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Evaluative Wortbildung und Personenreferenz. Maskulina auf -i und ihre femininen Entsprechungen in alemannischen Dialekten – auch als Indikator für Geschlechterstereotype im Wörterbuch*
Linguistik online, vol. 107, núm. 2, pp. 145-176, 2021
Universität Bern

Artikel/Articles


DOI: https://doi.org/10.13092/lo.107.7691

Abstract: The word formation pattern [ -.]N mask. in Alemannic mainly derives masculine agent nouns from verbs resulting in output semantics of ‘someone who notoriously acts in the manner of base verb’. I analyse the pattern as an instance of evaluative morphology embedded in a more general output oriented schema and propose a scenario how the pattern may have developed from an OHG hypocoristic pattern primarily used in names. In a qualitative and quantitative analysis of two dialect dictionaries on Zürich German and Bernese German I look into the possible lexical fillings of the pattern and derive areas of stereotypisation. As the products of the pattern are masculine nouns, it is of interest whether the lemmas are flanked with a feminine form or not, and if they are, whether the feminine form follows or precedes the masculine form or is added as a separate lemma without a masculine pendant. The analysis also includes neuter forms ending in -. listed in the dictionaries. As the masculine products of the pattern already reflect stereotyped behaviour, the feminine (and neuter) forms included in the dictionnaries are expected to sediment gender stereotypes to a high degree.

1 Einleitung

Dieser Beitrag gilt einem Wortbildungsmuster, das in alemannischen Dialekten sehr produktiv ist1 und aus Verben generisch maskuline Personenbezeichnungen ableitet (z. B. stürme → Stürmi, schwafle → Schwafli), das also der Transposition dient und als [V -.]N, Mask. notiert werden kann. Je nach Dialekt kann es auf unterschiedliche Weise moviert werden. Mit Bildungen dieses Musters können SprecherInnen assertieren, dass die Referenzperson des Outputs notorisch das durch die Basis bezeichnete Verhalten an den Tag legt. Es kann eingesetzt werden, um Personen auf ein bestimmtes Verhalten festzuschreiben und (meist negativ) zu bewerten. Da es sich um Maskulina handelt, stellt sich die Frage, inwieweit die Formen generisch eingesetzt werden, und wo dies nicht der Fall ist, welche Formen für weibliche Referenzpersonen genutzt werden. Untersucht werden daher zum einen strukturelle Fragen: Wie lässt sich das Muster formal und funktional genauer beschreiben und wie kann es entstanden sein? Im empirischen Teil des Beitrags werden die Dialektwörterbücher zum Zürichdeutschen und Berndeutschen ausgewertet. Dabei wird zum einen nach der Typenfrequenz und den Basispräferenzen des Bildungsmusters gefragt. Es wird auch gefragt, welche Wortbildungsverfahren für feminine Entsprechungen im Dialektvergleich anund eingesetzt werden, ob man hierbei von Movierung sprechen kann und welche .-Bildungen mit neutraler Genusklassifikation in die Wörterbücher aufgenommen wurden. Auf dieser Grundlage ergeben sich zum anderen soziopragmatische Fragen. Die Lemmaansätze der .-derivierten Personenbezeichnungen werden daraufhin untersucht, inwieweit feminine Formen einbezogen werden und wie in den zugehörigen Interpretamenten mit einer möglichen Generizität der maskulinen .-Bildungen umgegangen wird. Bei vielen Bildungen fehlt eine feminine Form, bei anderen wird sie genannt und folgt der maskulinen Form, bei einigen wenigen geht sie dieser voraus oder erscheint in einem eigenen Ansatz ohne maskuline Entsprechung. Da bereits die maskulinen Personenbezeichnungen stereotypes Verhalten markieren, sollten sich in den aufgenommenen femininen Bildungen Geschlechterstereotype besonders zuspitzen.

In Abschnitt 2.1 wird das alemannische Bildungsmuster [V -.] N, Mask. funktional und formal als ein Fall evaluativer Morphologie beschrieben, d. h. es wird diskutiert, was die mit [-.] abgeleiteten Personenbezeichnungen im Rahmen evaluativer Positionierungen ihrer NutzerInnen leisten. In Abschnitt 2.2 geht es darum, wie sich das konkrete transpositive, maskuline Derivationsmuster übergreifender in ein outputorientiertes Schema [ -.] einbetten lässt, das großräumig alltagssprachlich verschiedene, vor allem auch modifikatorische Kurznamenund Kurzwortbildungen (z. B. Gabi, Studi, Tschüssi) umfasst, die auch andere Genera haben oder genusvariabel sein können. Aus der Verbindung onymischer und appellativischer, modifikatorischer und transpositiver Bildungen in diesem outputorientierten Schema heraus wird ein Vorschlag für ein mögliches Entstehungsszenario des im Alemannischen auffallend produktiven Subschemas maskuliner deverbaler i-Bildungen entwickelt (2.3). Die anschließende Fallstudie in Abschnitt 3 analysiert vergleichend die maskulinen .-Bildungen in zwei Wörterbüchern alemannischer Dialekte, dem Zürichdeutschen (ZH) und dem Berndeutschen Wörterbuch (BE). Dabei stehen Fragen der Stereotypisierung im Mittelpunkt: Welche Verhaltensstereotype werden durch die generischen, maskulinen i-Bildungen bedient bzw. finden Eingang in die Wörterbücher? Welche dieser Stereotype werden in den Wörterbüchern auch mit einer femininen Variante versehen oder erscheinen sogar ausschließlich in dieser Form? Welche appellativischen .Bildungen im Neutrum wurden in die Wörterbücher aufgenommen und lassen sich Relationen zwischen Stereotypenbildung und verschiedenen Genusklassen (maskuline i-Bildungen vs. feminine Ableitungen vs. neutrale .-Bildungen) identifizieren? Wie werden die möglichen Referenzpersonen in den Interpretamenten beschrieben? Die Schlussdiskussion in Abschnitt 4 bezieht die Befunde zurück auf das Konzept der evaluativen Morphologie.

2 Maskuline .-Bildungen als evaluative Morphologie

2.1 Inwiefern evaluative Morphologie?

Der Terminus evaluative (häufig auch expressive) Morphologie umfasst alle morphologischen Muster, die für ihre NutzerInnen (auch) die Funktion haben, Referenten oder Prädikate zu bewerten. Definiert wurde diese Art von Morphologie auch als Morphologie der Normabweichung: „Evaluative morphology is a subfield of derivational morphology that forms lexemes expressing some deviation from the ‘norm’ or ‘standard’ fixed by the base.“ (Stosic 2013: 70). Sie funktioniert prototypischerweise dadurch, dass sie in Opposition zu unmarkierten Derivationsmustern steht, und kann über eine manner-Implikatur im Sinne von Levinson (2000: 36f):

„marked message +> marked situation“ erschlossen werden (cf. Dammel/Quindt 2016). Im Fall der maskulinen .-Bildungen ist die unmarkierte Alternative das Suffix -er, das wertungsfrei maskuline Personenbezeichnungen aus Verben ableitet. Dass dem so ist, zeigen u. a. Belege, die mit dieser Opposition bewusst spielen, wie in (1) und (2).

(1) „Brunner wäre lieber Stürmer als Stürmi“ (blick.ch 2009, Herv. AD).

(2) „Oder woner heig müesse klarstelle, dass e Stürmer nid unbedingt e Stürmi mues sy, aber mängisch einen isch.“ (Däpp 2015: 36, Herv. AD)

Die oben zitierte Definition von Stosic (2013: 70) greift den zentralen Punkt der Normabweichung auf, die SprecherInnen als ihre Positionierung zum Gesagten mit vermitteln. Die Definition hat aber aussschließlich das Suffix im Blick, das eine auf einen Normalfall verweisende Basis modifiziert (z. B. bei Diminutiva Schlaf . Schläfchen, Hallo . Hallöchen oder bei Handlungskollektiva Singen . Singerei). Im Fall der .-Bildungen und vieler anderer evaluativer Wortbildungsmuster bestehen aber zwei Andockstellen für die Markierung von Abnormität und damit auch für negative Stereotypisierungen: das Derivationsmuster und die Basisselektivität. Eine Präferenz für bereits evaluative Basen, die in die Derivation eingehen, stellt also eine lexikalische Andockstelle dar. Das trifft auch für die maskulinen .-Bildungen im Alemannischen zu: Die meisten Basen der Lemmata in den Wörterbüchern sind bereits wertend wie z. B. stürme und schwafle. Dass daneben auch Fälle mit neutralen Basen wie bhoupte oder fraage vorkommen, zeigt, dass auch das Derivationsmuster eine eigenständige evaluative Funktion hat. Die zweite Andockstelle ist damit tatsächlich auch das Suffix, das die Basishandlung als typisch für die bezeichnete Person ausflaggt (cf. schon Odermatt 1903: 72).

Mit maskulinen .-Bildungen assertieren SprecherInnen typischerweise, dass die Referenzperson der Handlung das vom Verb bezeichnete Verhalten notorisch oder übermäßig an den Tag legt, z. B. bhoupte . Bhoupti ‚Rechthaber(in)‘. Anders als bei z. B. Trinker(in) wird diese Übermäßigkeit nicht nur pragmatisch erschlossen, sondern ist eine Funktion, die dem Derivationsmuster inhärent ist. So werden maskuline .-Bildungen eingesetzt, um Personen teils situationsbezogen, teils generalisierend auf ein bestimmtes Verhalten festzuschreiben und dadurch ihr Verhalten und sie selbst (meist negativ) zu bewerten. Damit ist dieser Fall nicht nur als evaluative Morphologie, sondern übergreifender als grammatikalisierte Expressivität einzuordnen, als strukturelle Verfestigung von Bewertungshandlungen und Einstellungsbekundungen, die morphosyntaktisch (z. B. du und dein X) oder wie hier morphologisch durch evaluative Derivation musterhaft sein kann. Funktional lassen sich expressive grammatische Konstruktionen mit Pustka (2014: 14) auf Bühlers Kommunikationsmodell beziehen, was hier nachvollzogen wird, um die maskulinen i-Bildungen genauer zu beschreiben. Abbildung 1 stellt die Dimensionen von Expressivität dar.


