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Fristverlängerung bei Abmahnungen: Übersicht + Musterschreiben

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In Abmahnungen werden oft sehr kurze Reaktionsfristen gesetzt. Wir erklären, warum die Fristen so kurz bemessen sind und wann ein Anspruch auf Fristverlängerung besteht. Am Artikelende finden Sie ein kostenloses Muster für eine Fristverlängerungsbitte.

Merke: Fristverlängerungen sind ein Mittel, die Folgen eines Rechtsstreits zu verzögern. Dieses Ziel kann ggf. auch durch eine Aufbrauchfrist erreicht werden, sei es durch einvernehmliche Einigung mit dem Gläubiger im Rahmen einer strafbewehrten Unterlassungserklärung oder Aufnahme in einen gerichtlichen Unterlassungstitel.

1. Abmahnungen im gewerblichen Rechtsschutz

Eine Abmahnung ist ein außergerichtliches (anwaltliches) Schreiben, das im Kern die Aufforderung enthält, ein bereits erfolgtes oder unmittelbar bevorstehendes rechtswidriges Verhaltens zu unterlassen.

Beispiele: Nutzung von geschützten Inhalten (Marke, Foto, Design), Verwendung unzulässiger AGB-Klauseln, persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen etc.

Neben der Beseitigung der Rechtsverletzung wird der Abgemahnte dazu aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung mit Wirkung für die Zukunft abzugeben. “Strafbewehrt” bedeutet, dass für den Wiederholungsfall die Zahlung einer Vertragsstrafe an den Abmahner versprochen werden muss. Fehlt das Vertragsstrafeversprechen, besteht (mit ganz seltenen Ausnahmen) weiterhin Wiederholungsgefahr. Der Abmahner kann seinen Anspruch in diesem Fall gerichtlich durchsetzen.

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2. Warum sind die Fristen in Abmahnungen so kurz?

Dass bei Abmahnungen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes (z.B. aus Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht oder Designrecht) meist sehr kurze Reaktionsfristen gesetzt werden, hat mehrere Gründe.

  1. Zweck der Abmahnung ist eine schnelle, kostengünstige Beseitigung der festgestellten Rechtsverletzung. Gäbe es das Institut der Abmahnung nicht, müsste der Gläubiger direkt ein Gerichtsverfahren einleiten. Im Vergleich zur Abmahnung würden dadurch deutlich höhere Kosten verursacht. Die Rechtsprechung versteht Abmahnungen deshalb – entgegen der Wahrnehmung vieler Betroffener – als Wohltat zu Gunsten der Abgemahnten.
  2. Unterlassungsansprüche können im gewerblichen Rechtsschutz bei schnellem Vorgehen oftmals per einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden. Das gerichtliche Eilverfahren hat allerdings nur bei Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit Erfolg. Dies setzt voraus, dass zwischen Kenntnis der Rechtsverletzung und Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht nicht zu viel Zeit vergangen ist. In der Rechtsprechung ist umstritten, wie lange dieser Zeitraum zu bemessen ist. Die strengsten Gerichte erlauben einstweilige Verfügungen nur binnen eines Monats ab Kenntnis der Rechtsverletzung, wobei schon eine Fristüberschreitung um einen Tag dringlichkeitsschädlich sein soll. Nach Ablauf der Dringlichkeitsfrist kann der Anspruch zwar noch im Hauptsachverfahren durchgesetzt werden. Dies bringt allerdings zahlreiche Nachteile mit sich (u.a. längere Verfahrensdauer, Gerichtskostenvorschuss, keine eidesstattlichen Versicherungen möglich). Eine Auswahl der verschiedenen Gerichtsauffassungen finden Sie in unserer Übersicht zur Dringlichkeit bei wettbewerbsrechtlichen Eilverfahren (die dortigen Grundsätze gelten überwiegend auch in anderen Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes).

Zeitliche Abfolge bei Abmahnung und einstweiliger Verfügung

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3. Wann ist die in einer Abmahnung gesetzte Frist angemessen?

Wie lange die Stellungnahmefrist bemessen sein muss, ist abhängig vom jeweiligen Einzelfall, wobei die ab Zugang der Abmahnung verbleibende Zeit maßgeblich ist. Dem Abgemahnten muss ausreichend Zeit eingeräumt werden, um die Rechtslage überprüfen und ggf. anwaltlichen Rat einholen zu können.

