Eklat um Erlegerbilder: Braucht es solche Fotos von der Jagd?

Aktuell sorgt ein Posting in den Sozialen Medien für Furore: Ex-Eintracht-Verteidiger Martin Hinteregger posiert mit seinem erlegten Rehbock. Ob es Erlegerbilder braucht, darüber gehen die Meinungen auch in der Redaktion auseinander. Leonie Engels und Johannes Schlereth vertreten hier unterschiedliche Ansichten.
Johannes Schlereth, Leonie Engels
|
25. Juli 2023
Um Erlegerbilder tobt derzeit eine hitzige Debatte.
Um Erlegerbilder tobt derzeit eine hitzige Debatte.

Jagd ist durch die sozialen Medien so öffentlich wie selten. Das sorgt bisweilen für wütende Kommentare unter Erlegerfotos. Aktuelles Beispiel: Der Ex-Eintrachtler Martin Hinteregger posierte mit einem erlegten Rehbock, was eine Debatte über Erlegerfotos in der Redaktion entfachte. 

Johannes Schlereth: Jagd und deren Darstellungen sind so alt wie der Mensch

Bilder von Menschen auf der Jagd – sie zeugen in den Höhlen von Lascaux davon, wie sich unsere Vorfahren den Kontinent vor rund 45.000 Jahren untertan machten. Zeit genug, dass sich die Jagd – respektive deren Darstellung – seit dem ersten Pinselstrich an der Höhlenwand etabliert haben sollte, möchte man meinen. Fehlanzeige. 

Unsere Höhlenwände haben wir längst mit der Facebook-Timeline und dem Instagramfeed getauscht. Plötzlich sind eine Lebenseinstellung und Leidenschaft öffentlich sichtbar, die so gar nicht dem Zeitgeist zu entsprechen scheinen. Denn: Der Tod eines Tieres ist für viele aus der eigenen Filterblase outgesourct. Das Spannungsfeld entlädt sich dann als Gewitter in den Kommentarspalten. Aber woran liegt das? Klar, da ist die Naturverfremdung in weiten Teilen der urbanen Bevölkerung. Aber schmerzhafter ist, dass die Antwort auf die Frage auch in den eigenen Reihen zu suchen ist. 

Die Jagdverbände haben in den vergangenen Jahren einiges angegangen. Aber in Sachen Öffentlichkeitsarbeit haben sie die Zeitenwende verschlafen. Ausbaden darf den Verbands-Barbarossa-Schlaf nun der Jäger im Netz. Und wie in Rückerts Gedicht über den Stauferkaiser, scheint man weiterschlafen zu wollen. Dass tote Tiere Teil der Realität sind, ist längst nicht mehr der Normzustand. Zumindest gilt das bei den Jägern. Beim Angler ist das anders.

Shitstorms müssen sich die Petrijünger nach erfolgreichem Beutezug und anschließendem Posting selten stellen. Indes versteckt man sich im Waidwerk weiter hinter der Devise „Was im Wald passiert, bleibt im Wald“. Bloß nicht anecken. Ein PR-Trauerspiel vom Feinsten. Harmonie- und Diplomatiebedürfnis kollidieren mit der Realität. Für uns Jäger bleibt da nur eines: Zeigen, was wir machen. Natur erleb- und begreifbar machen – etwa durch Waldbesuche mit Kindergärten und Schulen. Durch gesellschaftliches Engagement – etwa das Stiften von Wildbret an Tafeln. Und all das realitätsnah. Echt. Menschlich. Mit Respekt vor dem Wilden und ja – auch mit gut gemachten Erlegerbildern.

Braucht es Erlegerbilder?

Ja, das ist Teil der Jagd!
66% (2570 Stimmen)
Nein, Erlegerbilder braucht es nicht.
34% (1312 Stimmen)
Anzahl aller Stimmen: 3882

Leonie Engels: Erlegerbilder haben keine Botschaft mit Mehrwert!

Bilder sind die Sprache der Neuzeit. Nichts ist so eindrucksvoll wie hochwertige Fotos und Videos von Wildtieren in ihrer natürlichen Umgebung. Besonders in den sozialen Medien liegt der Fokus auf visuellen Inhalten. Wir Jäger sollten uns daher bewusst machen, dass unsere Inhalte auch immer die nichtjagende Öffentlichkeit erreichen. Auch wenn wir selbst mit Erlegerbildern das eigene Jagderlebnis und damit (meistens) positive Emotionen verbinden, beschränken wir dadurch die Sicht der Öffentlichkeit nur auf das Töten von Tieren.

Die Aufnahmen suggerieren dem Betrachter den Triumph über das tote Tier. Dieser Inhalt ist in der breiten Gesellschaft wohl kaum vermittelbar und schürt nur unnötig Wut, Hass und Bestürzung. Emotionen kurbeln die Interaktionsfrequenz an, welche letztendlich dem Algorithmus signalisiert, dass dieser Inhalt Relevanz hat. Nicht ohne Grund stellt Google den Begriff Jäger mit Mörder und Psychopath gleich. Und so wollen wir doch nicht wahrgenommen werden, oder? 

Auch wenn die Erlegerbilder mit weniger Emotionen betrachtet werden, zeigen sie der breiten Öffentlichkeit doch eigentlich nur, was schon jeder weiß – bei der Jagd werden Wildtiere erlegt. Auch inszenierte Erlegerfotos, die innerhalb der Jägerschaft als schön wahrgenommen werden, spielen in der Öffentlichkeit keine Rolle. Für Nichtjäger gibt es schlichtweg keine ästhetischen Erlegerbilder. 

Die Jagd hat sich im Laufe der Zeit geändert, dennoch trägt sie in der Öffentlichkeit immer noch das verstaubte Image, welches nur aus dem Töten und Aneignen von wehrlosen Tieren besteht. Bestärkt wird das ganze durch Erlegerbilder. Dabei hat die Jagd so viele Facetten, die in der Öffentlichkeit als positiv wahrgenommen werden können – eine ehrliche und authentische Darstellung der Jagd mit den Kernaspekten der Nachhaltigkeit, dem Schutz von Natur und Tier und deren gesellschaftlicher Bedeutung sollte unser aller Ziel sein. Denn ob wir es wollen oder nicht, im Internet sind wir alle Botschafter der Jagd.

Johannes Schlereth, Leonie Engels
|
25. Juli 2023
Weitere Funktionen
Zu den Themen