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Pilotprojekt für Vier-Tage-Woche in Deutschland kurz vor Start

In Großbritannien hatte ein Unternehmens-Verbund jüngst gemeinsam mit der Non-Profit-Organisation „4 Day Week Global” die Vier-Tage-Woche und deren Auswirkungen auf die Produktivität und das Wohlergehen der Mitarbeitenden getestet. Im Februar 2024 soll nun ein ähnliches Pilotprojekt in Deutschland an den Start gehen. Wie die Initiatoren – die Unternehmensberatung Intraprenör und 4 Day Week Global – verrieten, werden 45 Unternehmen am sechsmonatigen Test teilnehmen. Von der Teilnahme ausgeschlossen sind Organisationen, die das Modell bereits eingeführt haben.

„Wir erhoffen uns eine Weiterentwicklung des Diskurses zum Thema“, sagt Jan Bühren von Intraprenör. „Wir sehen, dass die Vier-Tage-Woche sehr stark politisiert wird, aber selten faktenbasiert argumentiert wird. Diese Fakten wollen wir schaffen und ehrlich ausloten, wo ein solches Arbeitsmodell funktioniert und wo nicht.“

Wer ist die Testgruppe?

Am Pilotprojekt nehmen Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen, Regionen und Größen teil. Schwerpunkte gibt es hier allerdings. So stammen die meisten Test-Unternehmen aus der IT-Branche (14 Prozent). Auch beteiligen sich vergleichsweise viele Beratungsfirmen (12 Prozent), sowie Unternehmen aus dem Einzelhandel und der Gastronomie (11 Prozent) sowie aus der Immobilien- und Baubranche (10 Prozent).

Auffällig an der Testgruppe ist zudem: Die meisten teilnehmenden Organisationen sind kleinere Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitenden (54 Prozent). Großunternehmen sind wenige dabei. Die Initiatoren haben dafür eine Begründung: Großunternehmen hätten aufgrund ihrer Struktur und der längeren Entscheidungsprozesse im Unternehmen mehr Zeit gebraucht, um sich auf das Pilotprojekt vorzubereiten. Zeit, die sie aufgrund der Gestaltung des Projektes nicht hatten. Was die Regionen angeht, so stammen die meisten Tester der Vier-Tage-Woche aus Nordrhein-Westfalen (30 Prozent), Baden-Württemberg (17 Prozent) und Bayern (16 Prozent).

Welches Modell der Vier-Tage-Woche wird getestet?

Wie genau die Unternehmen die Vier-Tage-Woche in der Testphase gestalten, ist ihnen überlassen. Es gilt einzig das 100-80-100-Prinzip. Sprich: Die Mitarbeitenden erhalten 100 Prozent ihres bisherigen Gehaltes, arbeiten 80 Prozent ihrer aktuellen Arbeitszeit und erbringen 100 Prozent Leistung. Auf weitere Vorgaben wollten sich die Projektleiter nicht festlegen. Dafür seien die teilnehmenden Unternehmen und ihre Arbeitsrealitäten zu verschieden. Deshalb muss es nicht unbedingt einen freien Tag mehr in der Woche geben oder eine 32-Stunden-Woche.

Die Vorbereitungsphase

Bei der Planung und Koordinierung im Vorfeld des Experiments helfen die Projektleitenden: So beraten Expertinnen und Experten von Intraprenör und 4 Day Week Global die Unternehmen im Rahmen von Workshops und Informationssessions. Hier werden den Arbeitgebern laut Bühren Best Practices zur Arbeitszeitreduzierung und Produktivitätserhöhung vorgestellt und spezielle, mit der Einführung der Vier-Tage-Woche verbundenen Themen beleuchtet – wie etwa das Arbeitsrecht.

In der Vorbereitungszeit finden auch erste Befragungen durch die Westfälische Wilhelms-Universität Münster rund um Studienleiterin und Professorin Julia Backmann statt. So ermittelt das Forschungsteam Werte vor der Einführung der Vier-Tage-Woche, um sie mit denen nach der Umsetzung der Arbeitszeitreduzierung zu vergleichen. Dies sind etwa Unternehmenswerte für Produktivität, Mitarbeiterzufriedenheit und -gesundheit. Die Forschung findet qualitativ und quantitativ statt. 

In Großbritannien war das Pilotprojekt Vier-Tage-Woche 2022 ein voller Erfolg. Mehr als 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen wollten das Arbeitszeitmodell nach der Testphase beibehalten. Zudem wirkte sich die Arbeitszeitreduktion positiv auf das Wohlergehen der Beschäftigten, deren Work-Life-Balance sowie die Mitarbeiterbindung aus. Produktivität und Performance wurden von den meisten trotz der verringerten Arbeitszeit als gut eingeschätzt. Ob das Pilotprojekt in Deutschland ähnliche Ergebnisse bringen wird, wird sich zeigen.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.