Gemälde von Johannes Calvin

Martin Luther

Johannes Calvin

Johannes Calvin (1509-1564) gehörte zu den wichtigsten Kritikern der katholischen Kirche in Europa und war der Begründer des Calvinismus. Ähnlich wie Martin Luther wollte er die Kirche reformieren und prägte mit seinen Ideen und Lehren das Wesen Europas.

Von Jessica Becker

Calvin und die Reformation

Geboren wurde Calvin in Frankreich, doch das Zentrum seines Schaffens lag in der Schweiz, genauer gesagt in Genf. Hier verbrachte Calvin einen großen Teil seines Lebens. Sein Einfluss reichte jedoch weit über die Grenzen der Schweiz hinaus.

So fand seine Lehre Anklang in westlichen und nordwestlichen Regionen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen, in Schottland und Ungarn, in seiner Heimat Frankreich und vor allem in den Niederlanden.

Aufschrift auf einem Zugwagon "Reformations Jubiläum 2017". Daneben die Bilder der Reformatoren Johannes Hus, Martin Luther und Johannes Calvin.

Johannes Calvin (ganz links) war einer der großen Reformatoren Europas

In Deutschland ist Calvin weniger bekannt als sein "Mit-Reformator" Martin Luther. Der hatte 1517 mit dem Anschlag seiner 95 Thesen gegen den Ablasshandel der katholischen Kirche den Stein der Reformation erst ins Rollen gebracht.

Zwischen Calvin und Luther gibt es viele Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel lehnten beide den Ablasshandel der katholischen Kirche ab, genau wie die Tradition der Heiligenverehrung und die Vorstellung, dass die Kirche als Vermittler zwischen Gott und den Menschen steht.

Calvin war mehr als 20 Jahre jünger als Luther. Zwar haben sich die beiden nie persönlich getroffen – doch die Lehren des jeweils anderen haben beide aufmerksam beobachtet und größtenteils wohlwollend zur Kenntnis genommen.

Historischer Stich von Luther und Calvin

Luther und Calvin sind sich in Wirklichkeit nie begegnet

Unterschiede zwischen Luther und Calvin

Bei allen Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die Ideen von Johannes Calvin und Martin Luther in einigen zentralen Punkten. Auch deshalb gibt es heute nicht eine einheitliche evangelische Kirche, sondern eine lutherische und eine reformierte.

Luthers Vorstellung des Abendmahls zum Beispiel erinnert stark an die der katholischen Kirche. Demnach verwandeln sich während der Abendmahlsfeier das Brot in den Leib und der Wein in das Blut von Jesus Christus. Hier liegt der wichtige Unterschied zu Calvin: Er lehrte, Jesus Christus sei beim Abendmahl in Brot und Wein nicht leiblich präsent, wohl aber in Form des Heiligen Geistes, der die Gläubigen beim Brechen des Brotes vereint.

Auch im Bezug auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat haben die beiden unterschiedliche Ideen. So spricht Luther von zwei Reichen – einem weltlichen Reich, in dem es eine Obrigkeit gibt, und einem Reich Gottes, in dem jede Hierarchie fehlt.

Laut Calvin dagegen haben die weltliche und die kirchliche Obrigkeit die gleiche Aufgabe: nämlich die göttliche Ordnung aufrecht zu erhalten und die sogenannte "Kirchenzucht" durchzusetzen. Diese Kirchenzucht ist ein wichtiges Element der Calvin'schen Auffassung von Kirche.

Für einen Konfirmationsgottesdienst ist der Altar vorbereitet: Kerzen brennen, die Bibel ist aufgeschlagen, das Geschirr für das Abendmahl steht bereit

Das Abendmahl wird noch heute nach den Vorstellungen Calvins begangen

Der Calvinismus und die Vorherbestimmung des Menschen

Das vielleicht berühmteste Element aus Calvins Auffassungen über die Kirche ist die so genannte "doppelte Prädestination", zu deutsch: zweifache Vorherbestimmung.

Calvin geht davon aus, dass das Schicksal eines jeden Menschen von Anfang an vorherbestimmt ist – und zwar durch Gott. Das Handeln des Menschen habe keinen Einfluss darauf, ob er nach seinem Tod in den Himmel oder die Hölle komme.

Diese Haltung widerspricht der katholischen Auffassung, wonach der Mensch durch sein eigenes Handeln sein Schicksal beeinflussen kann, zum Beispiel durch den Erwerb von Ablassbriefen.

Calvin sieht das Schicksal eines Menschen als vollkommen unabhängig von seinem Handeln an. Er glaubt, dass sich schon zu Lebzeiten zeigt, wen Gott erwählt hat und wen nicht. Jeder Mensch könne daher schon zu Lebzeiten erkennen, ob er nach seinem Tod in den Himmel kommt – nämlich an seinem Erfolg auf der Erde.

Calvins Schriften und zentrale Prinzipien sind oft interpretiert worden – zum Teil auf sehr unterschiedliche Weise. Fest steht jedoch, dass sein Werk einen entscheidenden Beitrag zur Reformation in Europa geleistet hat und so bis heute weiterwirkt.

Das Gemälde zeigt einen reformierten Gottesdienst in Lyon, Mitte des 16. Jahrhundert. In der Mittel die Kanzel mit dem Pastor, darum stehen Holzbänke, auf denen Gläubige sitzen.

Kreuze und Heiligenbilder fehlen in der reformierten Kirche

(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 30.06.2021)

Quelle: WDR

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