Schleimige Therapie-Tiere Mit Schnecken bauen Kinder Ängste ab

Schnecken auf der Hand: Stationsleiterin Jenny Zimmermann spricht von einem Erfolgsmodell.
Schnecken auf der Hand: Stationsleiterin Jenny Zimmermann spricht von einem Erfolgsmodell. © LWL
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„Schneckenbürsten“ steht als regelmäßiger Termin auf der To-Do-Liste im Haus 3, auf den Kinderstationen der Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Marl-Sinsen. Denn vor einiger Zeit sind drei Achatschnecken in das Dienstzimmer der Stationsleiterin Jenny Zimmermann eingezogen, und die wollen auch gepflegt werden.

Turbo, Gerry und Blitz wohnen in einer eigenen artgerechten Behausung in Form eines Terrariums. Um es den Dreien so richtig gemütlich zu machen, haben die jungen Patientinnen und Patienten mit einer Erzieherin im Wald Laub, Äste und Humus gesammelt und ihre „Wohnung“ schneckentauglich eingerichtet. Einmal am Tag werden Turbo & Friends gefüttert. Ihre Lieblingsspeisen sind Obst, Gurken und Mehlwürmer, die sie mithilfe ihrer sogenannten Raspelzunge verspeisen.

Entschleunigung im Nu

„Unsere Schnecken erfreuen sich bei unseren jungen Patienten und Patientinnen großer Beliebtheit“, weiß Jenny Zimmermann zu berichten, „Das war nicht sofort und bei jedem so“, erzählt die Erzieherin, „manche mussten erst einmal Mut fassen und den eigenen Ekel überwinden, bevor sie sich getraut haben, eine Schnecke auf die Hand zu nehmen.“ Das sei ein super Training, um Ängste abzubauen. Und auch Achtsamkeit können die Kids mit den ungewöhnlichen Haustieren üben. Denn dass man mit ihnen behutsam umgehen muss, versteht sich von alleine. Und: Turbo, Garry und Blitz zu beobachten – das entschleunigt so manches Kind im Nu.

Ein Highlight für die die jungen Tierfreunde ist auch das Bürsten der Schneckenhäuser. Mit einer Zahnbürste und etwas Wasser werden die kleinen Häuschen von Schmutz und Keimen befreit. Eine Aufgabe, die die Jungen und Mädchen mit größter Sorgfalt erfüllen. Und so zieht Jenny Zimmermann auch eine positive Bilanz seit dem Einzug der Achatschnecken: „Turbo, Garry und Blitz sind auf jeden Fall ein Gewinn für uns und unsere Patientinnen und Patienten!“

Schnecken haben Nachwuchs bekommen

Mittlerweile haben Turbo & Friends sogar Nachwuchs bekommen. Darüber freuen sich die Jugendlichen auf der Station 1D. Denn dort haben die vier Jungschnecken ebenfalls ein sorgsam gestaltetes Zuhause gefunden und werden kompetent versorgt.

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Die Stationen der Haard-Klinik

Die Stationen 3C „Perlentaucher“ und 3D „Schatzsucher“ bieten professionelle Hilfe für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis zwölf Jahren. Aufnahmegründe können unter anderem Zwänge und Ängste oder Schwierigkeiten, mit der eigenen Wut umzugehen, sein.

In der Eltern-Kind-Einheit „Kunterbunt“ stehen zusätzlich Familienapartments zur Verfügung, in die die jungen Patienten im Alter von sechs Monaten bis 8 Jahren, gemeinsam mit einer Bezugsperson für die Dauer der Behandlung einziehen können. Hier erhalten die Kinder professionelle Hilfe zum Beispiel bei Bindungs-, Ess- oder Schlafstörungen.

Die Station 1D „Lichtblick“ ist eine Psychotherapiestation mit dem Schwerpunkt Essstörungen für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 18 Jahren. Zudem werden Jugendliche mit affektiven Erkrankungen behandelt.

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