Was die Stadt Zürich täglich mit 8 Millionen Franken Steuergeldern anstellt

Die Stadt Zürich hat eines der grössten Budgets des Landes. Eine Auswertung der NZZ zeigt, wo die Steuergelder der Stadtbewohner 2018 jeden Tag hinfliessen sollen. Besonders hoch sind die Ausgaben in den Bereichen Bildung und Soziales.

Daniel Fritzsche
Drucken
Heruntergerechnet auf einen einzelnen Tag hat die Stadt Zürich rund 8 Millionen Franken an Steuergeldern zur Verfügung, um ihre Leistungen zu bezahlen. (Bild: Christian Merz / Keystone)

Heruntergerechnet auf einen einzelnen Tag hat die Stadt Zürich rund 8 Millionen Franken an Steuergeldern zur Verfügung, um ihre Leistungen zu bezahlen. (Bild: Christian Merz / Keystone)

Es sind gewaltige Beträge, mit denen die Politiker im Zürcher Rathaus jonglieren. Rund 8 Milliarden Franken beträgt das Budget 2018 der grössten Stadt der Schweiz, das in diesen Tagen beraten wird. Damit hat Zürich den fünftgrössten öffentlichen Haushalt des Landes überhaupt, nach dem Bund sowie den Kantonen Zürich, Bern und Waadt. Doch was bedeuten diese riesigen Zahlen konkret? Von den 8 Milliarden Franken des Gesamtbudgets sind effektiv «nur» rund 3 Milliarden Steuergelder. Beim Rest handelt es sich zum Beispiel um interne Verrechnungen innerhalb der Verwaltung oder um gebührenfinanzierte Posten. Heruntergerechnet auf einen einzelnen Tag im Jahr hat die Stadt damit rund 8 Millionen Franken an Steuergeldern zur Verfügung, um ihre Leistungen zu bezahlen. Hinzu kommt ein kleiner Anteil aus dem Bereich Volkswirtschaft; dabei handelt es sich in erster Linie um den Gewinnanteil der Zürcher Kantonalbank, mit dem die Stadt rechnet.

Was die Stadt Zürich pro Tag ausgibt und einnimmt

Nettobelastung/Nettoertrag, nach funktionaler Gliederung
Was die Stadt Zürich pro Tag ausgibt und einnimmt - Nettobelastung/Nettoertrag, nach funktionaler Gliederung

Die Steuereinnahmen sind in Zürich in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren hatte die Stadt erst rund 6,5 Millionen Franken pro Tag zum Ausgeben zur Verfügung. Wie im laufenden Jahr muss Zürich auch 2018 einen stattlichen Betrag in den kantonalen Ressourcenausgleich einzahlen. Wegen der sogenannten Zentrumslasten, welche die Stadt zu tragen hat, erhält sie aber fast den gleichen Betrag aus dem kantonalen Ausgleichstopf zurück. Somit rechnet sie für den Posten Finanzausgleich mit täglichen Ausgaben von 41 000 Franken.

Kosten des Wachstums

Bleibt die Frage, wo die rund 8 Millionen Franken, die der Stadt pro Tag zur Verfügung stehen, effektiv hinfliessen. Hier zeigen die Zahlen deutlich: Über die Hälfte des Geldes geht in die Bereiche Bildung (2,66 Mio. Fr.) und Soziales (2,08 Mio. Fr.). Ins Gewicht fallen da vor allem die Ausgaben für die Volksschule (2,19 Mio. Fr.), die Sozialhilfe (1,24 Mio. Fr.) und die Zusatzleistungen zu AHV oder IV (0,73 Mio. Fr.). Für den Zürcher Stadtrat lassen sich diese hohen Ausgaben, die Jahr für Jahr steigen, mit dem Begriff der «wachsenden Stadt» erklären. Weil Zürich attraktiv ist, ziehen mehr Leute zu, vor allem auch Familien mit Kindern. Dies lässt die Betreuungskosten in die Höhe schnellen; Horte werden ausgebaut und Kita-Plätze geschaffen, mehr Lehrpersonal wird eingestellt. Das politische Ziel von flächendeckenden Tagesschulen kostet. Man kann davon ausgehen, dass die Ausgaben in diesem Bereich weiter zunehmen werden. Selbiges gilt wohl auch für die Sozialausgaben.

