Drückjagd auf Rehwild: Erfolgreich auf Drückeberger

Mit einer angepassten Jagdstrategie lässt sich Rehwild auch im Rahmen von Drückjagden erfolgreich und tierschutzgerecht bejagen.
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01. November 2023
Reh-sichernd-Winter-Wald

Rehwild gehört sicher nicht zu den klassischen Schalenwildarten, die man auf der Drückjagd erlegt. Durch die typische Lebensweise in kleinen Territorien lassen sich Rehe nicht auf großer Fläche treiben oder drücken. Dennoch können sie im Rahmen großer Bewegungsjagden auf anderes Schalenwild wirkungsvoll und dabei waidgerecht als Beifang mitgenommen werden. Auf den Geschmack gekommen, kann das Reh aber auch Zielwildart kleiner Gesellschaftsjagden sein, wenn man ein paar wenige, doch entscheidende Dinge aus dem arteigenen Verhalten bei seiner Jagdplanung berücksichtigt.

Ideal sind für das Reh vermeintliche Deckungsstrukturen in Sitznähe. Dort kann sauber mit robusten und schweren Geschossen gejagt werden, wenn das anlaufende Rehwild auch frei ist.
Ideal sind für das Reh vermeintliche Deckungsstrukturen in Sitznähe. Dort kann sauber mit robusten und schweren Geschossen gejagt werden, wenn das anlaufende Rehwild auch frei ist.

Die Auswahl der Stände ist entscheidend

Drückjagden oder besser Stöberjagden auf Rehwild werden häufig – insbesondere bei den Landesforstbetrieben – mit einer Hundertschaft von Schützen auf einer vergleichsweise geringen Fläche veranstaltet. Sie gelingen meiner Meinung nach weitaus erfolgreicher im kleinen Kreis, dafür aber mit versierten Jägern, die schnell und korrekt ansprechen können und es ebenso im Gespür haben, wann ein flüchtiges Reh für Bruchteile von Sekunden verhofft. Und zwar nur dann macht ein gut platzierter Schuss auch Sinn.

Einfache Asthaufen reichen dem Rehwild aus, um sich dort zu drücken und die Übersicht zu behalten.
Einfache Asthaufen reichen dem Rehwild aus, um sich dort zu drücken und die Übersicht zu behalten.

Flüchtige Rehe verwertbar treffen zu wollen, ist schon fast eine Anmaßung. Es geht nicht, denn im Gegensatz zu den herkömmlichen Drückjagd-Wildarten, die sich fast ausschließlich in einer horizontalen Linie bewegen, zeigen Dam- und Rehwild stets dazu auch vertikale Wellenbewegungen. Die raumgreifende Flucht lässt sich für einen ernsthaften Schuss folglich nicht berechnen. Schlechte Treffer im Rücken, in den Keulen oder Pansen sind Ursache für die Unverwertbarkeit des wertvollen Wildbrets, überdurchschnittlich viele Wildbret- oder Laufschüsse sind die andere Seite der Medaille.

2 Für die Bejagung von Rehwild auf Stöberjagden braucht es fährtenlaute Hunde.Für die Bejagung von Rehwild auf Stöberjagden braucht es fährtenlaute Hunde. Dann wechselt es meist weit vor dem Hund den Schützen an.
2 Für die Bejagung von Rehwild auf Stöberjagden braucht es fährtenlaute Hunde.Für die Bejagung von Rehwild auf Stöberjagden braucht es fährtenlaute Hunde. Dann wechselt es meist weit vor dem Hund den Schützen an.

Optimal stehen die Drückjagdstände in dunklen Beständen, denn angerührtes Rehwild fliegt über Freiflächen, kommt aber fast immer in der nächsten Deckung nach wenigen Metern zum Stehen, damit es sich orientieren, seinen Verfolger orten und taxieren kann. Dort besteht eine reelle Chance, anzusprechen und das Stück sauber zu strecken. Die einzelnen Treiben für reine Rehriegler sollten 100 ha nicht überschreiten. Mit etwa 10–15 erfahrenen Schützen kann die Fläche sorgsam abgestellt werden. Optimal ist es, wenn man dafür natürliche Grenzen wie Wald-Feld-Ränder, Forstgatter oder Ähnliches einplanen kann. Das reduziert den Schützenaufwand merkbar und erhöht für den einen oder anderen Stand an diesen Fluchtwechseln die Chancen, zu Schuss zu kommen.

