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Urheberrecht: Verkauf von Produkten mit abgemalten Fotos

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Das Abmalen eines Fotoauschnittes und der nachfolgende Verkauf von Artikeln, auf die das abgemalte Motiv gedruckt wurde, kann auch ohne Erlaubnis des Fotografen bzw. Rechteinhabers urheberrechtlich zulässig sein (LG Hamburg, Urteil vom 22.05.2020, Az. 308 S 6/18).

Tipp: Beachten Sie unsere ausführlichen FAQ zum Fotorecht für Fotografen.

Sachverhalt: Abgemaltes Motiv aus Foto auf T-Shirts

Die größte deutsche Nachrichtenagentur hatte einen Onlinehändler wegen Vertriebs von T-Shirts mit einem nachgezeichneten Foto(-ausschnitt) auf Auskunft, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten verklagt. Hintergrund ist, dass der Nachrichtenagentur ausschließliche Nutzungsrechte an der betroffenen Fotographie zustehen, die 2012 von einem Fotografen erstellt wurde und einen Soldaten im Einsatz zeigt.

Die vom Beklagten in seinem Onlineshop angebotenen Kleidungsstücke zeigten die Figur des Soldaten, die von der streitgegenständlichen Fotografie abgemalt worden war. Während die Klägerin darin eine Verletzung ihres ausschließlichen Nutzungsrechts an der Fotografie sah, war der Beklagte der Ansicht, der Soldat sei nicht als Motiv über das Urheberrecht geschützt, da eine freie Bearbeitung im Sinne des § 24 UrhG vorliege.

In erster Instanz hatte das Amtsgericht die Klage mit Urteil vom 25.10.2018 abgewiesen. Es handele sich bei dem Foto zwar um ein Lichtbild im Sinne von § 72 UrhG. Allerdings stelle das Abzeichnen keine einwilligungspflichtige Bearbeitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes dar.

LG Hamburg: Worauf es beim Abmalen ankommt

Auch die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Klägerin kein Anspruch aus §§ 97 ff. UrhG zustehe und ihre ausschließlichen Nutzungsrechte nicht verletzt worden seien.

Das betroffene Foto weise weder bezüglich des gewählten Blickwinkels noch der Verteilung von Licht und Schatten, des Zusammenspiels von Schärfe und Unschärfe oder sonstigen gestalterischen Elementen Besonderheiten auf. In ihm komme daher kein besonderer schöpferischer Gehalt zum Ausdruck, so dass kein Schutz als Lichtbildwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG bestehe. Übrig bleibe zwar Lichtbildschutz nach § 72 UrhG, der auch den kleinsten Teilen einer Fotografie zu Gute kommt, weil hinreichende Individualität kein Kriterium im Rahmen von § 72 UrhG ist. Geschützt ist dort die technische Leistung des Fotografen. Die kommerzielle Nutzung des abgemalten Bildausschnitts sei aber über § 24 UrhG als freie Benutzung zulässig.

Grundsätzlich kommt es für die Abgrenzung zwischen einer (unfreien) Bearbeitung nach § 23 UrhG und einem in freier Benutzung geschaffenen Werk nach § 24 UrhG darauf an, ob das neue Werk einen gewissen Abstand zum benutzten Werk einhält. Eine freie Benutzung ist nach der Rechtsprechung des BGH anzunehmen, wenn für das neue Werk zwar eigenpersönliche Züge des geschützten Werkes übernommen wurden, diese aber angesichts der Eigenart des neuen Werkes in der Weise verblassen, dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neuere nur noch als Anregung zu einem neuen, selbstständigen Werkschaffen erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2016, Az. I ZR 9/15Auf fett getrimmt).

Update: § 24 UrhG wurde zwischenzeitlich aufgehoben. Maßgeblich ist nunmehr § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG. Danach liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG vor, wenn das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk wahrt.

Laut Landgericht Hamburg kam es im Fall ausnahmsweise nicht auf die vorstehende Abgrenzung an, weil das streitgegenständliche Foto keine eigenpersönlichen Züge aufweise. Abgemalt worden sei kein Werk, sondern nur eine durch ein Lichtbild abgebildete Person. Angesichts des Schutzumfangs von § 72 UrhG liege darin regelmäßig eine freie Benutzung nach § 24 UrhG. Eine andere Beurteilung könne nur gerechtfertigt sein, wenn außer der abgebildeten Person noch besondere Gestaltungsmittel der Fotografie und eine individuelle Auswahl und Anordnung des Motivs in der Zeichnung wiederkehren würden. Dies verneinte das Landgericht ausdrücklich wegen der vom Onlinehändler vorgenommenen Abstrahierung und Entpersonalisierung durch Hinzufügen eines Textelements.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung unserer Referendarin Solveig Gunkel erstellt.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Guten Tag,
    ich male sehr gerne Tiere von Fotos ab, wobei ich manchmal auch Fotos aus dem Internet verwende möchte … ist das erlaubt?

    Antworten

  2. Hallo! Wie sieht es hier mit dem Persönlichkeitsrecht aus? Könnte die abgebildete Person trotz “Hinreichendem Abstand zum Werk” hier Rechte geltend machen, wenn man das Erzeugnis kommerziell vertreiben möchte?

    Beste Grüße, Jason

    Antworten

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