Abbildung 1
Dimensionen von Expressivität nach Pustka (2014: 14; 2015: 155, 171)

Danach lassen sich zwei Dimensionen von Expressivität unterscheiden: Eine liegt auf der Beziehungsebene der Interagierenden, also auf der Achse von Ausdruck und Appell. Diese Dimension lässt sich an Jakobsons emotive Funktion der Einstellungsbekundung, aber auch an neuere interaktional orientierte Modelle wie Stance anschließen:

  • „The so-called EMOTIVE or ‘expressive’ function, focused on the ADDRESSER, aims a direct expression of the speaker’s attitude toward what he is speaking about. It tends to produce an impression of a certain emotion whether true or feigned.“

    (Jakobson 1960: 354)

  • „Stance is a public act by a social actor, achieved dialogically through overt communicative means, of simultaneously evaluating objects, positioning subjects (self and others), and aligning with other subjects, with respect to any salient dimension of the sociocultural field.“

    (Du Bois 2007: 163)

Mit der Nutzung evaluativer Wortbildungsmuster und grammatischer Konstruktionen positionieren sich SprecherInnen und richten sich auf ihr Gegenüber aus, indem sie Gesprächsgegenstände bewerten, die im Fall von Personen und ihrem Verhalten unbeteiligte Dritte, aber auch sie selbst oder ihr Gegenüber sein können. Die Zuschreibungen können damit alle äußerungsaktrelationalen Beziehungen (cf. Simon 2017: 35) betreffen, also sowohl Selbstpositionierungen (Ich bi ebe au so e Stürmi) als auch Fremdpositionierungen sein, letztere können adressatendeiktisch (Du Stürmi! Bisch e Stürmi!) oder in der Unbeteiligtenreferenz (X isch e Stürmi!) vollzogen werden. Die Bewertungen erscheinen vor allem assertierend in prädikativen Konstruktionen, die syntaktisch mehr oder weniger explizit sein können, aber auch präsupponierend in Nominalphrasen (Der Stürmi hat mal wieder...).

Der referenzielle vs. prädikative Gebrauch der Zuschreibungen kann Einfluss auf die Einsatzfähigkeit der maskulinen .-Bildungen in Bezug auf Sexus, also auf ihren Status als potenziell generische Maskulina haben. So sind in der Prädikation generisch maskuline Verwendungen nach Doleschal (1992: 72) eher zu erwarten als in der Referenz, wo semantische Eigenschaften des Referenzobjekts nicht neutralisierbar sind. Innerhalb der prädikativen Verwendungen schlägt Modrián-Horváth (2013: 36f.) Unterschiede im Grad an eigenständiger Referenzialität des Prädikativums vor, die mit Unterschieden im Artikelgebrauch einhergehen und den Einsatz von Movierung beeinflussen. Dabei setzt sie ausgehend von der Stärke der referenziellen Verbindung zwischen Bezugselement und Prädikativum drei Typen an: (a) Bei Berufsund Herkunftsbezeichnungen wird eine zeitstabile, der Referenzperson des Bezugs(pro)nomens inhärente Eigenschaft prädiziert. Hier ist die referenzielle Verbindung zwischen Bezugsnomen und Prädikativum stark. Formal wird eher kein Artikel gebraucht und Movierung ist obligatorisch, z. B. *Sie ist Türke/Anwalt. Zu diesem Typus gehören die mask. i-Bildungen eigentlich nicht. (Das artikellose Beispiel (1) oben ist eine durch die Koordination mit Stürmer bedingte Ausnahme; das Artikelkriterium ist für alemannische Varietäten ohnehin nur bedingt aussagekräftig.) (b) In metaphorischen Verwendungen, z. B. diese Chirurgin ist ein Metzger (Beispiel aus Modrián-Horváth 2013: 37), wird eine Klassifikation vorgenommen, die auf einer im Vergleich zum Bezugselement eigenständigen konzeptuellen Ebene liegt. Das Prädikativum hat hier eigenständige Referenzialität, was sich auch im obligatorischen Indefinitartikelgebrauch manifestiert. Genus und Sexus des Bezugsnomens haben hier keinen Einfluss auf die Morphologie des Prädikativums. Bei den .-Bildungen handelt es sich nicht um metaphorische, sondern metonymische Verwendungen, die ein Verhalten aus dem Verhaltensspektrum der Referenzperson herausgreifen. (c) Ein Zwischentypus zwischen (a) und (b) – und diesem Typus sind die maskulinen .-Bildungen am ehesten zuzuordnen – drückt weder eine bereits der Referenzperson des Bezugsnomens zeitstabil-inhärente Eigenschaft aus, noch wird eine metaphorische Ebene eröffnet, sondern die Referenzperson des Bezugsnomens wird neu als VertreterIn einer Klasse identifiziert. Dabei werden „die Vertreter der Klasse [...] unabhängig vom Subjekt dargestellt und zwischen den Referenzen wird eine Verbindung hergestellt“. Dadurch ist für ModriánHorváth (2013: 37) „das Prädikatsnomen hier auch epistemisch verankert. Diese Verwendung ist typisch für ‚halblexikalisierte‘ (meist deverbale) movierte Formen wie Holokaust-Leugnerin.“ Die Fragen, inwiefern eine inhärente Eigenschaft prädiziert oder eine Neuklassifikation vorgenommen wird, wie zeitstabil diese Eigenschaft ist und wie hoch der Lexikalisierungsgrad der prädikativen Bildung, eröffnen Übergänge zwischen den Typen (a) und (c). Der Aspekt der Klassifikation spielt für die zweite Dimension von Expressivität, die Darstellungsdimension, eine zentrale Rolle.

Expressivität hat auch eine Darstellungsdimension, die danach fragt, wie der expressive Effekt strukturell und semantisch hergestelltwird, und die sich an das Expressivitätsverständnis von Koch/Oesterreicher (1996) oder Ansätze der Grammatikalisierungsforschung (cf. Haspelmath 1999: 1057) anknüpfen lässt. Hier unterscheidet Pustka (2014: 25) zwei Strategien im Rahmen einer übergeordneten Strategie der Normabweichung: Annähern und Vergrößern, der hier eine dritte, das Generalisieren, hinzugesellt wird.

  • Expressivität durch Annähern verdeutlicht z. B. Abstraktes durch Konkretes (Metapher, Metonymie, z. B. rumstudieren mit zielloser Raumdeixis für ziellose Zeitdeixis);

  • Expressivität durch Vergrößern umfasst hyperbolische Strategien, etwa mit Kollektiva wie Singerei zu Singen auf Überdruss hinzuweisen (cf. auch das gesprächslinguistische Konzept der extreme case formulations, das Pomerantz [1986] vorgeschlagen hat);

  • Expressivität durch Generalisieren: Der evaluative Effekt im Fall maskuliner i-Bildungen speist sich sich vor allem aus diesem dritten Typus: Die Referenzperson wird zugleich generalisierend und andere Seinsweisen ausschließend auf ein bestimmtes Verhalten reduziert. Man kann dies auch als einen Spezialfall von Vergrößern sehen, da kein Raum für andere Seinsweisen übrig bleibt.

Der Bewertungseffekt bei den maskulinen i-Bildungen entsteht damit durch eine Strategie, die Graumann/Wintermantel (2007: 150f.) als Diskriminieren durch Festschreiben beschrieben haben:

Wenn wir eine Person diskriminieren, behandeln wir sie nicht als Individuum mit verschiedenen Seinsweisen und Handlungen, sondern als einen Fall, als ein Beispiel für eine Kategorie oder als ein typisches Mitglied einer Outgroup. Eine Person wird generisch, d. h. als Vertreter ihrer „Gattung“ und damit als austauschbar behandelt, wenn ihr entweder typische Eigenschaften zugeschrieben werden oder sie einem Typus (Stereotyp) zugeordnet wird. (Fettdruck A.D.)

Die maskulinen Personenbezeichnungen, die mit dem Bildungsmuster entstehen, sind generisch (im Sinne von: auf ganze Klassen verweisend) in doppelter Hinsicht: in ihrem Personenbezug (Klasse von Personen) und ihrem Verhaltensbezug (Klasse von Handlungsweisen). Indem Personen auf eine bestimmte Seinsweise oder Handlungsweise festgeschrieben werden, wird ihnen vorgeworfen, das Verhalten/die Seinsweise in abnormem Ausmaß an den Tag zu legen; sie werden damit gleichzeitig als Person kritisch charakterisiert und als Vertreter einer Kategorie von Verhaltensauffälligen zugeordnet. Inwiefern diese zweifellos generischen (= klassifizierenden) Personenbezeichnungen auch generische Maskulina sind, inwiefern sie also gleichermaßen auf Männer und Frauen referieren können, muss sich daran zeigen, inwieweit sie mit femininen Bezeichnungen koexistieren und wie sie in den Wörterbüchern interpretiert werden. Steht neben ihnen bei gleicher Basis in transparenter paradigmatischer Beziehung ein Muster femininer Personenbezeichnungen, so kann man von Movierung sprechen und die .-Bildungen als generische Personenbezeichnungen, deren Referenzpotenzial auf männliche Referenzpersonen beschränkt ist, klassifizieren. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Existenz einer femininen Parallelbildung abhängig von der Basis und damit von der realisierten Stereotypisierung schwankt.

Alltagskategorisierungen, wie sie mit maskulinen .-Bildungen und anderen Verfahren vorgenommen werden, finden sich auch in unterhaltend gemeinter Form auf Seiten wie dem ZüriSlängikon unter Typen wieder, wo sie interessante Genderund Genus-Asymmetrien zeigen. Unter den Kategorien Anfänger und Angsthase finden sich im Züri-Slängikon etwa v. a. maskuline und neutrale abwertende Personenbezeichnungen, unter der Kategorie Angeber vor allem maskuline, unter den Kategorien dicke Frau und Klatschbase vorwiegend feminine, aber auch neutrale, und in der Kategorie Mauerblümchen vorwiegend neutrale abwertende Personenbezeichnungen. Der Frage, welche Stereotype(n) mit den maskulinen .-Bildungen und ihren femininen Pendants gespeist werden, wird für die Dialektwörterbücher des Zürichund Berndeutschen in Abschnitt 3 nachgegangen.