Bei typischen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen (z.B. wegen irreführender Werbung) wird beispielsweise davon ausgegangen, dass eine Frist von einer Woche bis zehn Tagen ausreichend ist (OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2014, Az. 4 U 121/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.03.2004, Az. 2 W 44/03). In besonders eilbedürftigen Fällen kann allerdings auch einmal eine Frist von wenigen Stunden oder gar Minuten ausreichend sein.

Beispiele: (Unmittelbar bevorstehende) Präsentation von Markenplagiaten auf wenige Tage dauernder Messe; Sehr schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

Wer eine sehr kurze Frist setzt und sich so auf besondere Eilbedürftigkeit beruft, muss allerdings zuvor selbst zügig tätig geworden sein. Hat der Abmahner nach Kenntnis der Rechtsverletzung mehrere Tage mit der Abmahnung gewartet, kann er vom Abgemahnten keine Reaktion binnen weniger Stunden erwarten.

In Extremfällen kann eine Abmahnung sogar entbehrlich sein, wenn sie für den Gläubiger wegen der besonderen Umstände des Falles unzumutbar ist, durch die Warnung die Gefahr einer Vereitelung von Ansprüchen entstünde oder die Abmahnung zwecklos erscheint, weil der Schuldner bereits deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich einem Unterlassungsbegehren sicher nicht unterwerfen würde. Voraussetzung für den Abmahnverzicht wegen Zwecklosigkeit ist allerdings, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird (LG München, Urteil vom 09.06.2011, Az. 7 O 2403/11). Rechtlich ist das dünnes Eis.

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4. Die gesetzte Frist war zu kurz – ist die Abmahnung deshalb unwirksam?

Angenommen, Sie erhalten eine Abmahnung wegen urheberrechtswidriger Nutzung eines Fotos auf einer Internetseite. Die Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung läuft am Folgetag ab. Eine derartige Frist wird typischerweise zu kurz bemessen sein. Sie führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Abmahnung. Die Abmahnung bleibt rechtlich wirksam mit der Maßgabe, dass statt der zu kurzen eine angemessene Frist läuft (BGH, Urteil vom 17.09.2009, Az. I ZR 217/07Testfundstelle). Diese Folge tritt automatisch ein, der Abgemahnte muss den Abmahner hierauf nicht besonders hinweisen. War die gesetzte Frist angemessen, ist umgekehrt der Abmahner nicht verpflichtet, auf eine Fristverlängerungsbitte zu antworten.

Kostenrisiken: Die Unschärfe der angemessenen Fristsetzung stellt sowohl für den Abmahner als auch den Abgemahnten ein Risiko dar. Leitet der Abmahner zu früh gerichtliche Schritte ein und gibt der Abgemahnte im Prozess ein sofortiges Anerkenntnis ab, muss der Abmahner die Kosten des Rechtsstreits tragen (§ 93 ZPO). Umgekehrt riskiert der Abgemahnte bei ausbleibender Reaktion im Rahmen der gesetzten kurzen Frist, dass ein Gericht die Frist als (gerade noch) angemessen ansieht. In diesem Fall trägt er alle Kosten. War die gesetzte Frist angemessen und gibt der Abgemahnte erst (kurz) nach Ablauf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, war er nach Ablauf der Reaktionsfrist in Verzug. Er kann dann verpflichtet sein, dem anwaltlich vertretenen Abmahner eine 0,8 Gebühr aus dem jeweiligen Streitwert gemäß Nr. 3101 VV RVG für die zwischenzeitliche Anfertigung des dann nicht mehr eingereichten einstweiligen Verfügungsantrags zu ersetzen (LG Berlin, Urteil vom 15.11.2011, Az. 27 O 393/11).

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5. Wann besteht ein Anspruch auf Fristverlängerung?

Wurde in der Abmahnung eine angemessene Frist zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung gesetzt, muss der Abgemahnte berechtigte Gründe für die gewünschte Fristverlängerung nennen. Wichtig ist, dass diese Gründe konkret vorgetragen werden. Pauschale Fristverlängerungsbitten (selbst wenn tatsächlich berechtigte Gründe existieren) braucht der Abmahner nicht beachten. Trägt der Abgemahnte jedoch berechtigte Gründe vor, muss der Abmahner wiederum der Bitte um Fristverlängerung entsprechen, sofern dies die Umstände des Einzelfalles gebieten.

