Haunritz bei Kemnath
11.11.2022 - 12:30 Uhr
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Wenn der Teichwirt den Himmelsweiher ablässt: So läuft das Abfischen in Haunritz

Die Karpfensaison ist in vollem Gange. Dazu gehört auch das Abfischen. Wie das abläuft, warum die Tiere in einen anderen Teich müssen und wie sehr der Fischotter zugeschlagen hat, klärt ein Besuch bei der Fischzucht Veigl in Haunritz.

Früher musste bis Allerheiligen alles erledigt sein. Mittlerweile ist das Abfischen der Karpfenteiche auch Mitte November noch möglich. Sorgen um Eis und Schnee muss sich Fischwirtschaftsmeister Wolfgang Veigl jr. aus Haunritz bei Kötzersdorf an diesem Vormittag nicht machen. Der Nebel hat sich verzogen, die Sonne scheint auf den Großen Weiher bei Beerhof. "Wenn es so weitergeht, könnten wir auch noch im Dezember die Teiche ablassen", sagt er.

Bereits vor ein paar Tagen hat Veigl damit begonnen, den 3,7 Hektar großen Himmelsweiher langsam abzulassen. Das Gewässer wird ausschließlich über Niederschläge und durch das Grundwasser gespeist. "Entstanden ist dieser Weiher durch den Torfstich", erklärt Veigl. Als er mit seinem Traktor und dem Kranwagen – Marke Eigenbau – am Weiher ankommt, wird er schon von seinem Vater Wolfgang Veigl sen. und Reiner Pietsch erwartet. Zu dritt wollen sie heute die Karpfen der Altersklasse K2 abfischen und zum Winterteich bringen.

8000 junge Karpfen

"K2 bedeutet, dass der Karpfen zweisömmrig ist, also schon zwei Sommer erlebt hat", erklärt Veigl. Speisekarpfen werden in der Regel nach drei Jahren geschlachtet. Im Frühling hatte Veigl etwa 8500 K1-Karpfen im Weiher ausgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt wogen die jungen Karpfen rund 40 Gramm. Jetzt im Herbst sollte ein K2-Karpfen zwischen 400 und 500 Gramm schwer sein. Die Speisefische dürfen naturbelassen heranwachsen und werden zugefüttert.

Sie können zwar pflanzliche Futtermittel wie Gerste, Weizen oder Mais verwerten, benötigen zusätzlich aber tierisches Eiweiß. Dieses finden sie durch Kleinstlebewesen, Schnecken und Würmer im Teich. Die trockenen und heißen Sommermonate hätten 2022 dazu geführt, dass sich der Sauerstoffgehalt in einigen Teichen stark reduziert hatte. Etliche Wochen musste daher mit der Fütterung ausgesetzt werden. Es könne durchaus sein, dass die K2-Karpfen in diesem Jahr leichter ausfallen.

Anstrengende Arbeit

"Noch vor 20 Jahren hat man fürs Abfischen zahlreiche Helfer gebraucht", blickt der 72-jährige Wolfgang Veigl sen. auf die Arbeit im Fischzuchtbetrieb zurück. "Es war ziemlich anstrengend, die schweren Bottiche mit den Fischen vom Ufer zu den Stegen zu tragen." Durch den Anhänger mit drei großen Transportbehältern, Sauerstoffzufuhr und einem Hebekran für die Wanne sei die Arbeit einfacher geworden. Wenig später nimmt er im "Führerhäuschen" Platz. "Das Anheben der Wanne ist heute meine Aufgabe", sagt er.