In Baum- und Altholzbeständen eingesprengte Naturverjüngungskessel sorgen nicht nur dafür, dass aufgemachtes Rehwild diese annimmt und günstig verhofft, sondern beherbergen nicht selten auch Rehe. Hier lohnt es sich, besonders aufmerksam auf jede Bewegung zu achten. Verlässt ein Reh den sicheren Einstand flüchtig vor dem Stöberhund, wird es zwar für den einen Schützen tabu sein, dafür wird es vor einem anderen Stand verhoffen oder nach nicht allzu langer Zeit zurückkehren, denn Rehe „kleben an der Scholle“.

Ziehendes Rehwild kann der unbemerkte Jäger meist durch kurzes Fiepen oder Schrecken zum Verhoffen bringen.
Ziehendes Rehwild kann der unbemerkte Jäger meist durch kurzes Fiepen oder Schrecken zum Verhoffen bringen.

In allen Revieren wird es Gebiete mit wenig Deckungsstruktur geben, wo sich die Rehe schnell in Bewegung bringen lassen, aber auch großflächige und dichte Bereiche. Hier macht es keinen Sinn, mit Gewalt die Rehe aus dem Einstand sprengen zu wollen. Wer jetzt auf klares, frostiges Winterwetter, vielleicht noch mit einer kleinen Schneelage warten kann, wird sich wundern, wie leicht auch in so einem Fall die Rehe zum Laufen zu bringen sind. Gerade die Wetterbedingungen sind bei keiner anderen Wildart so wichtig wie beim Reh. Aus diesem Grund sind spontan angesetzte Jagden in kleiner Runde meist erfolgreicher als lange im Terminkalender festgeschriebene.

Ideale Stände für das Rehdrücken sind dunkle Waldbrücken und Altholzbestände mit genügend inselartiger Verjüngung.
Ideale Stände für das Rehdrücken sind dunkle Waldbrücken und Altholzbestände mit genügend inselartiger Verjüngung.

Jede Form von Drückjagd verlangt nach erfahrenen Jägern, die schnell und sicher ansprechen können und eine saubere Kugel schießen. Es versteht sich daher von selbst, dass Standruhe und erhöhte Aufmerksamkeit oberste Priorität haben, soll die Jagd gelingen. Beides ist über einen längeren Zeitraum extrem anstrengend. Aus dem Grund wählen wir für die einzelnen Treiben einer Stöberjagd maximal eineinhalb Stunden. Das ist ein zeitlicher Rahmen, der sich, ohne zu frieren, selbst im Winter überbrücken lässt und die notwendige Konzentration gewährleistet. Denn nur zu oft bringen die letzten fünf Minuten noch unerwartet Anlauf.

Treiberwehren und Hundemeuten sind bei Rehrieglern und Stöberjagden auf Rehwild absolut fehl am Platz.
Treiberwehren und Hundemeuten sind bei Rehrieglern und Stöberjagden auf Rehwild absolut fehl am Platz.

Auf der Waffe muss der Jäger möglichst über ein Zielfernrohr mit einer variablen Vergrößerung verfügen, denn mit diesem muss er das Rehwild zügig ansprechen können. Die verwendete Munition muss aufgrund von eventuellen Ästchen in der Flugbahn robust, schwer und richtungsstabil sein. Mindestkaliber von 7 mm machen sicher Sinn. Empfindliche Teilzerleger mit minimalen Geschossgewichten haben hier nichts verloren. Das beschossene Wild muss bei allen Formen der Bewegungsjagd liegen oder im Falle einer Nachsuche verlässlich schweißen.

Gerissene und unverwertbare Rehe sind meist das Ergebnis gezäunter Reviere oder einer falschen Hundewahl durch den Jagdleiter und haben nichts mit einer waidgerechten Stöberjagd auf Rehwild gemein.
Gerissene und unverwertbare Rehe sind meist das Ergebnis gezäunter Reviere oder einer falschen Hundewahl durch den Jagdleiter und haben nichts mit einer waidgerechten Stöberjagd auf Rehwild gemein.

