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April 2022

Inflation, Zinsen und Immobilienmärkte – Immobilien als sicherer Anker in schwierigen Marktphasen

Die Inflation ist zurück in Deutschland. Im März des aktuellen Jahres lag die Inflationsrate nach vorläufigen Schätzungen bei 7,3 %, dem höchsten Stand seit den Ölkrisen in den siebziger Jahren. Hohe Energie- und Nahrungsmittelpreise sind bislang die Haupttreiber und der Russland-Ukraine Konflikt hat diese Entwicklung zuletzt noch deutlich verstärkt. Aber auch die Kerninflation, die Preisentwicklung ohne die Komponenten Energie und Nahrungsmittel, lag zuletzt bei einer deutlich erhöhten Rate von 3,0 % (Februar 2022). Für den Anstieg der Kerninflationsrate sind im Wesentlichen zwei Faktoren verantwortlich: Erstens sind die Preise in der Gastronomie und Hotellerie, aber auch für Dienstleistungen, deutlich angestiegen. Betriebe versuchen hierbei einen Teil der verlorenen Umsätze und der gestiegenen Kosten infolge der Covid-19-Pandemie durch Preiserhöhungen zu kompensieren. Zweitens haben globale Lieferengpässe das Güterangebot reduziert, entsprechend haben sich die Preise für Konsum- und Investitionsgüter erhöht. Im Ergebnis ist der Inflationsanstieg dauerhafter und dynamischer als von vielen Marktteilnehmern erwartet wurde. Welche Implikationen ergeben sich hieraus für die Performance von Immobilien und hier insbesondere für die Objekt-Cash-Flows und die Immobilienwerte?

Objekt-Cash-Flows: Wertsicherungsklauseln als Stabilisator

In der Regel beinhalten Mietverträge für Immobilien eine Wertsicherungsklausel. Damit werden Preissteigerungen zum Teil oder vollständig über eine indexierte Anpassung der Vertragsmiete kompensiert, so dass aus Vermietersicht die realen bzw. preisbereinigten Mieten stabil bleiben. Historische Daten belegen diesen Effekt. Die letzte Hochinflationsphase lag in den Jahren 2007 und 2008, also im Zeitraum vor der Finanzmarktkrise im Jahr 2009. In diesem Zeitraum waren die Mieterträge (Cash-Flow-Renditen) für Immobilienportfolien erwartungsgemäß deutlich angestiegen. Aber auch wenn man die Mieterträge um den Preisanstieg bereinigt, also die realen Mieterträge beobachtet, zeigte sich ein Anstieg. In Abbildung 1 wird diese Entwicklung für die Nutzungsarten Büro und Handel für den Zeitraum 2007 und 2008 (in der Abbildung grauhinterlegt) dargestellt. Demnach sind die realen Cash-Flow-Renditen für Büroimmobilien in beiden Jahren angestiegen, für Handelsimmobilien ergibt sich nach Aggregation der Jahre 2007 und 2008 ebenfalls ein Wachstum (analysiert wurden hier die aggregierten Immobilienbestände institutioneller Investoren im Datenuniversum des Finanzmarktdienstleisters MSCI).

Der Anstieg der Cash-Flow-Renditen war aber auch noch auf einen anderen Effekt zurückzuführen, den Anstieg der Marktmieten. Abbildung 2 zeigt diese Entwicklung, und zwar wieder für den Betrachtungszeitraum der letzten Hochinflationsphase der Jahre 2007 und 2008. Die Marktmieten für Büro- und Handelsimmobilien in Deutschland sind während dieser Zeit sowohl nominal als auch real angestiegen. Grund hierfür war die hohe Nachfrage in den Vermietungsmärkten, die damals vom konjunkturellen Aufschwung profitiert hat.

Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass die Cash-Flow-Renditen in der letzten Hochinflationsphase sowohl nominal als auch real angestiegen sind, und dass diese Entwicklung zum einen auf die Wertsicherungsklauseln in den Vertragsmieten und zum anderen auf den Anstieg der Marktmieten infolge des konjunkturellen Wachstums zurückzuführen war.

