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Eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis

Zum 1. Juli 2011 wurde die gesetzliche Mindestdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft für das Entstehen eines eheunabhängigen Aufenthaltsrechts des ausländischen Ehegatten von zwei auf drei Jahre erhöht.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 1 C 1.13) hat entschieden, dass die Voraussetzung der dreijährigen Ehedauer auch für Ausländer gilt, die nach dem alten Recht zwar die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erfüllt haben, den Antrag aber erst gestellt haben, als die neue Regelung galt.

Der Fall
Der Kläger stammt aus Syrien und reiste im Jahre 2000 mit einem Visum für ein Studium in Deutschland ein. Der Aufenthaltstitel wurde das letzte Mal bis März 2009 verlängert. Am 4. März 2009 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und erhielt demnach eine Aufenthaltserlaubnis für die Familienzusammenführung. Diese galt nun bis zum 12. Mai 2012. Allerdings trennten sich im Mai 2012 die Eheleute und im September 2011 hatte der Kläger schon eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis beantragt.

Der Beklagte lehnte diesen Antrag allerdings ab. Die Begründung lag darin, dass die Ehedauer nicht mindestens 3 Jahre angedauert habe. Die frühere Vorschrift, nach der schon zwei Ehejahre ausgereicht hätten, sei hier nicht mehr anwendbar.

Verwaltungsgericht Stuttgart
Das Verwaltungsgericht Stuttgart folgte dieser Auffassung.
Gemäß § 31 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz kann ein Ausländer, der in Deutschland in einer ehelichen Lebensgemeinschaft gelebt hat, eine eheunabhängige Aufenthaltsgenehmigung für 1 Jahr im Anschluss an den Titel, der sich auf die Ehe bezogen hatte beanspruchen.

Voraussetzung vor Juli 2012 war, dass die Ehe mindestens 2 Jahre bestanden hatte. Nach der Änderung ab Juli 2012 wurde die Voraussetzung auf 3 Jahre erhöht. Eine Übergangsvorschrift für die Regelung von Altfällen gibt es nicht; somit ist die aktuelle Fassung maßgeblich.
Die Eheleute haben ihr Ehe zwar unter der Geltung der alten Fassung nach zwei Jahre beendet, aber der Antrag wurde erst gestellt, als die für den Kläger ungünstigere Fassung in Kraft getreten war.
Der Anspruch auf eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis entsteht nicht von selber, sondern erst mit Antragstellung!

Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist diese Entscheidung nicht zu beanstanden, insbesondere mit Blick auf das Rückwirkungsverbot und den Vertrauenschutz.
Härtefälle werden vor allem auch in § 31 Abs. 2 AufenthG geregelt.


§ 31 Aufenthaltsgesetz

Eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn
1. die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2. der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.
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Quelle