Mit leisen Treibern und lauten Hunden

Beim Rehdrücken ist es wenig gewinnbringend, mit Treiberwehren, ausgerichtet in Linie wie bei einer Hasenjagd, zu arbeiten. Abgesehen von dem mehr als zweifelhaften Erfolg des Unterfangens, sind Treibjagden auf Schalenwild außer Sauen mancherorts verboten. Rehe durchschauen insbesondere berechenbare Störungen wie laut und regelmäßig rufende Treiber. Sie drücken sich fest, lassen sich überlaufen oder umschlagen immer wieder sichernd die Störquelle. In Revierteilen mit wenig Deckungsmöglichkeiten dürfen nur ein bis zwei leise hüstelnde Durchgeher die Rehe mobilmachen, sonst fliegen sie nur so durch den Bestand, ohne dass ein Jäger einen Hauch von einer Chance bekommt. Insbesondere in Revieren mit Feldgehölzen hat sich das leise Anrühren bewährt. Vielfach verlassen die Rehe noch nicht einmal den Busch, sondern gewähren den Jägern noch ein bis zwei Runden im Feldgehölz, bevor sie es über das freie Feld verlassen. Stände am Waldrand bringen in diesem Fall wenig Erfolg. Deutlich bessere Chancen kann sich der Jagdleiter erhoffen, wenn er genau weiß, wo die Rehe die nächste Deckung aufsuchen. Dorthin gehört der Sitz, denn nicht selten verhoffen die Rehe, bevor sie in der nächsten Deckung verschwinden, auf gute Schussentfernung vor dem Sitz.

Vielfach stumm jagende „Gebrauchskreuzungen“ sind nicht nur für Rehdrücker ungeeignet.
Vielfach stumm jagende „Gebrauchskreuzungen“ sind nicht nur für Rehdrücker ungeeignet.

In den naturverjüngten Mischwäldern gibt es für die meisten Rehe keinen Grund, die schützende flächige Deckung zu verlassen. Ein Grund, warum Ansitz und Pirsch im Rahmen der Einzeljagd zunehmend weniger Strecke im Verhältnis zur Wilddichte bringen. Das Rehwild hat es nicht nötig, den dichten Einstand, der zudem wertvolle Äsung bietet, zu verlassen. Die momentane Waldsituation kommt dem Rehwild als sogenanntem „Schlüpfertyp“ sehr entgegen. Anders als die großen Schalenwildarten sind Rehe also physiologisch nicht für ausdauernde weite Fluchten „gebaut“ und ermüden vergleichsweise schnell. Zusammen mit der Eigenart, sich bei erkanntem Feind lange am Boden zu drücken, werden vergleichsweise viele Rehe von hochläufigen Hunden gefangen. Insbesondere schnelle Vorstehhunderassen sind hier erfolgreich. Vorhandene Forstzäune oder Überreste davon erleichtern dieses Treiben.

Den Hunden spielen ihre Anlagen, raumgreifend planvoll mit hoher Nase zu suchen und oftmals stumm oder nur sichtlaut zu jagen, den eigenen Erfolg zu. Doch das ist sicher nicht zielführend im Sinne einer waid- und artgerechten Jagd auf Rehwild. Es ist sicher, dass in einer dichten Deckung ein Hund nur so schnell jagen kann, wie seine Nase es zulässt. Doch geben eben gerade beim Einsatz von Vorstehhunden die oben genannten Voraussetzungen bei der Suche und dem Überraschungsmoment den Ausschlag und nicht die fährtentreue Arbeit. In sehr dichten und großen Partien spielen vorgewarnte Rehe aber auch oft Katz und Maus mit Hunden, die keinen ausgeprägten Fährtenwillen haben und schwache Leistungen bei der Spurarbeit bringen. Sie werden die Rehe meist nicht zum Verlassen des Einstands bringen.

