Hundeprüfung: Das müssen Jagdhunde bei der VJP leisten

Im Frühjahr steht für viele Vorstehhunde die Jugendprüfung an. Unser Autor erklärt, was die Hunde für die Prüfung können müssen.
Sebastian Duschner
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13. März 2024
Deutsch-Drahthaar-vorstehen

Die Anlageprüfungen unserer Vorstehhunde stehen vor der Tür. Sie sind elementar für die Zuchtlenkung der Rassen und wichtigster Hinweisgeber für die Züchter. Um eine hohe Aussagekraft über die Nachzuchten zu erhalten, sollten daher möglichst alle Junghunde auf diesen Prüfungen vorgestellt werden. Viele von unseren Altvorderen vertraten die Ansicht, die Junghunde müssten „roh“ auf einer Prüfung vorgestellt werden, nur so könne man ihre eigentliche Anlage ehrlich beurteilen. Mittlerweile wissen wir, Anlagen können und müssen geweckt und gefördert werden. Nur so kann das volle Potential bei unseren Jagdhunden ausgeschöpft werden.

Im folgenden Beitrag möchte ich auf die einzelnen Anforderungen der Prüfungsfächer der VJP kurz eingehen sowie einige Hinweise auf die Vorbereitung geben. Die Hinweise auf die jeweiligen Anlagenfächer sind nur ein kleiner Überblick. Detaillierte Schilderungen füllen ganze Bücher und würden den Rahmen des Artikels schnell sprengen. Mein oberstes Ausbildungsziel ist, die Junghunde systematisch an die einzelnen Anlagenfächer heranzuführen und sie auf die unterschiedlichen Arbeiten einzustellen.

Hasenspur: Bei der Spurarbeit werden vorrangig der Spurwille und die Spursicherheit des Hundes auf der Spur des Hasen oder Fuchses geprüft. Spurwille zeigt, wie der Hund sich auf die Spur einstellt und diese voranbringen möchte. Gerade bei wechselnden Bodenbeschaffenheiten und schwierigen (Wetter-)Bedingungen zeigt sich der Wille des Hundes der Spur zu folgen. Spursicherheit erkennen wir insbesondere daran, wie der Jagdhund seinen Spurwillen beherrscht und durch angepasste Arbeitsweise, der Schwierigkeit entsprechend, die Spur sicher ausarbeitet. Bei der Spurarbeit wird zusätzlich die Art des Jagens, der Laut, festgestellt.

Beim Ansetzen auf der Hasenspur darf der Hundeführer seinen Hund 30 m an einer Ablaufleine begleiten.
Beim Ansetzen auf der Hasenspur darf der Hundeführer seinen Hund 30 m an einer Ablaufleine begleiten.

Die ersten Spuren sollten auf einem einfachen Untergrund gearbeitet werden. Der Idealfall ist, wenn der junge Hund bei den ersten Spurarbeiten den Hasen auf der Spur sticht und er so zum ersten Erfolg kommt. Ein Erlebnis, das er nicht wieder vergisst! Man kann nicht pauschal angeben, wie viele Spuren während der Vorbereitung gemacht werden sollten, bis der gewünschte Lerneffekt eintritt. Ratsam ist es, Spuren auf verschiedenen Bewüchsen und, falls möglich, auch bei unterschiedlicher Bodenfeuchte und unterschiedlichen Witterungsbedingungen zu üben.

Hasenspuren an der Feldleine

Neben „freien“ Spuren arbeite ich mit den Jährlingen Hasenspuren an der Feldleine. Dies fördert die Konzentration und auch die Passion. Gerade bei schwierigen Bedingungen wie z. B. einem trockenen nichtbewachsenen Acker kann der Hund unterstützt und korrigiert werden. Wichtig ist, dass man den Spurverlauf sehr genau kennt.

Die Spurarbeit wird auf der Spur des Hasen oder Fuchses geprüft.
Die Spurarbeit wird auf der Spur des Hasen oder Fuchses geprüft.

