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Damit's im Arboretum zwitschert

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Förster Ludwig Krug erklärte den Kindern die verschiedenen Nistkästen, die sie dann anbrachten.  Foto Pabel
Förster Ludwig Krug erklärte den Kindern die verschiedenen Nistkästen, die sie dann anbrachten. Foto Pabel © OVB

Amerang - Neblig trüb war das Herbstwetter, als die Klassen der dritten und vierten Jahrgangsstufe der Grundschule Amerang zu einer Führung durch den "Exoten- und Naturwald" (Arboretum) am Schloss Amerang aufbrachen. Umso leuchtender aber blickten die aufmerksamen Augen der jungen Naturschützer unter ihren Kapuzen hervor. Ging es doch darum, unter Anleitung der beiden Förster Ludwig Krug und Stefan Troibner vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zahlreiche Nistkästen aufzuhängen.

"Warum braucht man überhaupt Nistkästen? Die Vögel haben doch genügend Platz im Wald", fragte Ludwig Krug die Schüler. Gemeinsam trugen sie schnell die Antworten zusammen: Vögel brüten gern in diesen Nistkästen. Sie sind ein wichtiger Schutz gegen die Witterung, vor allem aber gegen andere Tiere, die sonst die Eier rauben würden. Ein solcher Feind sei vor allem der Marder, lernten die Kinder.

Anschließend teilten sich die Schüler in zwei Gruppen auf und brachten mit den Förstern an einzelnen Bäumen unterhalb des Arboretums die unterschiedlichen Nistkästen an. Nistkästen mit den kleineren Öffnungen würden gern genutzt von Rotkehlchen, Zaunkönig, Grauschnäpper, Bachstelze oder Amsel, erklärte Ludwig Krug. In den größeren Nistkästen brüten zum Beispiel auch die Meisen. "Der Kleiber pappt die große Öffnung später selber zu, so dass keine Feinde mehr hineinkommen können", erläuterte der Förster.

Gestiftet wurden diese Nistkästen vom "Förderverein Schloss Amerang". Als Vertreter des Fördervereins war zu diesem Termin mit der Ameranger Schule extra Günter Penzl aus Dorfen angereist. Er ist pensionierter Forstamtsrat und "Fachbeirat" fürs Arboretum. Zum 90. Geburtstag des Ameranger Ehrenbürgers Krafft Freiherr von Crailsheim hatte der Förderverein dem Baron dieses Geschenk in Höhe von 500 Euro übergeben, das zweckgebunden für die Pflege des Arboretums verwendet werden sollte. Davon wurden nun auch die Nistkästen angeschafft.

Vor mehreren Jahrzehnten hatte der Baron das Ameranger Arboretum angelegt. Zahlreiche außereuropäische Bäume hatte er selbst von seinen Weltreisen mitgebracht und am Südwesthang des Schlosses angepflanzt, so berichtete der Fachbeirat. Günter Penzl, der selbst fast 75 Jahre alt ist, hat sich in den vergangenen Jahren selbst - in enger Zusammenarbeit mit dem Baron und dem Förderverein - persönlich für den Erhalt des Arboretums engagiert.

Gern erinnert er daran, dass Baron Krafft von Crailsheim eine heute fast 90-jährige Rosskastanie am Schloss als Kind selbst aus Samen gezogen hat. Damals war der Baron gerade vier Jahre alt. In den schriftlichen Erinnerungen des früheren Schlossherrn, die Günter Penzl wie einen Schatz hütet, berichtet der heute 93-jährige Baron von seinem Vorsatz nach dem Krieg: "Nachdem ich nicht bei Stalingrad oder auf anderen Kriegsschauplätzen unter der Erde verfaulen musste, hatte ich mir für mein 'geschenktes' späteres Leben Folgendes vorgenommen: Ich will nicht umsonst am Leben geblieben sein. Deshalb möchte ich nicht nur für mich, sondern auch für andere und die Natur unserer schönen Heimat nützlich sein."

Der Baron hatte damals festgestellt, dass "bei uns fast alle heimischen Wälder immer noch so zusammengesetzt sind, wie sie die Eiszeit überlassen hat." Darum wollte er in einem Arboretum erkunden, wie außereuropäische Bäume hier in unserer Heimat gedeihen würden. Das ist ihm - nach einigen Anfangsschwierigkeiten - schließlich gelungen. Heute wachsen hier über 100 Baumarten aus allen Teilen der Welt.

Seit dem Jahr 2004 hat nun die Gemeinde Amerang mit einer LeaderPlus-Maßnahme den Zugang des bestehenden Exotenwaldes für die Allgemeinheit ermöglicht. Dafür gestattete der Eigentümer Ortholf Freiherr von Crailsheim die Grundstücksnutzung. Die Gemeinde sorgt für die Anlage von Wegen und Informationstafeln und hat die Verpflichtung zur Erhaltung der Verkehrssicherheit übernommen.

Im Gemeindehaushalt gibt es einen Posten "Sonderrücklage Arboretum", die vor allem aus Spenden von Krafft Freiherr von Crailsheim und vom Förderverein Schloss Amerang besteht. Diese Mittel werden zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben an dieser Anlage verwendet. mpa

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