Immobilien besitzen noch Wertsteigerungspotential, trotz Zinsanstieg

Für den Investmentmarkt sind Hochinflationsphasen per se kein Risiko, problematischer wird es, wenn der Inflationsanstieg mit steigenden Kapitalmarktzinsen einhergeht. Die Zinsen bzw.Renditen für 10-jährige deutsche Staatsanleihen sind vom Tiefpunkt inzwischen um gut 100 Basispunkte gestiegen. Zweifelsfrei hat dies die Finanzierungskosten von Immobilieninvestments wesentlich erhöht und damit die Performanceerwartung gesenkt. Noch sind die Kapitalmarktzinsen aber auf einem historisch niedrigen Niveau, der Abstand zur Anfangsrendite von Immobilien und damit die Risikoprämie noch sehr hoch. Wie weit können aber die Zinsennoch steigen, bis die Kaufpreise bzw. die Verkehrswerte zurückgehen? Abbildung 3 zeigt in einer einfachen Simulation näherungsweise den Zusammenhang zwischen der Wertentwicklung von Büroimmobilien (auf Basis von Verkehrswerten) und den Kapitalmarktzinsen (Grundlage derAnalyse ist dabei, dass zu einem gegebenen Zinsniveau die Immobilienpreise sich so lange anpassen, bis sich die Risikoprämie als Renditeabstand von Immobilien zu Staatsanleihen wieder auf einem "fairen" Niveau von einem Prozentpunkt angepasst hat). Zum aktuellen Kapitalmarktzinsniveau von rund 0,5 % (März 2022) hätten Immobilien damit noch ein Wertsteigerungspotential von gut 20 %. Würde der Kapitalmarktzins auf 1,5 % steigen, würden die Immobilienwerte seitwärts tendieren und bei Zinsen > 1,5 % würden die Werte fallen.

Die oben dargestellte, vereinfachte Analyse lässt aber einen wichtigen Aspekt außer Acht, die Konjunkturentwicklung. Ein Wirtschaftsaufschwung und die damit einhergehenden Mietwachstumserwartungen können den negativen Einfluss steigender Zinsen für den Investmentmarkt und die Immobilienwerte - zumindest bis zu einem bestimmten Zinsniveau - kompensieren. Abermals lohnt sich ein Blick zurück auf die Hochinflationsphase der Jahre 2007/2008. Damals reagierte die Europäische Zentralbank auf die Inflationsgefahren mit Leitzinserhöhungen. In der Folge stiegen die Kapitalmarktzinsen auf über 4 % und näherten sich der Spitzenrendite von Büroimmobilien in den deutschen Großstädten an. Trotzdem korrigierte das Transaktionsvolumen im Investmentmarkt vorerst nur moderat. Erst als ab dem zweiten Quartal 2008, als die Wirtschaft in eine Rezession rutschte, fiel das Transaktionsvolumen und ein Quartal später auch die Kaufpreise. Angewandt auf die aktuelle Situation ist ein Zinsanstieg zwar schmerzhaft und wird wahrscheinlich im Jahresverlauf auch zu einem etwas geringeren Transaktionsvolumen führen, es drohen aber angesichts eines erwarteten Wirtschaftswachstums von 2,4 % (Marktmeinung laut Consensus Economics vom März 2022) für dieses Jahr noch keine Kaufpreis- bzw. Wertverluste für Immobilien.

Sollten sich die Konjunkturerwartungen aber weiter eintrüben und Deutschland letztendlich in eine Rezession abrutschen, wären sinkende Immobilienwerte zu befürchten. Jedoch wären auch in diesem Szenario keine erheblichen Wertverluste zu erwarten. Historische Daten von MSCI für von institutionellen Immobilieninvestoren gehaltenen Immobilien zeigen für ein nach Nutzungsarten diversifiziertes Deutschland-Portfolio nur Wertänderungen auf Basis von Verkehrswertgutachten von 2 bis 4 % in konjunkturellen Rezessionsphasen (siehe Abbildung 4).

Noch wichtiger, in konjunkturellen Schwächephasen wurde immer eine positive Gesamtrendite (= total return als Summe aus Wertänderungsrendite und Cash-Flow-Rendite) erzielt. Dies unterstreicht die Performance-Stabilität eines diversifizierten Immobilienportfolios.

Fazit: Immobilieninvestments als sicherer Anker in schwierigen Marktphasen

Die aktuelle Hochinflationsphase in Verbindung mit der Covid-19-Pandemie und dem Russland-Ukraine-Konflikt schürt Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Immobilienmärkte. Die Cash-Flow-Renditen von Immobilien sind aber i.d.R. über Wertsicherungsklauseln abgesichert, dies haben auch historische Daten gezeigt. Die Immobilienwerte und damit die Wertänderungsrenditen sind bislang noch nicht betroffen. Zum aktuellen Zinsniveau und einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 2,4 % für dieses Jahr besteht sogar noch Wertsteigerungspotential. Sollten die Zinsen aber weiter ansteigen und die Wirtschaft als Auswirkung des Russland-Ukraine-Konflikts in eine Rezession rutschen, wären trotzdem nur moderate Wertrückgänge zu erwarten. Ein diversifiziertes Immobilienportfolio hat sich gegenüber Wertschwankungen in der Vergangenheit als sehr robust erwiesen. Es wurden sogar in allen wirtschaftlichen Schwächephasen positive Gesamtrenditen erwirtschaftet. Dies spricht für eine weiterhin solide Performance von Immobilieninvestments in den kommenden Jahren.

Viele Grüße, Ihr Real I.S. Research-Team

Ihr Ansprechpartner

Marco Kramer
Real I.S. AG
Research & Investitionsstrategie

marco.kramer@realisag.de