Beim Ansetzen des Hundes auf der Spur darf der Hundeführer grundsätzlich seinen Hund 30 m an einer Ablaufleine begleiten. Ob ich mit Ablaufleine oder durch kurze freie Suche zur Spur bzw. Sasse ansuchen lasse, mache ich vom Hund abhängig. Für Vierläufer, denen es an Konzentrationsfähigkeit mangelt, ist ein Ansetzen mit Ablaufleine meist von Vorteil. Bei freiem Ansuchen kann sich bei Gegen- oder Seitenwind zusätzlich eine Vorstehleistung an der Spur oder Sasse ergeben. Diese Methode ist praxisnäher und bietet sich vor allem an, wenn der Anfang der Hasenspur nicht genau bekannt ist. Egal welche der beiden Ansetzmethoden schlussendlich angewandt wird, der Jagdhund sollte sie in der Ausbildung und Vorbereitung beide kennengelernt haben.

Bewertung bei der VJP: Das 12-Punkte-System

Benotet werden die gezeigten Arbeiten des Hundes in einem 12-Punkte-System. Die Höchstpunktzahl „12“ gibt es nur in den Anlagefächern Hasenspur und Nasengebrauch, die zudem doppelt gewichtet werden. Suche, Vorstehen und Führigkeit werden nur einfach gewichtet und „11“ ist die höchste Bewertung. Die Prädikate lauten:

  • hervorragend – 12 Punkte – außergewöhnliche Veranlagung
  • sehr gut – 9-11 Punkte – sehr gute Veranlagung
  • gut – 6-8 Punkte – gute Veranlagung
  • genügend – 3-5 Punkte – genügende Veranlagung
  • nicht genügend – 0-2 Punkte – nicht genügende Veranlagung

Nasengebrauch und Suche: Ein feinnasiger Vorstehhund im Feld mit einer raumgreifenden Suche, weitem Sprung und ausdrucksstarken Manieren an Feldhühnern – ein absolut faszinierendes Schauspiel! Durch Ausnutzen des Windes, sich in diesen drehend und mit angepasster Kopfhaltung zeigt der Hund bei der Suche, wie konzentriert er seine Nase gebraucht, um Wild zu finden. Von diesem beschriebenen Finderwillen soll die Suche geprägt sein. Ausdauernd, flott und raumgreifend, dem Gelände und der Bewuchshöhe angepasst – eine Planmäßigkeit der Suche wird bei der VJP noch nicht vorausgesetzt. Den beschriebenen Suchenstil erkennt nur der erfahrene, hundeführende Niederwildjäger.

„Ich habe heute damit angefangen die Suche zu üben!“, erzählte mir mal ein hochmotivierter Erstlingsführer, der in einem Revier mit kaum vorhandenem Niederwild jagt und dessen Hund noch keinen Kontakt mit Federwild hatte. Aus meiner Sicht ist dies ein grundlegend falscher Ansatz: Der Junghund lernt nicht das Suchen, er lernt das Rennen! Wie ein Zirkuspferd stürmt er, von seinem Führer unterstützt, über den Acker. Den bewussten Nasengebrauch (wie beschrieben), den unbändigen Willen Wild zu finden, fördert diese Vorgehensweise nicht.

Die Suche ist kein zielloses Rumgerenne, sondern sollte vom Willen geprägt sein, Wild zu finden.
Die Suche ist kein zielloses Rumgerenne, sondern sollte vom Willen geprägt sein, Wild zu finden.

Ich beginne mit den eigentlichen Suchengängen erst, wenn das Vorstehen gefestigt ist. Steht der Hund aus einer kurzen Suche fest vor, vergrößere ich die Distanz zum Wild und somit die Suchendauer. Dies kann man sowohl an ausgesetztem Wild (wo erlaubt), am Taubenwerfer als auch an echtem Wild praktizieren. So lernt der Jagdhelfer, dass er immer, wenn er zur Suche geschnallt wird, Wild findet. Der so durch positive Erfolgserlebnisse geprägte Hund wird nach wenigen Übungseinheiten unter Ausnutzung des Windes und mit dem Gebrauch seiner Nase das ihm zugewiesene Feld absuchen.

Schussfestigkeit: Während des Prüfungstages wird bei einem Suchengang die Schussfestigkeit getestet. Der Hundeführer gibt auf Anweisung eines Verbandsrichters zwei Schrotschüsse in einem Abstand von mindestens 20 Sekunden ab, während denen der Hund unbeeindruckt weitersuchen soll. Um dies prüfen zu können, ist es wichtig, dass der Junghund sich vom Führer löst und einen Schuss vorher nicht negativ verknüpft hat. Von Schießstandbesuchen mit dem Welpen, dem Mitnehmen auf den Hochsitz bei einer Erlegung oder zu einem Feuerwerk ist zur Gewöhnung abzuraten – der Hund wird sich schwertun, den Schuss in diesem Zusammenhang positiv bzw. mit Beute zu verknüpfen. Besser ist es bspw. im Spätwinter sichtig vor dem Hund eine Taube oder Krähe zu erlegen.

