4. Panzergrenadierbrigade des Bundesheeres: Teure Heeresfahrzeuge in abbruchreifen Hallen abgestellt

10. November 2023 – Zahl des Personals seit Jahren rückläufig

Der Rechnungshof überprüfte auf Verlangen von Nationalratsabgeordneten der FPÖ die „Aufgabenerfüllung und Einsatzbereitschaft der 4. Panzergrenadierbrigade“. Die 4. Panzergrenadierbrigade umfasst die schweren Waffen des Österreichischen Bundesheeres: Panzer, Schützenpanzer und Artillerie. Im Zeitraum 2018 bis Juli 2022 waren durchschnittlich bis zu 64 Prozent der Fahrzeuge nicht feldverwendbar, sprich, sie konnten ihren Einsatzzweck nicht erfüllen. Der Grund: Budgetäre Restriktionen, die zu geringeren Investitionen bei Material und Infrastruktur führten. Aufgrund des Alters der Fahrzeuge gab es Probleme, Ersatzteile zu beschaffen; dies gefährdete die Instandhaltung. An drei überprüften Standorten war kaum ein Fahrzeug entsprechend den Standards untergebracht. Gepanzerte Kampf- und Gefechtsfahrzeuge mit Anschaffungskosten in Millionenhöhe waren beispielsweise in einer abbruchreifen Blechhalle abgestellt. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2013 bis 2021.

Lebenszyklus-Management empfohlen

So waren die Kampfpanzer Leopard 2A4 in den Jahren 2018 bis Juli 2022 durchschnittlich zu 64 Prozent, die Schützenpanzer Ulan zu 44 Prozent nicht feldverwendbar. Dies lag unter anderem daran, dass die Nutzungsdauer der Systeme bei rund 30 Jahren lag. Der Kampfpanzer Leopard 2A4 wurde in den Jahren 1997 und 1998 gebraucht im Bundesheer eingeführt, der Schützenpanzer Ulan in den Jahren 2001 bis 2004. Nach Ansicht des Rechnungshofes sollte für die Neuanschaffungen jedenfalls ein Lebenszyklus-Management angewendet werden, damit daraus notwendige Folgeinvestitionen von Beschaffungen abgeleitet werden können. Das Verteidigungsministerium setzte aus Ressourcengründen kein Lebenszyklus- Management ein.

Unterbringung in abbruchreifen Garagen ist nachteilig für die Geräte

Kritik übt der Rechnungshof am Zustand der Garagen und Werkstätten für die Heeresfahrzeuge. In der Zehner-Kaserne in Ried im Innkreis, der Hessen-Kaserne in Wels und dem Fliegerhorst Vogler in Hörsching war infolge desolater, unzureichender oder fehlender Garagen kaum ein Fahrzeug entsprechend den Standards abgestellt. Die Unterbringung in abbruchreifen Garagen, unter Flugdächern oder im Freien ist nachteilig für die Geräte.

Zahl des Personals seit Jahren rückläufig

Bei Offizieren, Unteroffizieren und Chargen war der Anteil der besetzten Planstellen rückläufig; von 2015 bis Anfang 2022 waren 69 Prozent der Planstellen besetzt. Aufgrund von sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsätzen, etwa an den Grenzen, konnten – bei rückläufigen Personalständen – andere Aufgaben nicht erfüllt werden. Die Assistenzeinsätze wirkten sich auch negativ auf die Ausbildung von Grundwehrdienern aus.

Modernisierung um 765 Millionen Euro geplant

Von 2010 bis einschließlich 2021 beliefen sich die Investitionen, die der 4. Panzergrenadierbrigade zuzuordnen sind, auf rund 60 Millionen Euro, etwa für Modifikationen, Munition, Motoren, Getriebe und Ersatzteile. Darüber hinaus plante das Ministerium in den Jahren 2012 bis 2022 Beschaffungen für die 4. Panzergrenadierbrigade in Höhe von rund 196 Millionen Euro. Zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung waren diese noch nicht umgesetzt. Das Ministerium entschied sich im Jahr 2022 zu einer Nutzungsdauerverlängerung der gesamten Kampf- und Schützenpanzerflotte, und schätzte die Gesamtkosten auf rund 765 Millionen Euro. Hinsichtlich der zukünftigen Ausgestaltung der Organisation und Ausrüstung der 4. Panzergrenadierbrigade empfehlen die Prüferinnen und Prüfer, die laufenden Arbeiten an Projekten zu den Fähigkeiten des Bundesheeres, die aktuell und zukünftig gefordert sind, abzuschließen; auf Basis der Ergebnisse sind die Ressourcen sicherzustellen, die für die Umsetzung notwendig sind.

Neubeurteilung der Teilstrategie Verteidigungspolitik 2014 notwendig

Auf Grundlage der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin 2001 wurde das Bundesheer redimensioniert und schwere Waffensysteme wurden reduziert. Die Fähigkeiten der 4. Panzergrenadierbrigade – Verteidigung des Staatsgebiets gegen Angriffe mit Panzern – sollten erhalten bleiben, jedoch in der kleinstmöglichen Organisationsgröße. Obwohl bewaffnete Konflikte der vergangenen Jahre eine Veränderung militärischer Fähigkeiten erfordern, führte das Verteidigungsministerium keine Anpassung der Teilstrategie Verteidigungspolitik 2014 durch. Eine Neubeurteilung wäre notwendig. Zwar akkordierte das Ministerium seine Risikoeinschätzungen mit anderen Ressorts, es gab jedoch bis zum Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine im Jahr 2022 keine daraus abgeleitete Vorgehensweise, die gesamtstaatliche, budgetäre und sicherheitspolitische Risiken und Chancen umfasste. Die Prüferinnen und Prüfer heben im Zusammenhang mit der seit 2014 eskalierenden Konfliktsituation in der Ukraine die geringe Investitionstätigkeit hervor, und die bis zur Zeit der Prüfung unterbliebene Modernisierung der 4. Panzergrenadierbrigade.


Presseinformation: Aufgabenerfüllung und Einsatzbereitschaft der 4. Panzergrenadierbrigade


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124 Seiten

Bericht: Aufgabenerfüllung und Einsatzbereitschaft der 4. Panzergrenadierbrigade

Der Rechnungshof überprüfte die Aufgabenerfüllung und Einsatzbereitschaft der 4. Panzergrenadierbrigade. Die Gebarungsüberprüfung erfolgte gemäß Art. 126b Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz aufgrund eines Antrags gemäß § 99 Abs. 2 Geschäftsordnungsgesetz 1975 der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen vom 23. März 2022.
Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2013 bis 2021. Darüber hinaus bezog der Rechnungshof auch frühere und aktuelle Entwicklungen in die Überprüfung mit ein.

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