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Sassnitz

Immer montagabends: Oma nicht erreichbar

Karin Behnke hat einst als Sportlehrerin in Sassnitz gearbeitet.

Karin Behnke hat einst als Sportlehrerin in Sassnitz gearbeitet.

Sassnitz. „Sport frei!“ heißt es seit einer kleinen Ewigkeit jede Woche in der Sporthalle der ehemaligen Oberschule III in Sassnitz. In diesem Jahr darf sich die Frauensportgruppe von Karin Behnke feiern lassen, denn es wurde fünf Jahrzehnte lang geschwitzt, gekämpft, gelacht - und vor allem durchgehalten. Zum Repertoire des Sportprogramms gehören athletische Übungen für das Goldene Sportabzeichen, Atemübungen für Pilates sowie rhythmische Bewegung in Form von Gymnastik.„Ich bin seit 1968 jeden Montagabend mit den Frauen zusammen. Damals war ich gerade 30 Jahre alt. Wir treiben Sport und bleiben fit und sind dann für keinen anderen erreichbar“, erzählt Karin Behnke.

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Aber es geht nicht nur um den Sport. Gefeiert werden runde Geburtstage und Sommerfeste, soziale Kontakte gepflegt, Ausflüge unternommen und sich auch mal privat unterstützt.

„Wenn die Frauen seit vielen Jahren auch an kalten, dunklen und nassen Novembertagen die Sportmatten in der Halle auslegen, bin ich stolz auf sie und verneige mich.“ Karin Behnke hat riesigen Respekt vor dem Engagement der Teilnehmerinnen. „Ohne unseren Zusammenhalt und das Anpacken jedes Einzelnen, wäre diese Sportgruppe gar nicht mehr da“, sagt die ehemalige Sportlehrerin sichtlich ergriffen.

Karin Behnke ist in Seedorf zusammen mit drei Schwestern aufgewachsen. Schon in der Kindheit zählten Bewegung und Sport zum alltäglichen Leben. „Wir haben uns als Kinder die Herausforderungen gesucht und Ziele gesteckt“, erzählt sie. „Wer sich im Schwimmen beweisen sollte, musste eine bestimmte Strecke im Bodden absolvieren. Danach galt er als echter Schwimmer.“

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Karin Behnke ging in Baabe und Sellin zur Schule und später in Binz. „Dort war ich im Internat untergebracht. Ich erinnere mich noch genau, dass es dort viele tolle Angebote gab.“ So konnten die Schülerinnen im Chor singen, Theater spielen, Tanzen lernen oder Sport treiben. Nach dem Abitur 1957 wechselte Karin Behnke an die Universität nach Greifswald und studierte neben Sport auch Russisch auf Lehramt. „An der Hochschule lernte ich das erste Mal richtig Tauchen, Handball spielen und andere Sportarten für meinen Beruf.“ Nach dem Examen heiratete sie und bekam 1961 eine Stelle als Lehrerin in Sassnitz.

Nach der Geburt der zwei eigenen Kinder schloss sich Karin Behnke der Frauensportgruppe an - und war sofort gefordert. „Denn gleich am ersten Tag wurde ich gefragt, ob ich als Sportlehrerin die Truppe leiten möchte.“ Sie sagte „Ja“ und denkt sich seitdem zusammen mit den Frauen immer neue Herausforderungen aus. „Damals waren wir alle um die 40 Jahre alt und richtig motiviert und leistungsorientiert. Jedes Jahr wurde nun um das echte Sportabzeichen gerungen. Bronze, Silber oder Gold, die Frauen maßen sich im Weitsprung, Kugelstoßen oder im Sprint. „Wir waren alle mit Eifer bei der Sache und der Ehrgeiz war groß. Schaffte jemand zehn Jahre hintereinander das Abzeichen, gab es eine extra Auszeichnung.“ Und die Frauen waren ehrlich: Wenn es mal an zwei Zentimetern im Weitsprung fehlte, wurde so lange geübt, bis diese erreicht wurden.

„Irgendwann schwappte die Aerobic-Welle auf uns über. In den Siebzigerjahren gab es Sendungen im DDR-Fernsehen, bei denen wir uns die Übungen abgeschaut haben“, erzählt Behnke. Den Modetrend mit Frottee-Stirnband und engen, glänzenden Leggings haben die Sassnitzer Frauen allerdings nicht mitgemacht. „Inspiriert wurden wir auch von der Sendung ,Mach mit, mach’s nach, mach’s besser’, in der Adi im Fernsehen Staffelwettbewerbe durchführte. Das gehörte ebenfalls zu unseren Ertüchtigungen.“

Mittlerweile ist die Gruppe älter geworden. Es sind immer noch viele dabei. Das Sportangebot wurde angepasst. „Ich bin in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden und biete nun Muskelkräftigungsübungen auf der Grundlage von Pilates und Gymnastik an.“ Und Karin Behnke bleibt am Ball, liest viele Übungsbüchern, die zu Hause auf dem Tisch liegen. „Ich bereite mich immer gut auf die nächste Sportstunde vor, denn Atemtechnik und Bewegung sind zusammen wichtig.“

Privat liebt die sportliche Sassnitzerin die Sauna, Wanderungen auf Rügen, Walkingausflüge am Hafen und ab und zu ein leckeres Stück Kuchen. „Und außerdem halten mich meine fünf Enkelsöhne fit“, sagt Karin Behnke.

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Christine Zillmer

OZ

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