In der Zwischenzeit bereiten Wolfgang Veigl jr. und Reiner Pietsch die Abfischgrube vor. Mit einem Kescher fischt der 72-Jährige die Tiere heraus. Karpfen, Schleie, Hecht und anderer Beifisch landen im Netz. Nun hebt Wolfgang Veigl sen. mit dem Kran die Wanne in die Grube. Über den sogenannten Teichmönch fließt das Wasser samt der Fische in die Wanne. Hier werden die Fische mit frischem Wasser und damit mehr Sauerstoff versorgt. "Das ist für die Fische schonender", sagt der 45-Jährige. Die gefüllte Wanne hebt der Seniorchef ein paar Minuten später auf den Anhänger. Dort rutschen die Fische in die Transportbehälter. Diese werden ebenfalls permanent mit Sauerstoff versorgt.

Fischotter ein dauerhaftes Problem

Am späten Vormittag sind fast alle Fische abgefischt. Die letzten fängt Wolfgang Veigl jr., ausgestattet mit einer langen Wasserhose, zum Schluss noch mit dem Kescher ein. Dann geht es zum Winterteich. Warum müssen die jungen Karpfen überhaupt in einen anderen Teich gebracht werden? Das hat mehrere Gründe. "Der Winterteich ist tiefer. So können die Fische auch unter der Eisdecke genügend Platz finden", sagt der 45-Jährige. Ein weiterer Punkt: Bleiben die Fische drei Jahre in einem Gewässer, haben Teichwirte keinen Überblick über ihren Bestand. "Würden wir nicht abfischen, wüssten wir nicht, wie viel wir haben, beziehungsweise wie viel Otter, Kormoran und Fischreiher gefressen haben." Anhand des Abfisch- und des Durchschnittgewichts kann Veigl die Zahl der K2-Karpfen errechnen. Das traurige Ergebnis: von 8500 Tieren sind nur noch 6000 übrig.

"Der Fischotter ist ein allgegenwärtiges Problem", sagt Thomas Beer, Vorsitzender der Arge Fisch im Landkreis Tirschenreuth. Auch in diesem Jahr mussten die Teichwirte enorme Fischverluste hinnehmen, auch bei den Beifischen. Auch sehr schwere und große Fische blieben von den Fischottern nicht verschont. "Wenn der Otter nicht wäre, hätten wir ein gutes Jahr gehabt." Selbst der heiße und trockene Sommer fiel in der Oberpfalz nicht schwer ins Gewicht. "Bei uns waren aber keine Notabfischungen nötig", blickt Beer auf die Karpfensaison zurück. Die Teiche der Oberpfalz seien dicht und tief, dadurch hätten sich diese weniger schnell erhitzt und hätten noch etwas Sauerstoff speichern können. Das mache sich auch bei den Karpfen bemerkbar. "Diejenigen, die nicht gefressen wurden, haben sich gut entwickelt."

Preisanstieg beim Futter

Zurück nach Haunritz: Am Winterteich angekommen bringen die Männer die Fischrutsche an den Transporttanks an. Die Luke öffnet sich und binnen weniger Sekunden rutschen die Fische hinab in den Weiher. Dort bleiben sie bis zum Frühjahr. Dann wird Wolfgang Veigl jr. einen Großteil an andere Fischzüchter und Privatleute verkaufen. Etwa ein Drittel der Tiere behält er bei sich. Diese wachsen dann zu Speisekarpfen für die neue Saison heran. Auch hier macht sich der Preisanstieg bemerkbar. "Die Stückzahlverluste, die Kosten für Futter und Treibstoff sind enorm angestiegen", sagt Thomas Beer. 20 bis 30 Prozent teurer sei der Karpfen im Vergleich zum Vorjahr geworden.

Hintergrund:

Fakten zum Karpfen

  • Bezeichnung: Weibchen werden Rogner, Männchen Milchner genannt.
  • Größe und Gewicht: Die mittleren Größen liegen bei 35 bis 50 Zentimeter mit 2 bis 3 Kilogramm.
  • Heimat: ursprünglich aus Asien, die Römer brachten ihn nach Europa.
  • Lebensraum: stehende Gewässer; Karpfenteiche sind im Schnitt ein Meter tief, am Mönch bis zu zwei Meter.

Quelle: Arge Fisch, WWF-Fischratgeber

 
 

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