In die Kategorie Sicherheit und Justiz fliesst der dritthöchste Steuergelder-Betrag, nämlich 918 000 Franken pro Tag. Ein Grossteil davon kommt der Polizei zu (0,67 Mio. Fr.). Im Bereich Gesundheit (0,8 Mio. Fr.) ist es der Posten Kranken- und Pflegeheime (0,39 Mio. Fr.), der am stärksten ins Gewicht fällt. Die defizitären Stadtspitäler Triemli und Waid, die im Prinzip selbsttragend sein sollten, kosten die Steuerzahler jeden Tag 92 000 Franken. Die Nettobelastung im Bereich Umwelt und Raumordnung ist deshalb so tief, weil zum Beispiel die Wasserversorgung oder die Abfallbeseitigung nicht mit Steuergeldern, sondern bekanntlich mit Gebühren finanziert werden. Für die vielgeschmähte allgemeine Verwaltung und die Behörden, die auch in der diesjährigen Budgetdebatte wieder unter Druck kommen, geben die Steuerzahler täglich rund eine halbe Million Franken aus.

8 Millionen Franken pro Tag müssen reichen

Was lesen die Politiker aus dieser Gesamtschau? Für Michael Baumer, Finanzspezialist und Stadtratskandidat der Zürcher FDP, ist klar: «Die Kosten für die Betreuung im Schulbereich drohen aus dem Ruder zu laufen.» Hier gebe es Anpassungsbedarf. Ebenso sei die Bürokratie aufgebläht worden – nicht nur im Bildungsbereich, sondern auch in der allgemeinen Verwaltung. «Wir müssen die Strukturen verschlanken», sagt Baumer. In der mehrtägigen Budgetdebatte, die am Mittwochnachmittag beginnt, werden die bürgerlichen Parteien mehrere Änderungsanträge stellen, die in diese Richtung zielen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Stadtparlament werden die meisten davon aber chancenlos bleiben. In der Sozialpolitik gebe es zum Teil falsche Anreize, findet Baumer. Oberstes Ziel müsse es sein, Leute, die Sozialhilfe bezögen – wenn immer möglich – wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren.

Auf der Gegenseite warnt SP-Finanzpolitiker Florian Utz davor, bei der Sozialhilfe den Sparhebel anzusetzen. Im Gegenteil: Es könne durchaus Sinn ergeben, in gewissen Abteilungen mehr auszugeben. So wird die SP in der Budgetdebatte etwa verlangen, bei den Sozialen Diensten aufzustocken. Als Vorbild dient die Stadt Winterthur. Dort soll die Zahl der betreuten Fälle pro Sozialarbeiter reduziert werden. Dadurch hätten diese mehr Zeit für die individuelle Beratung, was – so die Hoffnung – künftig zu tieferen Sozialhilfekosten führen könnte. Im Schulbereich unterstützt die SP die Einführung von Tagesschulen. Für diese lohnten sich die Ausgaben, da sie einem Bedürfnis der Bevölkerung entsprächen.

Von einer Steuersenkung, wie dies die Bürgerlichen verlangen, hält Florian Utz nichts. «Dafür stimmt der Zeitpunkt nicht», sagt er. Ein stabiler Steuerfuss sei vorerst wichtiger. Noch lauerten zu viele Ungewissheiten, zuvorderst die neue Reform der Firmensteuern, die derzeit auf Bundes- und Kantonsebene ausgearbeitet werde. Der FDP-Gemeinderat Baumer hingegen verweist auf die in den letzten Jahren stetig gestiegenen Steuereinnahmen. 8 Millionen Franken pro Tag seien mehr als genug. Eine Steuersenkung von 2 Prozentpunkten müsse drinliegen.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, die Stadt Zürich habe den viertgrössten öffentlichen Haushalt der Schweiz. Tatsächlich ist es der fünftgrösste.