Abschließend zur Diskussion des Konzepts Expressivität sei noch darauf hingewiesen, dass man in dialektologischen Publikationen zu den maskulinen .-Bildungen lesen kann, dass „[d]iese Wortbildung [...] dank der Neigung des Volksmundes zu Tadel und Spott ausserordentlich lebendig“ sei (Weber 1964: 336). Dialekten wird immer wieder zugeschrieben, reicher an evaluativer Morphologie zu sein als Standardvarietäten, wobei häufig festgestellt wird, dass eher der negative Pol ausgebaut ist (z. B. Bach 21950: 293). Dass Normabweichungen zum negativen Pol hin eher lexikalisch spezifiziert werden als Normabweichungen zum positiven Pol, ist allerdings eine Beobachtung, die auch für evaluative Konstruktionen außerhalb der Dialekte gemacht wurde (cf. auch Christen 2013: 84). Es gibt Hinweise, dass sich diese Asymmetrie im Sprachgebrauch über das Type-Token-Verhältnis ausgleicht, cf. Auer (2016: 75f) für die von ihm untersuchte [Wie . ist das denn?]-Konstruktion.2 Eine mögliche Erklärung für die generell geringere Type-Vielfalt aus Wortbildungsoder Konstruktionsschemata hervorgegangener positiver Bewertungslexik könnte darin bestehen, dass eine Spezifizierung positiver Bewertungen gleichzeitig eine Qualifizierung der Bewertung, und damit auch eine Abqualifizierung, bedeuten könnte. Fest steht, dass Dialektwörterbücher aufgrund ihrer Dokumentationsaufgaben aufnahmefreudig in Bezug auf den Output evaluativer Wortbildungsmuster sind. Damit eignen sich Dialekte und Dialektwörterbücher in besonderem Maße, evaluative Funktionen von Wortbildung zu untersuchen. Christen (2013: 81) bringt die beiden Aspekte des Festschreibens und der Wörterbuchanalyse zusammen, wenn sie in ihrer Analyse der Personenbezeichnungen im Idiotikon zeigt, dass sich eine solche Analyse in besonderem Maße zur Aufdeckung von Stereotypisierungen eignet:

Als Appellativa dienen Personenbezeichnungen in erster Linie dazu, auf Menschen – kategorisierend und charakterisierend – zu verweisen; gleichzeitig sind die im Wortschatz zur Verfügung stehenden Personenbezeichnungen immer auch sprachliche Verfestigungen sich wiederholender, gleicher Bezeichnungsbedürfnisse: [...] Betrachtet man überdies die Grammatik als Resultat sozialer Interaktion – „Grammatik ist geronnener Diskurs“ (Haspelmath 2002: 270) –, so vermögen auch grammatische Regularitäten von Personenbezeichnungen, etwa deren grammatisches Geschlecht oder deren spezifische Wortbildungsmittel, etwas über das „Sprachwesen Mensch“ zu verraten.

2.2 Formen des Derivationsmusters [ -i]N, mask. in alemannischen Dialekten

Das Derivationsmuster alem. [ -.]N, mask. leitet meist aus Verben semantisch transparente Personenbezeichnungen ab, die sich als Nomina Agentis interpretieren lassen. Es bringt keinen Umlaut mit sich, hält also die Beziehung zur verbalen Basis transparent (Wissler 1891: 7; Odermatt 1903: 72), vergleichbar mit deverbalen Handlungskollektiva wie Wascherei, die ebenfalls evaluativ sind, gegenüber Nominalisierungen mit lokativer Semantik wie Wäscherei. Man kann mutmaßen, dass ein transparentes Verhältnis zum durch die Basis repräsentierten Bewertungsmaßstab für diesen Fall evaluativer Wortbildung von Vorteil ist. Das Wortbildungsschema ist offen auch für komplexe Basen wie Umehocki ‚Herum-hock-i‘ und Nüpfolgi ‚Nichtfolg-i‘ und kann mit Reduplikation: Suri-Muri ‚Murrer‘, Schlampampi ‚Schlamper‘ und Komposition: Stürmichäib ‚Stürmi-Kerl‘, Süessluegi ‚Süß-Gesicht‘ einhergehen. Es scheint voll produktiv zu sein und zeigt keine Abbautendenzen.

Die aus Verben abgeleiteten Personenbezeichnungen sind generisch in dem Sinne, dass sie auf eine Klasse von Personenund Handlungstypen verweisen. Sie sind damit aber nicht zwangsläufig generisch maskulin. Die Frage, ob sie gleichermaßen auf männliche wie weibliche Referenzpersonen verweisen oder sexusunspezifisch verwendet werden können, ist noch zu klären. Dagegen spricht, dass verschiedene alemannische Dialekte neben den maskulinen .-Bildungen feminine Bildungsmuster haben, die in enger paradigmatischer Beziehung zu den Maskulina stehen und die gleiche evaluative Wortbildungsfunktion (Ableitung von Nomina Agentis aus Verben) erfüllen – mit der Ausnahme, dass sie auf weibliche Referenzpersonen beschränkt sind. Ob man diese Bildungen als Movierung bezeichnen kann, hängt davon ab, wie systematisch diese paradigmatische Beziehung durch Bildungen bei gleicher Ableitungsbasis realisiert wurde (Actuation) bzw. realisierbar ist (Potentiality). Potentiality ist die Verfügbarkeit von Paradigmenzellen in der Wortbildungskompetenz der SprecherInnen, Actuation die realisierte Füllung dieser Zellen im Sprachgebrauch (cf. Pounder 2000: 90, 663; Štekauer 2014: 361). Wörterbücher und Dialektmonographien können nur Aufschluss über Actuation geben.

Ein Blick in Dialektmonographien zeigt, dass den maskulinen .-Bildungen je nach Dialekt in unterschiedlichem Ausmaß und mit unterschiedlichen Verfahren gebildete Feminina gegenüberstehen. Tabelle 1 zeigt neben den Dialekten der Fallstudie in Abschnitt 3 exemplarisch zwei weitere Möglichkeiten auf der Basis von Odermatt (1903) zu Nidwalden und Jutz (1925) zu Südvorarlberg und Liechtenstein.

Tabelle 1
Movierung und Pluralisierung maskuliner i-Bildungen im Dialektvergleich

Im Zürichdeutschen sind feminine Formen neben mask. i-Bildungen nur auf Basis der nichtevaluativen Variante zur Bildung von Nomina Agentis mit -er möglich. In der femininen Form fehlt also die im Maskulinum bestehende Opposition zu dem nicht-evaluativen Derivationsmuster [V -er]. Es wird mit -eri (< ahd. -in, Gen. -inna) moviert (Brüeli – Brüeleri), wenn die maskuline Form nicht generisch gebraucht wird. Diese Besonderheit des Zürichdeutschen wird in Abschnitt 3 relevant, wenn es um die Aufnahme femininer Formen zu maskulinen i-Bildungen im Wörterbuch geht. Im Berndeutschen besteht dagegen eine sehr enge und systematische paradigmatische Beziehung zwischen Maskulina auf -i und femininen Varianten mit dem Suffix -e, das auf germ. f. *-ôn zurückgeführt wird (m. Brüeli – f. Brüele). Diesem Muster folgt auch das Südvorarlbergische nach Jutz (1925: 251), der die femininen Bildungen auf -ә explizit als „Movierungen“ zu den mask. i-Bildungen beschreibt. Neben der Movierung maskuliner iBildungen mit -e gibt es im Berndeutschen ein wertneutrales Movierungssuffix, das additiv an nicht-wertende Nomina Agentis antritt, cf. berndt. Wöschere, Hüetlere, und wie im Zürichdeutschen auf ahd. -in (im Gen. -inna) zurückgeht. Bei Mehrsilblern hat es die Form -(er)e, Einsilbler wie Wirt, Bur werden mit -i moviert: Wirti, Büri (cf. auch südvorarlbergisch).

Bleibt für die Movierungen der maskulinen .-Bildungen die Frage, die Wissler (1891: 8) aufwirft:

Meistens können Masc. und Fem. neben einander gebildet werden; doch ergibt sich aus der Natur der Sache, dass aus manchen Verben hauptsächlich Masc., aus anderen Fem. entstehen. Übrigens muss in betreff des Verhältnisses zwischen der masc. und der fem. Form gesagt werden, dass das Fem. in ziemlicher Unabhängigkeit vom Masc. direkt vom Verbum gebildet werden kann.

Wie eng ist die paradigmatische Beziehung der beiden Bildungsmuster? Funktioniert die feminine Bildung jeweils über das Vorhandensein einer maskulinen? Das spräche für klassische Movierung. Oder erfolgt die Bildung der femininen Formen direkt von Verben ohne Bezug auf bestehende maskuline Bildungen? Dann würde man unterschiedliche Basisverben für beide Muster erwarten. Zusätzlich zur Reihenbildung bei gleicher Basis wäre auch noch ein formales Kriterium zu diskutieren: Inwiefern kann man bei dem Austausch (anstatt der Addition) eines Suffixes von Movierung sprechen, muss also für die Annahme einer Movierung zwingend die maskuline Form als Grundform/Basis fungieren? M. E. sollte darin kein Ausschlusskriterium gesehen werden, denn in der Flexion gibt es neben Grundformflexion auch die typologische Option der Stammflexion und in romanischen und slavischen Sprachen existieren feminin und maskulin markierte Varianten von z. B. Diminutivsuffixen in engem Bezug zueinander.

Die mask. .-Bildungen zeichnen sich durch bestimmte Pluralallomorphe aus: Während das Berndeutsche ein additives Suffix -ne nutzt (Brüeli – Brüeli-ne), hat das Zürichdeutsche meist Nullplural (Brüeli – Brüeli) und Nidwalden in der Beschreibung von Odermatt Stammflexion (Blāgi – Blāg-ene). Die paradigmatische Markierung von Sexus bleibt im Berndeutschen damit auch im Plural transparent, indem dem maskulinen Brüeli-nefeminines Brüele-ne gegenübersteht. Movierung ist für die evaluativen Personenbezeichnungen also im Berndeutschen auch flexionsparadigmatisch stärker ausgebaut und gefestigt als im Zürichdeutschen. An der Flexion ist ein letzter Aspekt noch bemerkenswert: In verschiedenen Dialekten flektieren die maskulinen .-Bildungen wie die neutralen Diminutiva auf -(l)i, z. B. Hodler (1911: 92), Jutz (1925: 239). Dies kann ein Hinweis auf einen diachronen Zusammenhang sein (cf. Abschnitt 2.3).

Neben der Möglichkeit der Movierung können die maskulinen .-Bildungen aber auch für Referenzpersonen beider Geschlechter eingesetzt werden. Dabei kann Geschlecht lexikalisch spezifiziert werden wie in (3). Daneben finden sich auch Belege für echte generische Verwendungen der maskulinen .-Bildungen in prädikativen Kontexten wie in (4). Hier wäre der Frage nachzugehen, ob generische Verwendung über weite prädikative Konstruktionen wie in (4) hinaus möglich ist, z. B. .der Bhoupti (Monique) hat schon wieder..., was mit Wörterbuchdaten nicht geklärt werden kann und in 2.1 genauer diskutiert ist.3

(3) „So es Regänti-Wiib“ (Vollenweider s. a.: 14, Herv. AD).