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6. Beispiele zu (berechtigten) Gründen für Verlängerungsbitten

  1. Hat der Abgemahnte keine Zeit für eine Rücksprache mit dem eigenem Rechtsanwalt, beispielsweise wegen dessen Arbeitsüberlastung oder Urlaubsabwesenheit, stellt dies keinen berechtigen Grund für eine Fristverlängerung dar.
  2. (Längere) Abwesenheit des Geschäftsführers stellt keinen Grund für eine Fristverlängerung dar. Der Geschäftsführer hat für die Dauer seiner Abwesenheit Sorge zu tragen, dass innerhalb eines Zeitraums von einer Woche dringende Entscheidungen von einem Vertreter vor Ort oder von ihm selbst getroffen werden können. So kann z.B. vorsorglich ein Rechtsanwalt beauftragt werden, etwaige Unterlassungsbegehren zu prüfen, damit der Geschäftsführer selbst oder auch ein Dritter zügig in der Sache entscheiden kann (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2009, 4 W 59/08).
  3. Urlaub / Krankenhaus: Während Unternehmer im gewerblichen Bereich dafür sorgen müssen, dass auch bei längerer Abwesenheit auf Abmahnungen reagiert werden kann, gilt eine solche Organisationspflicht nicht für Privatpersonen. Wer also beispielsweise während des Urlaubs bzw. eines Krankenhausaufenthalts eine Abmahnung wegen Filesharings zugestellt bekommt, sollte umgehend nach Kenntnis der Abmahnung eine Fristverlängerung bei der abmahnenden Kanzlei erbitten.
  4. Keine Reaktion auf Fristverlängerungsbitte: Bittet man nach Erhalt einer Abmahnung schriftlich um eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme, muss man bis zu einer Bestätigung der Gegenseite davon ausgehen, dass die in der Abmahnung gesetzte ursprüngliche Frist weiterläuft. Das gilt auch dann, wenn die Kanzlei des abmahnenden Rechtsanwalts nicht reagiert oder einen Rückruf in Aussicht gestellt hat (OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.11.2016, Az. 6 W 101/16). Erwirkt der Abmahner nach Ablauf der in der Abmahnung gesetzten Frist eine einstweilige Verfügung, trägt der Abgemahnte die Kosten des Verfahrens daher auch dann, wenn er im Prozess ein sofortiges Anerkenntnis abgibt (§ 93 ZPO).

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7. Beispiele für (zu) kurze Fristsetzungen in Abmahnungen

  1. Frist von fünf Werktagen bei Wettbewerbsverletzung ist ausreichend lang (OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2014, Az. 4 U 121/13).
  2. Frist von vier Tagen bei Markenverletzung kann zu kurz bemessen sein (LG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2011, Az. 2a O 275/10 – Image Tag).
  3. Frist von zwei Tagen bei Wettbewerbsverletzung kann unangemessen kurz sein (LG Berlin, Urteil vom 09.09.2014, Az. 102 O 21/14).
  4. Frist von faktisch drei Stunden: Wegen eines Fernsehbeitrags war eine anwaltliche Abmahnung ausgesprochen worden, die erst um 20.00 Uhr und damit nach Geschäftsschluss beim Sender einging. Sie enthielt die Aufforderung, bis 12.00 Uhr des Folgetags eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Aufgrund der Geschäftszeiten des Senders bedeutete dies faktisch eine Reaktionsfrist von drei Stunden. Aus Sicht des Landgericht Hamburgs war das zu kurz, da der Beitrag weder brisante Themen enthielt noch (kurzfristig) mit einer erneuten Ausstrahlung zu rechnen war (LG Hamburg, Urteil vom 19.06.2009, Az. 324 O 190/09).

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8. Muster für Bitte um Fristverlängerung

Mit diesem Muster können Sie die Gegenseite nach Erhalt einer Abmahnung um Verlängerung der gesetzten Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bitten. Beachten Sie, dass der Gegner die Frist nur verlängern muss, wenn Sie über berechtigte Gründe verfügen und diese auch konkret in der Fristverlängerungsbitte vortragen.

Wenn Sie sich unsicher sind, können Sie die Abmahnung gerne einscannen und unverbindlich an unsere Kanzlei schicken mit der Bitte um kostenlose Ersteinschätzung.

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Um die Bearbeitung zu beschleunigen, können Sie uns das Abmahnschreiben sowie auf Wunsch eine Vollmacht vorab als Scan zusenden. Im Anschluss erhalten Sie zeitnah eine kostenlose anwaltliche Ersteinschätzung zu Ihrer Abmahnung.

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    Autor: Niklas Plutte

    Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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