. Wie nachhaltig dies ist, ist fraglich. Im vergangenen Jahr betrug der freie Cashflow, aus dem die Gewinnausschüttungen und Investitionen bezahlt werden sollten, gut 100 Milliarden Dollar, was der Dividende entspricht.

Wenn Saudiarabien noch länger an der Politik festhalten sollte, die Förderung im Rahmen der Erdölorganisation Opec+ zu begrenzen, könnte die finanzielle Lage etwas unangenehmer werden. Bisher hat der Erdölpreis nur wenig nach oben reagiert, obwohl die Länder von Opec+ vereinbart hatten, die Förderung zu reduzieren, und obwohl die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen für Spannungen sorgen.

Aramco wird zumindest etwas mehr Geld zur Verfügung haben, weil die Ausweitung der Produktionskapazität von 12 Millionen Fass Erdöl auf 13 Millionen Fass auf Eis gelegt wurde. Dieser Plan hätte zwischen 2024 und 2028 gut 40 Milliarden Dollar gekostet. Die Grundüberlegung war, die Möglichkeit zur Förderung auszuweiten, um damit Manövriermasse zu haben. Dadurch kann der Erdölpreis besser beeinflusst werden.

Zudem streben mehrere Petrostaaten den Status des letzten Überlebenden an. Wenn die Nachfrage nach Erdöl fällt, gewinnt vor allem der Produzent, der am günstigsten fördern kann. Saudiarabien weist niedrige Produktionskosten auf. Dass Aramco nun den Plan fallenlassen muss, hat wohl weniger damit zu tun, dass die Saudi zu einer völlig neuen Einschätzung der Erdölnachfrage gekommen sind. Vielmehr ist der Geldbedarf gross.

Gas, Petrochemie und erneuerbare Energien

Ausserdem bleibt Aramco dadurch bei den Investitionen flexibler, die weiterhin riesig sind: In diesem Jahr sollen zwischen 48 und 58 Milliarden Dollar ausgegeben werden, im vergangenen Jahr waren es 49,7 Milliarden Dollar und das Jahr zuvor 37,6 Milliarden Dollar. Aramco muss zunächst Ersatzinvestitionen tätigen, um das Produktionsniveau halten zu können. Ausserdem drängt das Unternehmen im Rahmen der Energiewende in die Bereiche Erdgas, Petrochemie und erneuerbare Energien.

Der Aramco-Chef sagte, dass der Staatskonzern in Gesprächen mit Unternehmen weltweit sei, um die Investitionen in Projekte mit Flüssigerdgas (LNG) zu stärken. Im vergangenen September hatte sich Aramco am Unternehmen MidOcean Energy beteiligt. Es war die erste internationale LNG-Investition der Saudi.