(4) „Was bringt euch auf die Palme?“ – Monique: „Kaspar schnarcht und knirscht mit den Zähnen.“ – Kaspar: „Monique ist manchmal ein ‚Bhaupti‘.“ (Schlittler 2010, Herv. AD).

Zusammenfassend betrachtet sind die maskulinen .-Bildungen ein gutes Beispiel evaluativer Morphologie. Sie sind in ihrer bewertenden Funktion reihenbildend und produktiv, sie behalten kontextübergreifend ihre Wirkung, treten, wenn auch vergleichsweise selten, auch mit Basen auf, die keine eigene expressive Bedeutung aufweisen, und stehen in Opposition zu nicht-expressiven Mustern (cf. zu diesen Kriterien Merlini-Barbaresi 2006: 333; Dammel 2011: 328; Dammel/Quindt 2016).

Das konkrete Muster der Transposition ist als eines von verschiedenen Sub-Schemata eingebettet in ein übergreifendes produktorientiertes Schema [ -i]N. Produktoder outputorientiert bedeutet, dass Wortbildungsprodukte über verschiedene synchrone und diachrone Ableitungsbeziehungen, und hier auch Genusklassen, abstrahiert betrachtet werden. In dem vorliegenden Fall zeigt sich dabei, dass die verschiedenen Fälle eine übergreifende Zielstruktur teilen, nämlich (meist) einen Trochäus auf -i.

In diesem abstrakten, übergreifenden Schema verbinden sich zwei Unterarten expressiver Wortbildungsmorphologie, die Scherer (2019) herausgearbeitet hat: lexikalisch durch explizite Derivation mit Wortbildungsmustern, die evaluative Funktionen tragen, und strukturell durch strukturell ungewöhnliche morphologische Verfahren wie Kürzung. Diese Verbindung unterschiedlicher Wortbildungsmuster wird auch für das in Abschnitt 2.3 vorgestellte Entstehungsszenario relevant. Das übergreifende Schema alem. mask. -i vereint beide Möglichkeiten expressiver Wortbildung, cf. in Tabelle 2 unten die modifikatorischen Kürzungen mit i-Suffigierung Stapi ‚Stadtpräsident (ZH)‘, Gooli ‚Torwart‘ und Alki ‚alkoholsüchtige Person‘. Der Unterschied zu regionenübergreifend verbreiteten alltagssprachlichen i-Bildungen (Köpcke 2002; Wiese 2006) besteht darin, dass im Alemannischen das Subschema expliziter Derivation mit Transposition V > N besonders produktiv ist, dass alltagssprachlich raumübergreifend dagegen vor allem Modifikation durch Kürzung und Suffigierung verbreitet ist. Bringt man die alemannischen Beispiele in die Übersicht ein, die Köpcke (2002) für alltagssprachliche Bildungen aufgestellt hat, und verbindet sie mit Ergebnissen von Baumgartner/Christen (2017), zeigt sich eine weitere Eigenschaft, die für das diachrone Szenario im nächsten Abschnitt relevant ist: das Vorkommen von [ -i] sowohl in onymischen wie auch in appellativischen Bildungen. Die onymischen i-Bildungen im Alemannischen weisen dabei die Besonderheit auf, dass weibliche Personennamen auf -i und -li neutrales Genus haben, männliche auf -i und -li dagegen (außer im Wallis) maskulin sind und damit das Kopfrechtsprinzip außer Kraft setzen (Baumgartner/Christen 2017). Die Beibehaltung des Basisgenus bei hypokoristischen Kurzwortbildungen auf -i kann man über Namen hinaus vereinzelt auch bei appellativischen modifizierenden Suffigierungen überregionaler Alltagssprache beobachten, z. B. bei der/das Hundi (Wiese 2006); dieser reduzierte Kopfstatus ist eine der Eigenschaften, die als typisch für evaluative Morphologie angesehen werden (Bauer 1997).

Tabelle 2
Onymische und appellativische Modifikation und Transposition im übergreifenden produktorientierten Schema [ -i] (modifiziert nach Köpcke 2002: 298)

Wie Köpcke (2002) herausgearbeitet hat, stützen sich in dem übergreifenden produktorientierten Schema ‚Trochäus mit -i‘ die verschiedenen Subschemata modifikatorischer Kürzung und expliziter Derivation mit -i gegenseitig. An den Beispielen für Modifikation in Tabelle 2 zeigt sich auch die für evaluative Morphologie typische Eigenschaft der Basispromiskuität (Bauer 1997), d. h. im Vergleich zu gewöhnlichen Derivationsmustern gibt es wenige Inputbeschränkungen für mögliche Basiswortarten. Dem entspricht die alem. Transposition, die Verben als Basis hat, weniger. Tabelle 2 zeigt insgesamt deutliche Parallelen zwischen onymischen und appellativischen Bildungen des Schemas [ -i], wie sie auch von Odermatt (1903: 73), Hodler (1911: 92f.) und Jutz (1925: 239f.) gesehen werden. Sie zeigt aber auch, dass sich die Subschemata in Bezug auf Genus differenzieren: In der Onymik wird Genus an Sexus gekoppelt, in der Appellativik können die modifikatorischen i-Bildungen genusflexibel sein (der/das Hundi, die/der Studi, es/dr Pfadi), während die Transposition mit verbaler Basis maskulin ist.

2.3 Entstehung des Derivationsmusters mask. -i

Die enge Beziehung von Onymik und Appellativik im Schema [ -i], die Köpcke (2002) als Quelle für die Produktivität des Schemas in der überregionalen Alltagssprache sieht, bildet den Ausgangspunkt für das im Folgenden vorgeschlagene, in Teilen allerdings spekulative Szenario zur Genese des maskulinen Derivationsmusters zur Transposition von Verben in Personenbezeichnungen. Mit der Grafik in Abbildung 2 wird visualisiert, wie sich das Derivationsmuster entwickelt haben kann. Dabei werden Ansätze und Indizien aus verschiedenen Publikationen miteinander verbunden:

  • Odermatt (1903: 73f.) vermutet, dass das maskuline, Nomina Agentis ableitende Suffix -i im Zusammenhang mit dem neutralen Diminutivsuffix -i steht und dass sich beide Wortbildungsmuster ausgehend von dem ahd. hypokoristischen Suffix -i(n) entwickelt haben, das ursprünglich neutrales Genus hatte. Um den Wechsel zum Maskulinum zu erklären, greift sie zu einem Vergleich mit den männlichen hypokoristischen Kurznamen auf -i (eine Hauptdomäne von -i), die im Gegensatz zu weiblichen Kurznamen ihr Basisgenus beibehalten. Als diminutiven Aspekt, der in den appellativischen Bildungen funktionalisiert wurde, sieht sie die gesichtswahrende Abmilderung des vermittelten Tadels. Als Brückenkontext für den Übergang von nominalen zu verbalen Basen betrachtet sie ambige Basen, die sowohl substantivisch als auch verbal interpretiert werden können, z. B. tšampi N mask. ‚langsamer oder einfältiger Mensch‘ zu den möglichen Basen tšamp N. mask. und tšampe V. Solche Reanalysen der Basiswortart kommen im Wortbildungswandel regelmäßig vor, z. B. beim Übergang des Musters -bar von nominalen und adjektivischen zu verbalen Basen (cf. Flury 1964). Dieser Herleitung der maskulinen i-Bildungen schließen sich, auch aufgrund flexivischer Übereinstimmungen der maskulinen i-Bildungen mit neutralen Diminutivbildungen, u. a. Hodler (1911: 92–94), Henzen (1957: 142) und Jutz (1925: 239f.) an.4

  • Wie oben gezeigt, arbeitet Köpcke (2002) für das übergreifende produktorientierte Schema [ -i] heraus, dass dieses parallel bei Namen und Appellativen wirkt, und vermutet, dass die appellativischen Bildungen aus onymischen gespeist werden. Diese Parallele wird auch in alemannischen Dialektgrammatiken gezogen (z. B. Odermatt 1903: 73; Hodler 1911: 92f; Jutz 1925: 239f.).

  • Baumgartner/Christen (2017) zeigen anhand von Daten aus einer Onlineumfrage, dass synchron -i als Suffix an Rufnamen heute weit häufiger männliche als weibliche Rufnamen modifiziert und bei männlichen Rufnamen das Basisgenus nicht überschreibt, während es weibliche Rufnamen neutralisiert (cf. auch Odermatt 1903: 64).

  • Ein letzter Baustein besteht darin, dass es weitere Fälle gibt, in denen Derivationsmorphologie sich von der Onymik ausgehend in die Appellativik hinein entwickelt hat.Schmuck (2009) analysiert einen solchen Fall, das nordostniederdeutsche Diminutivsuffix -ing, das sich aus einem onymischen hypokoristischen Suffix in die appellativische Diminution entwickelt hat.

Diese Bausteine zusammengeführt, kann man spekulieren, dass sich das hier untersuchte Suffix, das heute mit verbalen Basen in der Transposition produktiv ist, aus der Onymik, der Kürzung und Modifikation von Rufnamen und Verwandtschaftsnamen heraus etabliert hat, wo es schon im Ahd. als hypokoristisches Suffix -ī(n) auftrat (cf. Wrede 1908: 132; Baumgartner/Christen 2017: 12). Braune/Heidermanns (162018: 254, § 196, Anm. 3) bemerken, dass im Altoberdeutschen das Genus männlicher Kurznamen mit dem Suffix -i bereits maskulin war. Wie Befragungsdaten zeigen, gilt dies auch heute: Während die (weniger häufigen) weiblichen Rufnamenmodifikationen mit -i neutral sind, favorisieren die männlichen Kurznamen auf -i die Beibehaltung des maskulinen Basisgenus (Baumgartner/Christen 2017: Abbildung 3 und 4).5 Braune/Heidermanns (2018: 254, § 196, Anm. 3) geben an, dass im Altoberdeutschen die maskulinen Kurznamen auf -i ansonsten wie Diminutiva flektiert haben.


