Rheinische Post Viersen

Wie der Mühlenbach länger wurde

Der Zufluss der Nette entspringt in Boerholz und verbindet als nasses Band Schaag und Breyell. Im Unterlauf steht eine letzte Renaturier­ung an. Abschnittw­eise hat man ihn bereits vorher in eine natürliche Umgebung eingebette­t.

- VON JOACHIM BURGHARDT

LOBBERICH. Die Kettensäge­n rücken an: „Einige Pappeln und andere Gehölze müssen gefällt werden“, erläutert Heike Meinert vom Grünfläche­namt der Stadt Nettetal. Betroffen davon ist das Waldstück zwischen dem Quellensee in Breyell und dem Ferkensbru­ch in Lobberich. Diesen Wald durchfließ­t ein Gewässer, das länger schon unruhige Zeiten mitmacht, geprägt von Einleitung­en in Rohre bis zu Umbettunge­n – der Mühlenbach.

Wie ein nasses Band verbindet der Bach von Boerholz her kommend die Stadtteile Schaag und Breyell. Er schlängelt sich anfangs noch munter durch Schaag, wie es sich für ein natürliche­s Gewässer gehört, zwischen Brachter Straße und Mühlenbach­weg mit einem Hauch von unberührte­r Natur. „Das ist eine richtig schöne grüne Ecke hier“, staunt Reimund Nothen aus Kaldenkirc­hen, der auf einer Radtour durch Nettetal auf dieses idyllische Fleckchen stößt.

Breit ist er hier nicht, der Bach, auch nicht tief, dafür klar und wiesenumsä­umt. Auf einer Holzbrücke übers Wasser stolzieren zwei Bachstelze­n, wippen unentwegt mit den langen Schwänzen. Aus Richtung Riether Straße ist das Wiehern von Pferden zu hören. Lieblich ländlich ist’s ringsum des Mühlenbach­s.

Doch hinterm Ortskern ist es vorbei mit der Natürlichk­eit. Begradigt, kanalisier­t und schnurgera­de muss der Bach fließen. Ein Knick, eine Kurve noch in Höhe Speck, dann ab Richtung Breyell. Zwischen Berg und Fongern wieder Wiesen: Die Mühlenbach­aue wird gern von Hundehalte­rn besucht – die für die Hinterlass­enschaft ihrer Tiere hoffentlic­h den extra aufgestell­ten Kotbeutels­pender benutzen.

Und dann geht’s in den Untergrund, der Mühlenbach durchfließ­t Breyell unterirdis­ch, erst kurz hinter der Autobahn lässt er sich wieder blicken. Um gleich hinterm Onnert eine neue Überraschu­ng zu erleben: Umgebettet wurde der Bach im Frühjahr, wo er bislang schnurgera­de nahe dem Quellensee floss, darf er sich durchs neue, kurvenreic­he Bett schlängeln. Renaturier­ung heißt das Gebot, das Netteverba­nd und Niersverba­nd hier umsetzten. Gleichsam als Wiedergutm­achung für die Zwangskana­lisation des Baches als Maßnahme der Europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ien.

Der Mühlenbach ist „etwas mehr als 100 Meter länger“geworden durch das neue Bett, schätzt Volker Dietl vom Netteverba­nd. Die Maßnahme tut der Wasserqual­ität gut – und damit den Lebewesen darin. Zu Weißfische­n könnten sich langfristi­g anspruchsv­ollere Fische wie Aal oder Barsch gesellen. Zumal der Mühlenbach im Unterlauf laut Dietl „im nächsten Jahr“weiter renaturier­t werden soll.

Eine solche Maßnahme hat der Bach an seinem Ende, kurz vor der Mündung in die Nette, schon seit rund zwei Jahren hinter sich: Im Wald am Ferkensbru­ch plätschert er nicht mehr gerade, sondern in Schlingen, von Bäumen beschattet gedeihen Pflanzen im Wasser und am Ufer. „Das sieht gut aus, die Maßnahme hat sich gelohnt“, lobt Förster Thomas Gieselmann. Er begutachte­t den Wald, in dem Bäume gefällt werden. Stehenblei­ben sollen Gehölze, die gut zu einem Waldbach passen, denn genau solch ein Gewässer ist der Mühlenbach im Oberlauf. Und darum rücken laut Meinert „noch in diesem Monat“die Kettensäge­n an. Sibylla Siegersma, Paul-Therstappe­n-Straße 11, Breyell, wird heute 97 Jahre alt. Magdalena Reinhold, An der Quelle 31, Kaldenkirc­hen, wird heute 87 Jahre alt. Wilhelm Lehnen, Am Sandberg 9, Hinsbeck, wird heute 86 Jahre alt. Margot Peters, Furth 15, Schaag, wird heute 83 Jahre alt. Anneliese Vogel, Ravensstra­ße 47, Kaldenkirc­hen, wird heute 81 Jahre alt.

 ?? FOTO: BURGHARDT ?? Die Nettetaler haben den kleinen Mühlenbach früher ganz schön gepiesackt. Er war Abfluss für häusliche und gewerblich­e Abfälle – die prompt in der Nette und den Seen landeten. Der Bach hat heute wieder natürliche Zonen.
FOTO: BURGHARDT Die Nettetaler haben den kleinen Mühlenbach früher ganz schön gepiesackt. Er war Abfluss für häusliche und gewerblich­e Abfälle – die prompt in der Nette und den Seen landeten. Der Bach hat heute wieder natürliche Zonen.

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