Züri-Urnen, Zen-Mönche und Pappelholz-Särge

Alle Einwohner von Zürich haben das Recht auf kostenlose Kremation und Beerdigung, falls sie keine Extravaganzen wünschen. Dafür ist auch die Liste der Reglemente rund um das Bestattungswesen lang.

Urs Bühler
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Die neue, aufpreispflichtige Züri-Urne (links) und zwei Urnenmodelle, die Zürcherinnen und Zürchern kostenfrei offeriert werden. (Bild: NZZ-Video-Still)

Die neue, aufpreispflichtige Züri-Urne (links) und zwei Urnenmodelle, die Zürcherinnen und Zürchern kostenfrei offeriert werden. (Bild: NZZ-Video-Still)

Zürichs hohe Lebensqualität macht auch vor dem Tod nicht halt – so wenig wie die hohe Regeldichte. Diesen Eindruck erhält, wer all die Unterlagen des Bestattungs- und Friedhofamts im Internet studiert. Über ein Dutzend Merkblätter warten da, von Orientierungsplänen für jeden Friedhof über Hinweise auf «Grabmalherstellende» (welch amtliche Blähung!) bis zur Verordnung, gemäss der kein Grabmal diskriminierende Aussagen enthalten darf. Es fehlt auch nicht eine Liste von Personen, die für rund tausend Franken an der Beerdigung sprechen, von der «Freien Abschiedsgestalterin», die auch Schauspielerin ist, über Theologen bis zum Zen-Mönch.

Für Einwohner gratis

Beerdigen lassen darf man sich indes nicht von Freischaffenden – das ist seit 1893 Aufgabe der öffentlichen Hand. Und seither gilt auch der Grundsatz: Zürichs Einwohnerinnen und Einwohner haben Anrecht auf eine Gratis-Bestattung, sofern sie keine Extravaganzen wünschen. Zur Standardversion gehören ein Reihengrab, für dessen Pflege allerdings eine jährliche Gebühr von gegen hundert Franken fällig ist, und eine schlichte Kiste aus Pappelholz-Multiplex-Platten, die für Auswärtige 490 Franken kostet: Es gibt eben nicht nur ein Züri-WC und Züri-Wasser, sondern auch den offiziellen Züri-Sarg, in dem 95 Prozent der auf diese Weise Bestatteten beerdigt werden. Erstellt wird er im Rahmen eines Sozialprojekts; laut amtlichen Informationen lässt er sich auch prima bemalen (aber ausdrücklich nur mit biologisch abbaubaren Farben!).

Was niemandem erspart bleibt, ist die 30-fränkige Gebühr für den Totenschein. Kremiert aber werden Stadtbewohner ebenfalls unentgeltlich (während alle anderen beziehungsweise deren Angehörige 588 Franken dafür berappen müssen). Bei den Urnen gibt es nebst dem Gratis-Standardmodell kostenpflichtige Spezialausführungen, ganz neu etwa die Züri-Urne mit aufgeprägter Skyline. Kleine, in sieben Farben erhältliche Taschenurnen aus Edelstahl bieten sich überdies für all jene an, die stets etwas von den Überresten Verstorbener mit sich führen möchten. Die Asche nämlich steht Angehörigen zur freien Verfügung – laut kantonaler Bestattungsverordnung «innert der Grenzen der Schicklichkeit» –, darf also auch im eigenen Garten beigesetzt, zu Hause aufbewahrt oder in einen See verstreut werden. Die in allen Lebenslagen auf adäquate Entsorgung bedachte Stadtverwaltung hält fest, die Urne dann zurückzunehmen.

Ein Formular zu Lebzeiten

Auch bei der Beerdigung im Sarg kann, wer noch in der letzten Ruhestätte einen gewissen Repräsentationsdrang ausleben will, für einige tausend Franken edlere Versionen aus Linden- oder gar Eichenholz ordern. Und wer jetzt findet, ein Toter könne keine Bestellungen aufgeben oder Extrawünsche angeben, dem sei gesagt: Als Einwohner kann man seine Wünsche beim Bestattungs- und Friedhofamt zu Lebzeiten kostenlos hinterlegen, per Formular natürlich.