Abbildung 2
Entwicklungsszenario für mask. -i im Alemannischen: Aus deonymisierten Rufnamen in die Appellativik (integrierte Textstelle: Lemma Ludi im Idiotikon)

Während Odermatt (1903) für das Bildungsmuster -i von einem direkten Sprung von neutraler Diminution auf maskuline abwertende Nomina Agentis ausgeht und mit dem Genuswechsel zum Maskulinum bei Rufnamen nur als Vorbild argumentiert, wird hier die Schlüsselrolle der maskulinen hypokoristischen Kurznamen auf -i besonders betont.6 Dabei ist der Sprung aus der Onymik in die Appellativik erklärungsbedürftig. Dass diminutive und hypokoristische Suffixe, die primär eine Nähebeziehung markieren, janusköpfig sowohl positivals auch negativ-evaluative Verwendungsweisen entwickeln können, ist sprachenübergreifend zu beobachten (cf. z. B. Jurafsky 1996; Bakema/Geeraerts 2004: 1049). Bereits die Parallele von expressiven Kurznamen auf -i mit expressiven deappellativischen Bildungen auf -i würde also durch eine semantisch-pragmatische Verbindung gestützt. Deonymisierte Rufnamen illustrieren eine solche Verbindung aber besonders anschaulich. Ein Baustein zur Entwicklung des Transpositionsmusters [V -i] > N mask. kann darin bestanden haben, dass hypokoristisch gekürzte männliche Rufnamen auf -i (sicher mitbedingt durch Rufnamenkonzentrationen) teilweise deonymisiert und für negative Stereotypisierungen eingesetzt wurden (wie auch aus anderen Varietäten etwa für -fritze oder -liese bekannt). Das Idiotikon liefert zahlreiche Beispiele für deonymisierte männliche Kurznamen auf -i, z. B. Marti, Ludi, Ueli, von denen mit Ludi nur eines in die Grafik (Abbildung 2) aufgenommen wurde. Die betreffende Stelle aus dem Idiotikon (Bd. III, Sp. 1102) ist hier noch einmal vergrößert und ausführlicher wiedergegeben:

Ludi I [...] 3. appellativ. a) Schelte auf Einen, der etwas leidenschaftlich betreibt oder liebt G;

z. B. Salz-, Sënf-, Spëck-L.; vgl. Ueli, Marti. Bes. Säufer AP; BS; SCH; TH; Z; auch Bränz-, Sūf-, Schnaps-, Wīn-L. — b) unreinlicher Mensch AAF., Fri. (Lodi). Du wüesten L.! zu einem Knaben, der sich beschmiert hat Z. — c) schwacher Mensch, der in Allem leicht nachgibt Bs. Einfaltspinsel AA; UWE. Narr, Hanswurst; in Gesellschaft der L. machen, sīn UWE. Der verkleidete Bauer, welcher am Fastnachtssonntag die Dorfknaben beim Sammeln des Holzes anführt, und welcher dabei neben dem Geschenkten noch Etwas zu erhaschen sucht. BS Pfeff. [...]

Hier wird deutlich, dass die deonymisierten Rufnamen sowohl frei als auch als personale Suffixoide in evaluativen Personenbezeichnungen eingesetzt werden können. Sie haben eine ähnliche Semantik wie das Derivationsmuster -i, indem sie sich auf notorisches Verhalten beziehen, das in einem Erstglied spezifiziert sein kann, aber nicht muss. Die Stereotypenbildung kann bis in die Ritualisierung mit eingekleideten Typenfiguren reichen. Nimmt man diese Nutzung einiger männlicher Kurznamen auf -i für negative Stereotypisierungen notorischen Verhaltens als zusätzliche funktionale Ausgangsbasis, erscheint die Verbindung von onymischen zu appellativischen Basen noch plausibler (Abbildung 2, Mitte): Wenn der Süüffer auch ein Ludi oder Suuffludi sein kann, können auch appellativische Personenbezeichnungen wie Schwafler hypokoristisch mit -i zum Schwafli modifiziert werden. In diesem Stadium besteht Ambiguität zwischen Modifikation, die aus einem Schwafler (N) einen Schwafli (N) macht, und Transposition, die ihn direkt aus schwafle (V) ableitet. Deonymisierungen, die negativ stereotypisiert wurden, können also ein zusätzliches Verbindungsglied zwischen onymischer und appellativischer evaluativer Mophologie gebildet und die Etablierung des heute produktiven Musters appellativischer, deverbaler Maskulina, die affective stance gegenüber einer Person als Redegegenstand vermitteln, unterstützt haben (in Abbildung 2 rechts). Ein Gutachter oder eine Gutachterin vermutet, dass Bildungen wie Ludi und Suuffludi sekundäre Entwicklungen sind und als Ausgangsbasis für einen Sprung aus der Onymik in die Appellativik nicht ausreichen. Weil sich bei Phänomenen konzeptioneller Mündlichkeit wie diesen kaum schriftliche Belege finden lassen werden, muss offen bleiben, inwieweit es sich bei den Deonymisierungen um eine funktionale Parallele oder um einen Entwicklungsbaustein handelt.

Zwei Befunde stützen die Argumentation dafür, dass die frühe Maskulinisierung von Kurznamen auf -i eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung des Musters [V -i]N zur Ableitung maskuliner Nomina Agentis ist. Dies ist zum einen die schon angesprochene häufigere Verwendung des i-Suffixes bei männlichen Namen, während bei weiblichen Rufnamen heute andere hypokoristische Suffixe dominieren (Baumgartner/Christen 2017: 23f., 27, Tabelle 1). Zum anderen finden sich in Stichproben von Dialektbeschreibungen zu dem Gebiet im Wallis, in dem Männernamen auf -i neutral (geblieben) sind, keinerlei Hinweise auf ein produktives Muster deverbaler maskuliner i-Bildungen à la Schwafli und Bhaupti (Zürrer 1982 und pers. Auskunft für die Sprachinsel Gressonney). Die maskulinen i-Bildungen fehlen auch in Wipf (1910), die die Wortbildung des Dialekts von Visperterminen ansonsten ausführlicher dokumentiert.7 Das spricht dafür, dass die Existenz maskuliner Kurznamen auf -i, die wie Ludi deonymisiert und mit stereotypen Bedeutungen angereichert werden konnten, eine der notwendigen Vorbedingungen für die Entstehung des Musters deverbaler maskuliner i-Bildungen war. Dass appellativische Derivationsmuster ihre Quelle in der Onymik haben können, zeigt der oben schon erwähnte Parallelfall des Diminutivsuffixes -ing, dessen Entwicklung aus einem hypokoristischen und patronymischen Suffix Schmuck (2009) beschreibt.

2.4 Funktionalität der maskulinen .-Bildungen

Die maskulinen .-Bildungen sind generische Personenbezeichnungen, indem sie auf Klassen von Verhaltensauffälligen verweisen. Inwiefern diese Stereotype männlich-zentriert sind, wird Gegenstand der Wörterbuchanalyse sein. Die Frage ist, inwieweit sich Diewalds Position (2018: 293f.) zur männlich-zentrierten Generizität von er-Bildungen übertragen lässt:

Die diachrone Entwicklung zeigt deutlich, dass die Behauptung, Personenbezeichnungen auf -er wie Bäcker etc. hätten eine genuin geschlechtsneutrale Bedeutung, indem sie nur die „abstrakte Funktion“ bezeichnen würden, unzutreffend ist. Sie bezeichnen vom Beginn der diachronen Zeugnisse an und durch die Geschichte hindurch männliche Personen, die eine bestimmte Funktion ausführen. [...]

Die Frage, ob bei der Verwendung einer -er-Form Frauen mitgemeint sein könnten, stellte sich lange nicht: Die patriarchale Gesellschaftsordnung wies Frauen keine Funktion im öffentlichen Leben zu, die mit Beruf, Status oder offizieller Tätigkeit zu tun hatte. Konsequenterweise benennt das Ableitungssuffix -in, das sekundär auch an Ableitungen mit -er angehängt wird (Müller, Müllerin), zunächst die Funktion als Ehefrau des Betreffenden und nicht die eigenständige Funktion einer Frau.

Nun handelt es sich bei den deverbalen Personenbezeichnungen gerade nicht um Bezeichnungen für offizielle Tätigkeiten, Beruf oder Status, also um den Bereich, in dem funktionale Movierungen zu erwarten wären. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich auch hier Asymmetrien spiegeln, mit welchen Verhaltensstereotypen männliche und weibliche Personen im privaten und öffentlichen Raum auffallen und Anstoß erregen konnten. Wenn generische Personenbezeichnungen Klassen von Merkmalsträgern eröffnen und eine Movierung in paradigmatisch abhängiger Relation zu einem männlichen Merkmalsträger stehen sollte, wird es im Wörterbuch besonders interessant, wenn eine feminine Variante als einzige Form aufgenommen wurde oder im Lemmaansatz vor der maskulinen Bildung steht. Die Überlegungen dieses Abschnitts werfen also zum einen die Frage auf, welche Stereotype mit dem Derivationsmuster [ -i]N mask. bedient wurden, und zum anderen, da es sich um generische Personenbezeichnungen handelt, inwieweit spezifische Formen für weibliche Referenzpersonen lexikalisiert wurden, welche verbalen Basen dabei auftreten – und welche nicht. Vermutungen gibt es: So nimmt Hodler (1911: 84) an: „Weibliche Personen werden mit schwächeren Schimpfwörtern bedacht“ und Wissler (1891: 8) konstatiert (hier noch einmal wiederholt):

Meistens können Masc. und Fem. neben einander gebildet werden; doch ergibt sich aus der Natur der Sache, dass aus manchen Verben hauptsächlich Masc., aus anderen Fem. entstehen. Übrigens muss in betreff des Verhältnisses zwischen der masc. und der fem. Form gesagt werden, dass das Fem. in ziemlicher Unabhängigkeit vom Masc. direkt vom Verbum gebildet werden kann.

Ich werde im Folgenden also auch überprüfen, wie (un)abhängig die femininen Formen von den maskulinen im Wörterbuch sind und inwiefern sie andere, womöglich weniger negative, Stereotype bedienen.

3 Vergleichende Wörterbuchanalyse

Wörterbücher dokumentieren Sedimentierungen vergangener Produktivität8 und die Aufnahme und Beibehaltung eines Lemmas durch die Auflagengeschichte beruhen auf bis zu einem gewissen Grad subjektiven Prinzipien der BearbeiterInnen. Trotzdem oder gerade deshalb sind Dialektwörterbücher die geeignetste Quelle für die vorliegende Fragestellung. Es war erklärtes Ziel der Dialektlexikographie, Spezifika dialektaler Sprechweisen zu dokumentieren, was besonders auch expressive sprachliche Mittel einschließt. Dass hier gerade die beiden an linguistische Laien gerichteten Regionalwörterbücher zum Zürichdeutschen und Berndeutschen ausgewertet werden, liegt zum einen darin begründet, dass sie im Gegensatz zum dialektübergreifenden und historische Belege einschließenden Schweizerischen Idiotikon einen relativ einheitlichen Ortsund Zeitbezug haben (beide Mitte/Ende 20. Jh.). Im Vergleich etwa zum Neuen Baseldeutsch Wörterbuch (Gasser/Häcki Buhofer/Hofer 2010) haben beide ihre Lemmaansätze weniger stark modernisiert. Zum anderen sind die kompakten Wörterbücher im Gegensatz zum Idiotikon in ihrem Lemmaansatz und Interpretament zur Zuspitzung gezwungen, was die Auswertung auf Stereotype hin erleichtert und pointiert. Eine beispielhafte Gegenüberstellung für das Lemma Stürmi in den beiden Wörterbüchern mit dem Idiotikon bietet Abbildung 9 im Anhang.