Um die Schussfestigkeit des Hundes prüfen zu können, muss dieser sich vom Führer lösen.
Um die Schussfestigkeit des Hundes prüfen zu können, muss dieser sich vom Führer lösen.

Der Weg zum Ziel: Systematische Vorbereitung

  • Einarbeitung im Down: Mitte Februar fertig
  • Förderung und Festigung der Vorstehanlage
  • Chronologischer Aufbau der Suche: Regelmäßiges Finden von Wild (z. B. im Taubenwerfer) mit Vorstehen/ Distanzen zum Wild und Dauer der Suchengänge vergrößern/ verschiedene Bewuchshöhen, verschiedene Bewüchse arbeiten
  • Hasenspuren: Beginnend am Riemen/ einfacher Bewuchs – geringe Schwierigkeit/ Schwierigkeiten (Bewüchse, Wetterkonditionen, Tageszeiten) variieren

Gehorsam ist immer das A und O

Um einen triebstarken Hund auf Prüfung vorzustellen, bedarf es eines guten Grundgehorsams. Leider ist auf Prüfungen und vor allem im anschließenden Jagdbetrieb festzustellen, dass der Gehorsam des Öfteren mangelhaft ist. Für eine gute Vorstellung des jungen Vorstehhundes auf der Frühjahrsprüfung ist dieser aber nötig, damit er seine Anlagen bestmöglich zeigen kann.

Feststellungen zu besonderen Verhaltensweisen und körperlichen Mängeln: Bei allen Anlageprüfungen werden körperliche Eigenschaften sowie Wesensfeststellungen festgehalten. Bei der Zahnkontrolle soll sich der Hund setzen und in den Fang schauen lassen. Dies sollte man im Vorfeld üben, damit die Kontrolle der Zähne keine Schwierigkeiten bereitet. Zudem wird eine Identitätskontrolle durch Auslesen des Chips durchgeführt, die Augen werden begutachtet sowie weitere grobe körperliche Mängel dokumentiert. Das Wesen wird während des gesamten Prüfungsverlaufs beurteilt. Gerade der Anblick von Wild oder von anderen arbeitenden Hunden versetzt die Junghunde in einen Erregungszustand. Hierauf sollte man sie durch gemeinsames Training in Übungsgruppen bzw. Vorbereitungslehrgängen vorbereiten. Sämtliche Anforderungen der Verbandsjugendprüfung kann und sollte der Hundeführer in der Prüfungsordnung des Jagdgebrauchshundverbandes (VZPO) nachlesen.

Im Rahmen der VJP muss der Hund auch eine Zahnkontrolle durch die Richter erdulden.
Im Rahmen der VJP muss der Hund auch eine Zahnkontrolle durch die Richter erdulden.

Keine Sportveranstaltung! – Kommentar von Sebastian Duschner

Für die Jagdgebrauchshundezucht geben die Ergebnisse der Anlagenprüfungen wichtige Aussagewerte und Informationen. Ziel bei der VJP muss es daher sein, dass die tatsächliche Ausprägung der geprüften Anlagen eines Jagdhundes im Prüfungszeugnis widergespiegelt werden. Aufgabe der Verbandsrichter ist es, den Hunden so viele Möglichkeiten zu bieten, bis sie sich zweifelsfrei von den jeweiligen angewölften Anlagen überzeugen konnten. Nur realistische, den natürlichen Anlagen entsprechende Prüfungsergebnisse lassen einen Schluss auf die mögliche Vererbung zu. Anlagenprüfungen sind also kein Selbstzweck und keine Sportveranstaltung! Sie sind eine Abbildung der an dem Prüfungstag gezeigten Leistungen des jungen Jagdhundes. Ein Hund mit 63 Punkten kann durchweg sehr gute Anlagen (9 Punkte) gezeigt haben. Wie bei uns Meschen ist auch nicht jeder Hund in allen Bereichen höchstveranlagt. Ergebnislisten mit durchweg Höchstpunktzahlen sind schlicht unrealistisch und schaden der Sache – der Jagdgebrauchshundezucht! Die Anlagen der Junghunde bestmöglich zu fördern und zu festigen, ist die Kunst und Aufgabe des Hundeführers.

Sebastian Duschner
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13. März 2024
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