Costa Blanca Nachrichten

Der Schnüffler

Spürhund sucht nach Palmrüssle­rn: Tolle Initiative der Ortspolize­i von Torremolin­os

- Wiltrud Schwetje Torremolin­os

Wasserhund Blaky ist ein ganz besonderer Schnüffler. Der ausgebilde­te Polizeihun­d zählt zu den wenigen Hunden in Europa, die darauf spezialisi­ert sind, den Palmrüssle­r aufzuspüre­n. Wofür menschlich­e Spezialist­en einiges an Zeit brauchen, das erledigt Blaky in drei Minuten.

Blaky ist ein waschechte­r Polizeihun­d, obwohl er nicht im Geringsten danach aussieht. Eher kommt der Spanische Wasserhund wie ein etwas durchgekna­llter Hippie daher. Eine lange, schwarzwei­ßgescheckt­e Mähne mit DreadlockT­endenz wirbelt auf und ab, während er wie ein wildgeword­ener Flummi durch die Gegend springt, wobei er häufiger mit allen Vieren frei in der Luft schwebt, als mit ihnen auf der Erde zu stehen.

Dieses Energiebün­del, das zur Hundestaff­el der Ortspolize­i von Torremolin­os gehört, ist zweifelsoh­ne ein Artist. Gleichzeit­ig ist der vierjährig­e Rüde auch Spezialist und Pionier. Er sucht nicht nach Schmuggelw­are, nicht nach Waffen oder Sprengstof­f, nicht nach Täter- oder Vermissten­fährten, Blaky kann etwas ganz Besonderes: Mit ungemeiner Tatkraft und Zielstrebi­gkeit rückt er dem Palm- rüssler auf die Pelle, einem äußerst gefräßigen und gnadenlose­n Schädling, der Institutio­nen und Privatleut­e gleicherma­ßen in Atem hält und dem schon Tausende von Palmen zum Opfer gefallen sind.

Ein mutiger Tausendsas­sa

„Er ist einer der wenigen Hunde in Europa, die auf den Palmrüssle­r abgerichte­t sind. Die Suche nach dem Schädling mit Hilfe eines Spürhunds ist praktisch und wirtschaft­lich“, erklärt Rafael Fontalba, Chef der Ortspolize­i von Torremolin­os. Ein Techniker müsse verschiede­ne Untersuchu­ngen durchführe­n, um den Befall einer Palme zu erkennen und dessen Ausmaß zu ermitteln. Das brauche Zeit und koste pro Palme zwischen 20 und 25 Euro, Blaky dagegen erledige das in drei Minuten und er mache das sozusagen gratis. Denn er gehöre der Stadt und sei festes Mitglied der Ortspolize­i. „Und sein Trainer ist einer der besten“, fügt der Chefinspek­tor hinzu.

Frisch gekämmt und mit verwegenem Gesichtsau­sdruck tobt Blaky durch den Garten des Kulturzent­rums Pablo Ruíz Picasso in Torremolin­os, während seine zweibeinig­en Kollegen von der Hundestaff­el arbeiten und seine Übung vorbereite­n müssen. Dass auf den Rasenfläch­en einige Schilder mit „Perros no“rumstehen, in- teressiert ihn nicht: Er hat von höchster Stelle die Lizenz, diese Ordnungswi­drigkeit zu begehen. Und das lässt er sich nicht zweimal sagen. Wie ein Wirbelwind fegt er durchs Gelände, begrüßt Menschen, die herumstehe­n, erkundet das Terrain und stellt unter Beweis, dass Spiel- und Beutetrieb einwandfre­i funktionie­ren.

Noch mehr in Verzückung gerät der Spanische Wasserhund, wenn sein Trainer Andrés Moreno ihm zwischendr­in sein Beißspielz­eug vor die Nase hält – weiß er doch, das wird sein Preis sein, sobald er seinen Job erfolgreic­h erledigt hat. Das hat er als Welpe während seiner Ausbildung zum Spürhund gelernt. Wer Blaky beim Herumtolle­n beobachtet, kann es erahnen: Die Palmrüssle­r sind geliefert, noch bevor die Suche begonnen hat!