Erhoben wurden für alle Personenbezeichnungen auf -i jeweils der Lemmaansatz und seine Interpretamente sowie die Basis der meist deverbalen Bildungen. Der Lemmaansatz gibt Auskunft darüber, welche Personenbezeichnungen als so gefestigt erachtet wurden, dass sie einen eigenen Eintrag im Dialektwörterbuch verdienen. Aus ihm lässt sich ein Überblick über die möglichen Wortbildungsbasen und ihre Auswirkungen auf die stereotypische Outputsemantik gewinnen. Vor allem wurde miterhoben, ob neben einer maskulinen eine feminine Variante für weibliche Personen steht und ob neben maskulinem und femininem auch neutrales Genus möglich ist. Auch die Interpretamente sind hinsichtlich möglicher Stereotype aufschlussreich, indem sie mögliche ReferentInnen beschreiben und weil die BearbeiterInnen in ihren Beschreibungen auf der Metaebene einen Standpunkt zur Generizität der Bildungen einnehmen müssen.

Abbildung 3 zeigt eine erste quantitative Auswertung des Materials hinsichtlich der Basiswortart, die den Input des Wortbildungsmusters ausmacht. ZH steht für das Zürichdeutsche Wörterbuch, BE für das Berndeutsche Wörterbuch. Es zeigt sich, dass verbale Basen deutlich dominieren, was Beobachtungen aus den Dialektgrammatiken (Wissler 1891: §6; Odermatt 1903: 72; Weber 1964: 335–338; Hodler 1911: 90–111; Marti 1985) und dem Register des Idiotikons (cf. Fußnote 1) bestätigen.


Abbildung 3
Quantitative Auswertung des Zürichdeutschen (ZH) und Berndeutschen (BE) Wörterbuchs nach Basiswortart (nur Personenbezeichnungen)

Abbildung 4 gibt einen quantitativen Überblick über die Outputsemantik der Types im Wörterbuch, die anhand der Interpretamente ermittelt wurde. In beiden Wörterbüchern dominieren sehr deutlich Personenbezeichnungen als Output maskuliner .-Bildungen (linker Kreis); unter diesen tritt wiederum prominent die Gruppe der Nomina Agentis hervor (rechter Kreis). Das Muster überschneidet sich in seiner Funktion damit stark mit maskulinen er-Bildungen, die in vielen Fällen, besonders im Zürichdeutschen Wörterbuch, auch als Alternative im Lemma angesetzt werden.


Abbildung 4
Quantitative Auswertung des Zürichdeutschen (ZH) und Berndeutschen (BE) Wörterbuchs nach Output (linker Kreis: übergreifend, rechter Kreis: für Konzept Person)

Im Vergleich beider Wörterbücher zeigen sich weitere Gemeinsamkeiten. Der Löwenanteil der Basen, die in .-Bildungen eingehen, ist bereits expressiv, das heißt, das Verb ist entweder eine expressive Option, eine Handlung zu bezeichnen (z. B. schwaflestatt rede, verzelle) oder es denotiert direkt normabweichendes Verhalten (stürme, brüele). Wie oben schon diskutiert, tritt der expressive Effekt aber auch mit Basen wie schaffe, bhoupte, rede und fraage auf, die nicht pejorativ sind; die expressive Funktion ist damit als stabil und sehr typenfrequent einzuordnen.

Tabelle 3 schlüsselt den Umgang der beiden Wörterbücher mit movierten Formen auf. Sie zeigt, dass in beiden Wörterbüchern im Lemmaansatz in der Mehrzahl der Fälle nur die maskuline Form genannt wurde. Die Fälle, in denen feminine Varianten mit aufgenommen oder alleine angesetzt wurden, weisen auf eine Usualisierung der jeweiligen movierten Form hin und werden unten qualitativ diskutiert. Der deutlich geringere Anteil an Beidnennungen im Zürichdeutschen Wörterbuch kann strukturelle Gründe haben: Oben in Tabelle 1 wurde gezeigt, dass die formale paradigmatische Relation zwischen Stürmi (mask.) und Stürme (fem.) im Berndeutschen enger ist als die zwischen nicht direkt movierbarem Strütti und Strütteri ‚Hastende(r)‘ im Zürichdeutschen. So ist für das Zürichdeutsche Wörterbuch zu beobachten, dass eine Beidnennung eher dann erfolgt, wenn das Lemma auch eine er-Bildung als Variante enthält, z. B. Strütter, Strütti, Strütteri.9 Die konsequentere Beidnennung im Berndeutschen Wörterbuch kann vielleicht über den strukturellen Aspekt hinaus auch mit der Tatsache in Verbindung gebracht werden, dass es sich bei der Bearbeiterin des Berndeutschen Wörterbuchs mit Ruth Bietenhard um eine Frau handelt.10

Tabelle 3
Quantitative Auswertung der Lemmaansätze für Personenbezeichnungen auf -i (moviert -e/-eri/-ere) nach Genus und Movierung im Zürichdeutschen (ZH) und Berndeutschen (BE) Wörterbuch

In Abschnitt 2 wurden die Produkte des Wortbildungsmusters als Verfestigungen von Bewertungshandlungen beschrieben, die sich auf Verhalten beziehen, das als abweichend von sozialen Normen empfunden wird. Aus den Interpretamenten der Lemmaansätze lassen sich in beiden Wörterbüchern parallele Motivbereiche dieser Normabweichungen ableiten. Abbildung 5 führt links die Motivbereiche auf und gibt rechts einen Eindruck ihrer Anteile am Material. Das Zürichdeutscheund das Berndeutsche Wörterbuch unterscheiden sich in ihren negativen Stereotypisierungen damit kaum. Die Motivbereiche decken sich darüber hinaus mit Bereichen, die Braun (1997: 27–30) allgemein und Christen (2013) für das Idiotikon herausgearbeitet haben und die sich auch in unterhaltend gedachten Materialsammlungen wie dem Züri-Slängikon wiederfinden.


Abbildung 5
Themenbereiche der Stereotypisierung in den Interpretamenten im Zürichdeutschen (ZH) und Berndeutschen Wörterbuch (BE); relative Darstellung

Die folgenden Ausführungen zu femininen Varianten und der Frage nach damit verbundenen Geschlechterstereotypen beziehen sich nur auf die Daten aus dem Berndeutschen Wörterbuch, weil hier deutlich mehr Beidnennungen auftreten (cf. Tabelle 3 oben). Abbildung 6 zeigt die Anteile von maskulinem Ansatz (grau), Doppelansatz (gelb), eigenem Ansatz femininer Varianten (rot) und neutralen .-Bildungen (blau). Vorwürfe in Bezug auf Arbeitsverhalten, auf mangelnde Reinlichkeit und auf Kommunikationsverhalten haben sich stärker in Beidnennungen und separaten Lemmata für Movierungen verfestigt als Normabweichungen im Bewegungsverhalten, im Charakter und vor allem in körperlichen Auffälligkeiten. Letztere erscheinen fast ausschließlich im Maskulinum. Interessant ist der Bereich intellektueller Unzulänglichkeiten. Hier treten neben Maskulina Neutra auf, was in der qualitativen Diskussion der Daten weiterverfolgt wird.


Abbildung 6
Anteile movierter und neutraler Formen zu maskulinen i-Bildungen im Berndeutschen Wörterbuch (n=172, nicht abgebildet: andere Kategorien: 8 Types)

Das Typenspektrum femininer Varianten vertritt damit schon auf der Makroebene ein reduziertes Spektrum an Stereotypen. Dasselbe gilt auf der Mikroebene innerhalb der Motivbereiche, in denen feminine Varianten vorkommen. Exemplarisch zeigen Tabelle 5 und 6 im Anhang dies für die beiden am besten belegten Bereiche Kommunikationsverhaltenund Charakter (mit Intellekt). Im Bereich Kommunikationsverhalten treten bei den Lemmata, die weibliche Personen mitoder alleine bezeichnen, Interpretamente zurück, die Angeber und Wichtigtuer ausweisen, dafür treten die weinerlichen und sich aus einer machtlosen Position heraus beschwerenden Jammersusen (bzw. -greten) und die klatschsüchtigen Schwatzbasen, die genau so in den Interpretamenten stehen, besonders stark hervor. Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch bei den charakterbezogenen .-Bildungen und ihren femininen Entsprechungen machen, wo (bei einer breiten Schnittmenge der Mürrischen, Zänkischen und Unbeholfenen) die Exaltierten, Käuze und Phantasten nur ohne feminine Variante erscheinen, die Gutmütigen und Dummen aber im Maskulinum und Neutrum auftreten (BE Dümi m., n., Hudi m., Hüdeli n.).

Die Spitze des Eisbergs geschlechtsspezifischer Stereotypisierungen ist in Fällen zu vermuten, in denen die feminine Variante den ersten, alleinigen oder einen separaten Lemmaansatz bildet und die in Tabelle 4 aufgeführt sind.

Tabelle 4
Feminine Variante als erster, alleiniger oder separater Ansatz (Berndeutsches Wörterbuch)

Hier kristallisieren sich die Schwerpunkte in den Bereichen Kommunikationsverhalten und Unordentlichkeit, die sich in Abbildung 6 schon angedeutet haben, deutlich heraus. Die drei Fälle im Zürichdeutschen Wörterbuch .Blodere ‚Schwätzerin‘ Schnädere ‚Schwätzerin, Klatschbase‘ und Blädere ‚sehr dicke und träge Frau‘) reihen sich hier ein. Sie haben das despektierliche Suffix -e, das bei Basen auf -er antreten kann. Diese Bildungen unterscheiden sich von funktionalen Movierungen, die im Zürichdeutschen mit -(er)i gebildet werden (z. B. Wöscheri ‚Wäscherin‘).