Rehwild flüchtet mit unkalkulierbaren Wellenbewegungen in der Vertikalen und Horizontalen. Zudem ist der Wildkörper recht klein. Schlechte Schüsse oder Nachsuchen sind sehr wahrscheinlich beim flüchtigen Schuss.
Rehwild flüchtet mit unkalkulierbaren Wellenbewegungen in der Vertikalen und Horizontalen. Zudem ist der Wildkörper recht klein. Schlechte Schüsse oder Nachsuchen sind sehr wahrscheinlich beim flüchtigen Schuss.

Ganz anders sieht es hingegen bei den für die Stöberjagd auf Rehe geeigneten Jagdhunderassen aus. Sie sollten niederläufig sein und sicher spur- und fährtenlaut jagen, damit das Reh sich nach seinem Verfolger orientieren kann. Das gibt dem Reh scheinbar eine gewisse Sicherheit, da es sich immer wieder in Bezug auf den folgenden Hund einstellen kann. Dazu wird es in der Regel nur über vergleichsweise kurze Distanzen flüchten und regelmäßig verhoffen. Da es das Verhaltensmuster auch in lichten Partien zeigt, ist es abgelenkt und bietet günstige Situationen zum sicheren Schuss. Je langsamer und ausdauernder der erfahrene Stöberhund dabei die Fährte arbeitet, desto vertrauter werden die Rehe unter ständiger lauter Ankündigung den Jäger anwechseln.

Neben dem sicheren Fährtenlaut und einem eisernen Fährtenwillen ist der solo jagende Hund die erste Wahl für einen guten Rehstöberer. Selbstverständlich muss auch er gewissenhaft eingearbeitet und in der Praxis stets gut ausgelastet sein, soll er in seinem Job Höchstleistungen bringen. Vor allem unter den Teckeln, Spanieln, Terriern und Wachtelhunden finden sich häufig Hunde, die das nötige Rüstzeug dafür haben. Aber auch unter den Brackenschlägen kann man vielversprechende Hunde finden, bei denen es sich lohnt, diese speziell für die Stöberjagd auf Rehwild einzuarbeiten.

Für die erfolgreiche Bejagung von Rehwild im Rahmen von Gesellschaftsjagden braucht es versierte Schützen.
Für die erfolgreiche Bejagung von Rehwild im Rahmen von Gesellschaftsjagden braucht es versierte Schützen.

Fazit: Eine gut organisierte Stöberjagd auf Rehwild ist eine effektive Methode, den nach der intensiven herbstlichen Einzeljagd verbliebenen Rehwildabschuss insbesondere beim weiblichen Rehwild noch in kurzer Zeit erfüllen zu können. Hinsichtlich der Freigabe muss dem Rehwild in Bezug auf den Muttertierschutz selbstverständlich das gleiche Recht zuteilwerden wie allen anderen Wildtieren auch. Tierschutz und insbesondere der Muttertierschutz ist weder teil- noch verhandelbar! Die Erlegung der führenden Geiß vor ihren Kitzen darf auch unter dem Vorzeichen und Druck eines hohen Abschusssolls kein Diskussionspunkt sein.

Treibjagd auf Schalenwild: Grauzone des Bayerischen Jagdgesetzes

Nach Artikel 29 Absatz 2 des Bayerischen Jagdgesetzes (BayJG), der in Ergänzung zu § 19 des Bundesjagdgesetzes die Sachlichen Verbote regelt, ist es unter Punkt 4 verboten, Jagden auf Schalenwild als Treibjagd auszuüben. Ausgenommen von dieser Regelung ist Schwarzwild. Als Treibjagden sind in Art. 30 des BayJG Jagden definiert, an denen neben Schützen mehr als vier Personen als Treiber und Abwehrer teilnehmen. Um nicht gegen das Sachliche Verbot zu verstoßen, werden mittlerweile bei einigen Jagden Reviere aufgeteilt und mehrere Jagdleiter eingesetzt. So handelt es sich pro Jagdleiter um jeweils eine Jagd, und es können bei jeder vier Treiber eingesetzt werden, da diese quasi unabhängig voneinander agieren. Dass dieses Vorgehen in einer rechtlichen Grauzone im Sinne des Gesetzgebers ist, darf angezweifelt werden. Eine Anpassung in die eine oder die andere Richtung wäre sicherlich sinnvoll, um Klarheit zu schaffen. Rasso Walch

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