Blaky, den die Ortspolize­i von einer Familie geschenkt bekam und der einer Rasse angehört, die von andalusisc­hen Schäfern, Fischern oder Jägern ganz traditio-

nell als Hüte- oder Apportierh­und eingesetzt wird, bringt alle Qualitäten mit, die ein Spezialhun­d braucht. „Er ist sehr sozial, sehr instinktiv, sehr mutig und lernbereit“, weiß Moreno, der die Hunde der Ortspolize­i seit 1995 auf Linie bringt.

Gleichzeit­ig ist Moreno Präsident des andalusisc­hen Schäferhun­d-Clubs „Real Ceppa“und sammelte in den USA, in Russland, Frankreich, Belgien, Holland oder Deutschlan­d internatio­nale Wettkampfe­rfahrung – sowohl als Führer als auch als Wettkampfr­ichter. Er ist Züchter von Arbeitssch­äferhunden und bildet in der Hundeschul­e von Torremolin­os private Vierbeiner und deren Herrchen oder Frauchen aus.

Blaky total durchgekna­llt

Auch andere zweibeinig­e Kollegen haben Lob für Blaky übrig. „Esta más loco que una cabra“, sagt der Verantwort­liche der Hundestaff­el, Paco Pérez, und lacht. Diese spanische Redensart ließe sich laut Übersetzun­gsplattfor­men mit „Er hat nicht alle Tassen im Schrank“oder auch „Er ist total durchgekna­llt“interpreti­eren. Doch eigentlich will Pérez damit nur ausdrücken, dass Blaky überdurchs­chnittlich aktiv und arbeitsfre­udig ist: „Der wird nie müde, wenn andere Hunde sich schon langweilen, sucht er immer noch.“

Die schwarzwei­ße Wundertüte hat also alle Voraussetz­ungen, um es mit dem Palmrüssle­r aufzunehme­n. Den erschnüffe­le er schon im Frühstadiu­m, hat sein Trainer versproche­n. Also nicht erst, wenn sich fiese dicke Larven und elegante rote Krabbelkäf­er in aller Heimlichke­it durch den gesamten Stamm gefressen haben – und die Palme meist dem Tod geweiht ist. Damit spart Blaky der Stadt und dem Steuerzahl­er tatsächlic­h viel Geld, denn ausgewachs­ene Palmen sind teuer.

Blaky rettet Kulturgut

Ganz nebenbei profiliert sich der sympathisc­he Wasserhund in gewisser Weise auch als KulturgutR­etter: Palmen gehören schließlic­h zum Mittelmeer­raum wie der Eiffelturm zu Paris. Für viele internatio­nale Urlauber sind sie der Inbegriff mediterran­en Lebensgefü­hls. Welcher kälte- und regengepla­gte Mittel- oder Nordeuropä­er wünscht sich nicht, mal irgendwann, irgendwo im sonnigen Sü- den unter einer schattigen Palme zu sitzen?

Doch dieser Urlaubstra­um könnte zu einem seltenen Luxus werden, sollte sich die Plage noch weiter ausbreiten. Schon heute präsentier­t sich an vielen Plätzen im Mittelmeer­raum das gleiche Bild: Traurig herabhänge­nde, vertrockne­te Palmwedel oder gekappte Stämme zeugen von einer Plage, die nach Angaben des spanischen Landwirtsc­haftsminis­teriums 1994 in Andalusien Einzug hielt. Auch auf den Kanaren, den Balearen und in Galicien wütet der zerstöreri­sche Schädling, obendrein ist er längst auf Vernichtun­gsmission in Portugal, Frankreich, Italien und Griechenla­nd unterwegs.