Kleinere Unterschiede zwischen den beiden Wörterbüchern, die im Folgenden qualitativ diskutiert werden, zeigen sich in der Praxis der Interpretamente. Wie in Tabelle 3 zu sehen ist, hat das Zürichdeutsche Wörterbuch wenige Beidnennungen in den Lemmata, so dass die meisten Interpretamente auf das generische Maskulinum zurückgreifen (z. B. ZH Gaxi ‚schlechter Redner, Stammler, Stotterer‘, Bröli ‚Prahler‘, Gwunderi ‚Neugieriger‘); seltener wird mit den generischen Personenbezeichungen Person oder Mensch gearbeitet oder mit generischen Pronomen umschrieben (z. B. ZH Moli ‚kleine, dicke Person‘, Brieggi, Brieggeri ‚weinerlicher Mensch‘ und Schnauzi ‚wer barsch redet, Schnauzender‘). Vereinzelt wird mit Partizipien gegendert, z. B. ZH Strütter, Strütti, Strütteri ‚Hastende(r)‘. In wenigen Fällen wird männliches Geschlecht ausdrücklich spezifiziert, was in beiden Wörterbüchern vor allem im Bereich körperlicher Unzulänglichkeiten geschieht, z. B. ZH Gnappi ‚alter, gebrechlicher Mann‘, BE Plampi ‚Mann, der taumelt, stark schwankt beim Gehen‘, BE Tscholi ‚schwerfälliger, aber gutmütiger Mann‘, bei anderen Motivbereichen (Charakter) erscheint auch vereinzelt Kerl und Bub.

Im Berndeutschen Wörterbuch, wo die maskulinen .-Bildungen im Lemma weit häufiger mit femininen Formen flankiert sind, arbeiten die Interpretamente zwar auch mit generisch maskulinen er-Derivaten oder Pronomen (z. B. BE Pyschti ‚einer, der sich keuchend müht‘), häufig aber mit Alternativen wie wer gern/immer X-t, Mensch, Person, der/die immer/gern X-t. Mensch erscheint dabei deutlich häufiger bei den Lemmata mit ausschließlich maskulinem Ansatz, Person beschränkt sich nahezu auf Beidnennungen mit ergänzter femininer Variante, wo Mensch zurücktritt (siehe exemplarisch Tabelle 5 und 6 im Anhang zu charakterund kommunikationsbezogenen i-Bildungen). Besonders im Berndeutschen Wörterbuch wird aber auch versucht, Expressivität in den Interpretamenten mit expressiver Lexik wiederzugeben, also regelrecht zu übersetzen: So werden in den Interpretamenten auch expressive Komposita, die geschlechtsspezifisch sein können, aber nicht müssen (BE Dummkopf, Plaudertasche, Plappermaul, Schreihals; ZH Dickkopf, Geizhals, Leseratte), und deonymische Suffixoidbildungen, die geschlechtsspezifisch sind (BE Heulmeier, Dummerjan, Raufbold, Jammergrete, Jammersuse), eingesetzt. Darüber hinaus fallen in beiden Wörterbüchern Adjektive auf (cf. schon Christen 2013 zum Idiotikon), die besonders in ihrer Kombination auf Stereotypenbündel verweisen können. So wird in beiden Wörterbüchern das Adjektiv dick i. d. R. um weitere Charakterisierungen ergänzt, die man geschlechtsspezifisch auslegen kann, z. B. ZH Blädere f.: ‚sehr dicke und träge Frau‘ und BE Braschi m. ‚dicker, gemütlicher Plauderer‘.

Zusammenfassend kann als grundlegender Befund festgehalten werden, dass in der Mehrzahl der Fälle maskuline Personenbezeichnungen angesetzt und offenbar auch geschlechtsunspezifisch eingesetzt werden. Wo feminine Varianten im Lemma angesetzt werden, sind diese nicht gleichmäßig über die evaluative Lexik aus dem untersuchten Derivationsmuster verteilt. Innerhalb der Bereiche, in denen feminine Formen in relativ hohen Anteilen vorkommen, zeigen sich reduzierte – oder besser: zugespitzte Stereotypeninventare für weibliche Referenzpersonen, was exemplarisch für die Bereiche Charaktereigenschaften und Kommunikationsverhalten gezeigt wurde. Zu diesen lexikalischen Selektionspräferenzen kommt hinzu, dass sich Geschlechtsspezifik im Wörterbuch punktuell auch in Fällen von Differenzialgenus kristallisiert, dazu Christen (2013: 94):

Anders als in der Standardsprache offenbart sich in den Personenbezeichnungen des Idiotikons, dass weibliche Personenbezeichnungen aus verschiedenen Wortbildungsverfahren resultieren können, die mit femininem oder aber neutralem Genus einhergehen und ein bisher unbearbeitetes dialektologisches Forschungsfeld eröffnen, von dem man sich die Aufdeckung der allfälligen semantischen Motivation der beiden Genusklassen versprechen könnte.

[...] dass in einzelnen Dialekten nicht nur durch Wortbildungsaffixe geschlechtsspezifizierende Personenbezeichnungen erzeugt worden sind, sondern gar mit Differentialgenus gerechnet werden kann, dem Genus also ein bedeutungsunterscheidendes Moment zukam und vielleicht noch immer zukommt.

Differenzialgenus in Reinform liegt dann vor, wenn bei formal gleichem Lemmaansatz zwei Genusausprägungen vorliegen. Dieser Fall kommt im Wörterbuchmaterial selten und fast nur zwischen Maskulinum und Neutrum vor und kann Simplizia wie BE Möff m. und n. ‚Trottel, Dummkopf, arroganter Laffe‘ und Ableitungen betreffen wie ZH Pfadi m. ‚Pfadfinder‘, s.

‚Pfadfinderin‘, w. ‚Pfadfindergruppe, Pfadfinderbewegung‘ und BE Dümi m. und n. ‚Dummerchen, Dummerjan‘. Es gibt im Berndeutschen Wörterbuch einige Einträge auf -., die zum Teil ausschließlich als Neutra verzeichnet und teilweise neben .-lose Maskulina gestellt sind. Betrachtet man diese Fälle im Zusammenhang, dann treten in den Interpretamenten zum einen kindliche Referenzpersonen hervor (BE Chrabi n. ‚Kosenamen für junges Mädchen, manchmal leicht abwertend‘, Gätschi n. ‚vorlautes Mädchen‘, Zülin. ‚unachtsamer Mensch; bes. Kind, das etwas verdorben od. zerbrochen hat‘. Zum anderen tritt der Bereich der Normabweichung durch intellektuelle Einschränkungen zutage (BE Tschanggel m., Tschanggeli n. ‚beschränkter od. schwachsinniger Mensch mit schwerfälligem Gang‘, Tschautel m., Tschauteli n. ‚behinderter, beschränkter Mensch (noch mehr als Tschanggel)‘. Beide Bereiche verbinden sich in BE Huschi, Huscheli n. ‚1. unordentliches, etwas beschränktes Geschöpfchen. Es dumms, es arms Huscheli‘ (aber zugleich auch ‚– 2. Schlampe, Hure [...]‘) und Tschudi n. ‚einfältiges, etwas unordentliches Mädchen‘. Trotz der wenigen Beispiele zeichnet sich hier innerhalb der evaluativen Appellativa eine Spezialisierung der Genusklasse Neutrum ab (cf. auch Köpcke/Zubin 2003: 150; Nübling 2014; Christen 2013; Baumgartner/Christen 2017: 36), die man sehr vorsichtig mit Nominalklassifikationssystemen wie dem des Swahili in Beziehung setzen kann, das eine spezielle Klasse (mit den Präfixen ki-/vi-) für kleine Artefakte, Verkleinerungsformen, Personen mit Behinderung (ki-pofu ‚Blinder‘; ansonsten kommen Menschen in die m-/waKlasse), Krankheiten von Körperteilen und Sprachen (ki-swahili) hat (cf. Moxley 1988; Nurse/Philippson 2003: 111). Ein Unterschied besteht darin, dass im Swahili auch männliche Personen mit Behinderung in die ki-Klasse kategorisiert würden, da das System auf Belebtheit, nicht auf Sexus basiert.

Differenzialgenus in einem weiteren Verständnis kann durch Wortbildungsmuster gespeist werden (cf. Christen 2013: 86–93). Für das Berndeutsche Wörterbuch, das durch die ausgebauteren Wortbildungsmöglichkeiten für feminine Formen im Vergleich zum Zürichdeutschen Wörterbuch mehr Beidnennungen und mehr Variation präsentiert, lässt sich in Abbildung 7 zusammenfassend folgende Korrelation von Derivationsund Genusklassen skizzieren: Die maskulinen .-Bildungen repräsentieren das gesamte Spektrum negativer menschlicher Verhaltensstereotype und können auch geschlechtsunspezifisch verwendet werden, gehen aber vom Mann als Prototyp des Menschen aus. In diese Reihe wären weitere evaluative Derivationsmuster wie -el .Sürmel ‚Langweiler [...]‘) und -ler .Düderler ‚Schönredner [...]‘) zu stellen.

Feminin-Movierungen mit -(er)e .Wöschere) und -. (Büri/Püri) sind tendenziell funktionale Movierungen für Berufstätige, wobei nur Frauenberufe im Wörterbuch sedimentiert sind. Sie entsprechen den nichtevaluativen maskulinen Nomina Agentis auf -er. Die Movierungen auf -., die dem Zürichdeutschen fehlen, bilden das negativ-evaluative funktionale Pendant zu den maskulinen .-Bildungen und repräsentieren spezifisch weibliche negative Stereotype über v. a. erwachsene Referentinnen. Es könnte sich lohnen, die Suffixe m. -i und f. -e im Kontext von Augmentation (z. B. Bakema/Geeraerts 2004) zu diskutieren. Denn beide Bildungsmuster vergrößern und verabsolutieren normabweichendes Verhalten, das auf diese Weise als übermäßig und unangemessen bewertet wird. Die femininen Bildungen auf -. verweisen dabei im Speziellen auf solcherart bewertetes Verhalten, das Stereotypen für weibliche Personen entspricht (Kommunikationsverhalten), das weiblichen Personen nicht zugestanden wird (Regänte), oder als weiblichen Idealen nicht genügend eingeschätzt wird (träge, langsam, unordentlich). Appellativische Diminutive auf -i (und -li), die im Genus Neutrum verzeichnet sind, zeigen in den Interpretamenten ein Profil junger, unzureichender, und/oder kognitiv beschränkter weiblicher Personen.


