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Neujahrsempfang in Dietzenbach: Bürgermeister und Erste Bürgerin zwischen Zuversicht und Besorgnis

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Person des Jahres: Diesen Titel erhielt Schulleiter Georg Köhler (rechts). Ahmed Idrees (SPD) überreicht die Urkunde stellvertretend für die demokratischen Parteien.
Person des Jahres: Diesen Titel erhielt Schulleiter Georg Köhler (rechts). Ahmed Idrees (SPD) überreicht die Urkunde stellvertretend für die demokratischen Parteien. © Agenturen

Bürgermeister Dieter Lang und Stadtverordnetenvorsteherin Andrea Wacker-Hempel kamen in ihre Neujahrsansprachen nicht umhin, neben den positiven Entwicklungen auch die Schattenseiten des Jahres 2023 zu benennen.

Dietzenbach – Einen Spagat zwischen Zuversicht und Besorgnis haben Bürgermeister Dieter Lang (SPD) sowie Stadtverordnetenvorsteherin Andrea Wacker-Hempel (Grüne) in ihren Ansprachen auf dem Neujahrsempfang vollzogen. Erkennbar etwa, als der Rathauschef von den Themen Wirtschaft und Soziales spricht. So habe Dietzenbach in der Zeit von 2020 bis 2023 mit rund 14 000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten einen neuen Höchststand erreicht. Der Wirtschaftsförderung sei es seit 2022 gelungen, die Vorgabe des städtischen Strategiepapier zur Mitarbeiterzahl bei Ansiedelungen von Unternehmen zu verdoppeln.

Das im Jahr 2019 beschlossene Papier, das Handlungsperspektiven für die Entwicklung Dietzenbachs aufzeigt, gibt vor, dass pro 1000 Quadratmeter Firmenfläche zehn Mitarbeiter beschäftigt sein müssen. „Dieses Wirtschaftswachstum ist ein Licht am Horizont“, sagt der Rathauschef. Es werde der Stadt bei der prekären Haushaltslage helfen. Zudem werde das Geld für die Ausgaben im sozialen Bereich benötigt. Eine aktuelle Evaluierung des Hessischen Städtetags habe gezeigt, dass Dietzenbach landesweit die kinderreichste Stadt ist. „Damit ist es auch nicht verwunderlich, dass 2023 und in den Vorjahren in unserer Stadt bei Familien, Kitas und in Schulen und ein steigender Bedarf an Betreuung, Beratung und Begleitung notwendig ist“, verdeutlicht Lang. Sozialdezernent René Bacher und Peter Amrein, Leiter der Sozialen Dienste, setzten sich konsequent für neue Projekte und Verbesserungen ein. So arbeiteten seit dem vergangenen Jahr spanische Erzieherinnen in den Kitas und es gebe ein Programm zur Gesundheitsförderung für alle Pädagoginnen und Pädagogen.

Straße in Dietzenbach wird nach Hermann Wolf benannt

Lang blickt ebenso auf die Entwicklungen beim Klimaschutz der Stadt. Dietzenbach sei 2023 etwa als global nachhaltige Kommune ausgezeichnet worden. Zudem nehme die Verwaltung seit Mitte des vergangenen Jahres mit dem „Energiesparprojekt in Kitas“ auch die Kleinsten mit. Der nachhaltige Bau der Betreuungseinrichtung in der Brunnenstraße gelte zudem als Vorzeigeobjekt. So ist das Dach der Kita begrünt und mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet. Auch wird es durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe beheizt.

Als weiteren Lichtblick greift Lang, wie auch Andrea-Wacker-Hempel, die Einweihung des Hermann-Wolf-Wegs auf, der im Westend zu finden ist. Hermann Wolfs Nachfahren seien trotz der bitteren Erinnerung extra aus diesem Anlass von Amerika nach Dietzenbach angereist. War doch ihr jüdischer Großvater und Urgroßvater mit seinen Angehörigen von den Nationalsozialisten aus Dietzenbach vertrieben worden. Und obwohl seine Familie nie wieder nach Deutschland zurückwollte, war es ihr wichtig, bei der späten Ehrung von Hermann Wolf im Jahr 2023 dabei zu sein. Es sei darum gegangen, Grenzen zu überwinden – in den Köpfen und in der Realität.

Doch nun blicke nicht nur die Familie Wolf voller Skepsis erneut nach Deutschland. „Denn wieder ist Gedankengut ,salonfähig’ geworden, was wir eigentlich überwunden glaubten“, verdeutlicht die Erste Bürgerin und weist damit auf den Rechtsruck sowie insbesondere die bekannt gewordenen Remigrations-Pläne von Vertretern der AfD und der Identitären Bewegung hin. „Unsere Demokratie steht am Scheidepunkt“, macht Wacker-Hempel das Ausmaß der Entwicklung deutlich.

Lang sagt indes in Anspielung auf die AfD: „Diejenigen, die behaupten, dass sie eine Alternative sind, sind es nicht.“ Dennoch sei die Partei gewählt worden, fährt er fort und wendet sich an deren Wähler: „Bitte wählen Sie die AfD nicht noch mal, wählen Sie eine Partei, die es ehrlich mit der Demokratie meint.“

Bürgermedaille und Sportförderpreis werden verliehen

Neben den nachdenklich stimmenden Ansprachen von Lang und Wacker-Hempel zeichnet die Stadt während des Empfangs auch Dietzenbacher Bürger aus. Urs Schäfer, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Sport- und Freizeit-Vereine, erhält den Sportförderpreis. Christel Germer, Leiterin der Dietzenbacher Tafel, bekommt die Bürgermedaille (ausführlicher Bericht zu beiden Ehrungen folgt). Ebenso geehrt wird Georg Köhler, Leiter der Ernst-Reuter-Schule. Er hat sich im vergangenen Sommer dazu entschieden, die Interimsleitung der Heinrich-Mann-Schule zu übernehmen, die er noch bis Ende des Monats innehat (wir berichteten). Die demokratischen Parteien zeichneten ihn deshalb zur „Person des Jahres“ aus. „Darauf war ich nicht vorbereitet“, sagt Köhler sichtlich gerührt und verweist gleichzeitig darauf, dass es vor allem die Lehrer der beiden Schulen seien, die Anerkennung für die Leistung der vergangenen Monate verdienen.

Für das musikalische Rahmenprogramm sorgen während des Neujahresempfangs Schüler der Dietzenbacher Musikschule. Die Sternsinger der St. Martin Gemeinde sprechen ihren Segen. (Von Anna Scholze)

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