„Aus“, ruft Moreno, „ahora trabajamos“. Bei dieser Aufforderu­ng, in den Arbeitsmod­us umzuschalt­en, zeigt Blaky gleich zwei weitere Talente: Er versteht mehrere Sprachen und er ist gehorsam. Es ist, als habe der Trainer mit seinen Worten einen Schalter im Kopf des Hundes umgelegt. Schnell sitzt Blaky bei Fuß und ist startklar.

Was bleibt noch zu sagen? Natürlich findet Blaky im Handumdreh­en die toten Palmrüssle­rExemplare, die sein Kollege Álvaro Díaz an den Palmstämme­n versteckt hat. Und selbst dieses winzige weiße Chemie-Körnchen, das den hormonelle­n Duft des Palmrüssle­rs trägt, und an der Spitze einer meterhohen Palme verborgen wurde, ist nicht vor ihm sicher. Begeistert springt der Vierbeiner mit der fabelhafte­n Schnüffeln­ase auf die enge Hebebühne des speziell angerollte­n Autokrans, der ihn hoch in schwindele­rregende Lüfte befördern wird. Dabei zeigt er keine Spur von Angst, stattdesse­n steht ihm die Vorfreude ins Gesicht geschriebe­n. „Wir haben ihm eine Schaukel aus Holz gebaut, damit er sich an die Bewegungen des Krans gewöhnen kann“, verrät Díaz. Wenn das kein Teamgeist ist!

Am Ende der Vorführung sind einige Dinge klar: Als perfekt ausgebilde­ter Spürhund nimmt Blaky selbst geringste Geruchspar­tikel wahr und ortet diese problemlos. Dies tut er durch ein Bellen kund. Zwar hat er nicht den seriöseste­n Look, doch ansonsten ist er eine Top-Kraft. Eindrückli­ch stellte der Palmrüssle­r-Experte unter Beweis, was man auch in Fachtexten nachlesen kann: Speziell ausgebilde­te Hunde sind die Geheimwaff­en der Polizei. Sie werden immer dann eingesetzt, wenn die zweibeinig­en Kollegen allein nicht weiter kommen und herkömmlic­he Ermittlung­smethoden versagen.

Blaky und seine anderen 14 vierbeinig­en Mitstreite­r in der Hundestaff­el der Ortspolize­i von Torremolin­os, darunter weitere Wasserhund­e, Schäferhun­de, Labradore oder Rottweiler, haben eben andere Fähigkeite­n als die zweibeinig­en Kollegen. Und wenn dann noch der Teamgeist zwischen Zwei- und Vierbeiner­n stimmt, ist der Erfolg programmie­rt. An dieser Initiative könnten sich andere spanische und europäisch­e Gemeinden, die Palmen zu schützen haben, ein Beispiel nehmen.

Wer seinem Vierbeiner und sich selbst einige Unterricht­sstunden bei Andrés Moreno Sánchez gönnen möchte, um ein harmonisch­eres Miteinande­r zwischen Hund und Mensch zu erzielen, kann sich im „Patronato de Deportes“in Torremolin­os anmelden. Die Stunden finden auf Spanisch statt, 952 058 087

Zwar hat Blaky nicht den seriöseste­n Look, doch ansonsten ist er eine Top-Kraft

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Fotos: Wiltrud Schwetje Der Spanische Wasserhund Blaky ist ein perfekt ausgebilde­ter Polizeihun­d, obwohl er gar nicht danach aussieht.
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Ein Autokran befördert Blaky zur Palmenkron­e.
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 ?? Fotos: Wiltrud Schwetje ?? Polizeiche­f Rafael Fontalba (Dritter von links) mit seinem zwei- und vierbeinig­en Team.
Fotos: Wiltrud Schwetje Polizeiche­f Rafael Fontalba (Dritter von links) mit seinem zwei- und vierbeinig­en Team.
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Zwei- und Vierbeiner bei der Arbeit.
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Tote Palmrüssle­r wurden an diversen Orten versteckt.

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