Abbildung 7
Korrelationen von Derivationsmustern und Genusklassen im Berndeutschen Wörterbuch

Differenzialgenus in seiner Reinform bei gleichem Suffix ist selten belegt (s. o., Dümi, Möff); gekoppelt an Derivationsmuster ist die Reihenbildung der Genusklassen systematischer und findet sich nicht nur bei den Appellativa auf m. -i / f. -e / n. -(l)i, sondern auch in Rufnamen wieder; diese Generalisierung visualisiert Abbildung 8.


Abbildung 8
Dreiecksbeziehung von Derivationsmuster, Genus und Sexus bei derivierten Personenbezeichnungen im Berndeutschen Wörterbuch im Vergleich zu Namen

Während männliche Rufnamen bei hypokoristischer Modifikation maskulines Genus behalten, können bestimmte weibliche Rufnamen auf zwei Arten modifiziert werden: in femininer Form mit -e z. B. Barbara als Baabe und in neutraler Form mit -i und -li als Baabi/Baabeli. Die beiden Genera für weibliche Referenzpersonen decken unterschiedliche evaluative Nuancen ab, die in Bezug auf Abbildung 7 beschrieben wurden (cf. generell zur Relationalität evaluativer Kurzformen untereinander Wierzbicka 1991). Es besteht also nicht nur diachron eine Verbindung (s. o., Abschnitt 2.3), sondern auch synchron eine Parallele zwischen onymischer hypokoristischer oder despektierlicher Kürzung und Modifikation und appellativischer Transposition mit Personenbezeichnungen als Produkt. Sowohl onymisch als auch appellativisch ist eine Engführung von Derivationsmustern und Genus zu beobachten, die im Fall von Personenbezeichnungen Sexusklassen und im Fall weiblicher Referenz auch Sexus-Subklassen eröffnet (cf. schon Christen 2013: 94). Dass onymisches und appellativisches Genus interagieren, ist bei Personenbezeichnungen, die mit Verwandtschaftsnamen eine Grauzone zwischen den beiden lexikalischen Klassen aufweisen, nicht anders zu erwarten. Zumindest für die Daten aus dem Berndeutschen Wörterbuch kann man also eine paradigmatische Dreiecksbeziehung zweier semantisch motivierter Genusklassen für weibliche appellativische Personenbezeichnungen in Relation zu den maskulinen i-Bildungen annehmen, die sich parallel in modifikatorischen Kürzungsvarianten von Namen wiederfindet, wo die feminine Form mit dem Suffix -e gegenüber den grundsätzlich hypokoristischen, aber janusköpfigen neutralen i-Bildungen eindeutig despektierlich ist.

4 Schluss

Weibliche Personen werden nicht „mit schwächeren Schimpfwörtern bedacht“ wie Hodler (1911: 84) angenommen hat. Sie werden mit den negativ wertenden maskulinen Personenbezeichnungen des Musters -i mitbedacht. Eigenständige, von Maskulina auf -i losgelöste Bildungen, wie Wissler (1891) sie vermutet hat, sind schwach belegt. Die Movierungen werden in den beiden untersuchten Wörterbüchern als derivationelle Ableger des maskulinen Derivationsmusters (mit)lemmatisiert und spiegeln im Vergleich zu den maskulinen i-Bildungen ein eingeschränkteres und verlagertes Spektrum an spezifisch weiblichen Stereotypen. Evaluative Derivationsmuster wie maskulin/neutral -i und feminin -e spielen im Rahmen dieser Stereotypisierungen eine wichtige Rolle als verfestigte und verfestigende Schablonen in der Praxis der Bewertung von Personen; sie stärken auch das Prinzip der Engführung von Personenklassen mit Genusklassen, wobei weibliche Stereotypisierungen auf zwei Genusklassen zurückgreifen können, Feminina und Neutra.

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Anhang

Exemplarische Abbildungen und Tabellen zum Wörterbuchmaterial


Abbildung 9
Wörterbuchvergleich am Beispiel des Lemmas Stürmi im Schweizerischen Idiotikon, im Zürichdeutschen und Berndeutschen Wörterbuch

Tabelle 5
Stereotypisierung von Kommunikationsverhalten in i-Bildungen und ihren femininen Entsprechungen nach Genera im Berndeutschen Wörterbuch

Tabelle 5 (continuación)
Stereotypisierung von Kommunikationsverhalten in i-Bildungen und ihren femininen Entsprechungen nach Genera im Berndeutschen Wörterbuch

Tabelle 6
Stereotypisierung von Charaktereigenschaften in i-Bildungen und ihren femininen und neutralen Entsprechungen im Berndeutschen Wörterbuch

Tabelle 6 (continuación)
Stereotypisierung von Charaktereigenschaften in i-Bildungen und ihren femininen und neutralen Entsprechungen im Berndeutschen Wörterbuch

Notes

* Mein herzlicher Dank gilt den HerausgeberInnen(i) und anonymen GutachterInnen(ii), die (i) sehr viel Geduld mit mir aufgebracht und (i & ii) wichtige Hinweise zur Überarbeitung dieses Beitrags gegeben haben.
1 Bisher fehlen korpusbasierte Untersuchungen zur Wortbildung des Alemannischen, die eine erhöhte Produktivität belegen. Einen Eindruck von in Typenfrequenz sedimentierter Produktivität kann das Register des Idiotikons geben. Von den drei angeführten Wortbildungsmustern für maskuline Personenbezeichnungen mit pejorativen Komponenten fallen mit Abstand die meisten Lemmata auf -. (1183), wobei deverbale Bildungen deutlich überwiegen. Diesen stehen 371 Lemmata auf -el (z. B. Sürmel) und 240 auf -ler gegenüber (z. B. Frequenzler in Referenz auf gebrauchsbasiert arbeitende LinguistInnen, Hörbeleg IGDD-Tagung Kiel, 13.–15.09.2012).
2 An types gemessen, übertreffen die negativen Evaluationen die positiven an Anzahl und Differenziertheit des evaluativen Vokabulars bei weitem. Die Token-Frequenz einiger positiver Adjektive wie geil (69) und cool (146) gleicht dieses Ungleichgewicht jedoch wieder aus. Von den negativ-bewertenden Adjektiven kommen lediglich peinlich (26), krank (17), blöd (16), absurd (14) und lächerlich (15) öfter als zehnmal vor. (Dieses kompensatorische Verhältnis zwischen types und tokens gilt allgemein für evaluative Ausdrücke, d. h. es ist nicht konstruktionstypisch.)“ (Auer 2016: 75f.).
3 Diesen Hinweis verdanke ich einer anonymen Gutachterin oder einem anonymen Gutachter, die/der auch eine Einschätzung gibt: „Die Verwendung von maskulinen Nomina für Frauen erfolgt übrigens, wie es scheint, primär in prädikativer Funktion (‚sie ist ein Bhaupti‘), also nicht als definite Personenbezeichnung, und hier ist das Geschlecht semantisch neutralisiert.“
4 Wissler (1891: 8–13) schließt in seiner Dissertation zum Suffix -.im Berndeutschen wegen des engen Zusammenhangs des Bildungsmusters mit Verben ein Diminutivsuffix als Quelle ohne weitere Diskussion aus. Stattdessen favorisiert er mask. und fem. Nomina Agentis auf mhd. -. als Vorläufer der heutigen Suffixe mask. -i und fem. -e, wie sie sich standarddt. z. B. in Laffe, mhd. lappe ‚einfältiger Kerl‘ zu dem mhd. Verb laffen ‚schlürfen, lecken‘ erhalten haben. Dafür muss er für die Vorstufen des Berndt. einen sich in der mhd. Schriftlichkeit nicht manifestierenden Qualitätsunterschied für mhd. mask. und fem. -. annehmen, den er auf die germanischen Suffixe mask. *-jan und fem. *-jōnzurückführt. Er nimmt also einen genusdifferenzierenden Verstärkungsprozess für die Auslautvokale dieser beiden Derivationsmuster an. Was mich diese Erklärung in eine Fußnote verbannen lässt, ist, dass bei anderen schwachen Maskulina wie Bote im Berndt. das -. apokopiert wurde und Wissler keine Erklärung dafür bietet, dass einige Maskulina, bei ihm die „jüngere Gruppe“, und die Feminina (hier argumentiert er, es habe sich die Akkusativform durchgesetzt, bei der -. durch . gedeckt war) das -. beibehalten, während andere Lexeme des gleichen Bildungsmusters es apokopieren (cf. auch Odermatt 1903: 73).
5 Eine Ausnahme bildet das Wallis, wo für männliche Rufnamen auf -. Neutrum gilt, das auch in der Pronominalisierung für männliche Personen eingesetzt wird. Es ist nicht abschließend geklärt, ob das neutrale Genus bei männlicher Personenreferenz im Wallis eine Innovation oder ein Konservativismus ist.
6 Wie wir in Abschnitt 3 noch sehen werden, verzeichnen die Wörterbücher neben den vielen deverbalen maskulinen .-Bildungen nur sehr wenige nichtonymische .-Bildungen im Genus Neutrum, die dann weibliche Personen mit bestimmten Charaktereigenschaften bezeichnen.
7 Als Muster zur Ableitung pejorativer maskuliner Nomina Agentis nennt sie -ill (als unproduktiv) und -aetš, das adjektivische und verbale Basen nimmt und den .-Bildungen am nächsten kommt (cf. Wipf 1910: 163f.). Dass männliche Rufnamen im Wallis neutral sind, müsste auch im Zusammenhang mit den Deklinationsklassensystemen der Walserdialekte betrachtet werden, die durch vollvokalische Klassenmarker geprägt sind. Möglicherweise liegt hier ein Fall von Declension first (gegenüber Gender first) im Sinne von Enger (2004) vor.
8 Atlasdaten eignen sich nur sehr bedingt zur Untersuchung von Dialektwortbildung, da hier Einzelbeispiele und formale statt systematischer Aspekte im Vordergrund stehen. Zur Bestimmung aktueller Produktivität bräuchte man ausreichend große gesprochensprachliche Korpora zum Alemannischen und Elizitationsversuche, z. B. mit Discourse Completion Tasks.
9 Im Berndeutschen Wörterbuch, wo die Beidnennung häufiger ist, wird die movierte Form in der Regel ausgeschrieben hinter dem maskulinen Lemmansatz aufgeführt und nur vereinzelt als -e abgekürzt. Zu Beispiellemmata und -interpretamenten siehe Tabelle 5 und 6 im Anhang.
10 Ich danke einer anonymen Gutachterin oder einem anonymen Gutachter für diesen Vorschlag.


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