Ludwigshafen Reden ist Silber, schwafeln ist Gold

Frauen wollen wissen, was Männer so denken. In ihren Podcasts plaudern Max und Jakob (unser Foto) darüber.
Frauen wollen wissen, was Männer so denken. In ihren Podcasts plaudern Max und Jakob (unser Foto) darüber.

Podcasts sind weiter im Aufwind: Vor allem bei jungen Frauen boomen die Gesprächsformate, die mehr oder weniger professionell für Streaming-Dienste wie Spotify und Soundcloud produziert werden. Gelingt der Durchbruch in den sozialen Medien, winken lukrative Deals mit Verlagen. Als „Beste Freundinnen“ plaudern etwa zwei Berliner seit Jahren über ihr Liebesleben und kommen nun mit ihrem zweiten Buch nach Ludwigshafen. Sitzt jemand mit Kopfhörern in der Bahn, denken wir uns zunächst Musik dazu. Das mag in den meisten Fällen zutreffen, doch zuletzt haben Podcasts einen erheblichen Teil des Audiokonsums erobert. Kein Wunder, denn für fast jedes Interesse gibt es mittlerweile mehrere Formate mit verschiedenen Möglichkeiten zur Auswahl, und das meist kostenlos. Man kann sich die Hörspiele, Sendungen und Nachrichten streamen oder herunterladen, um sie auf dem Smartphone zu speichern. Der Erfolg ist inzwischen so groß, dass sich viele Radiosender Sorgen machen und teils selbst in die Produktion eingestiegen sind. Laut einer Studie des Edison Instituts fiel im Jahr 2018 bereits vier Prozent des Audiokonsums in den USA auf Podcasts, bis 2022 soll dieser Wert mindestens auf acht Prozent ansteigen. Ein beeindruckendes Wachstum also, das Kommentatoren auf eine im Vergleich zum Radio bessere Anpassung an einen mobilen Lebensstil zurückführen. Und auch in Deutschland, wo Gesprächsformate traditionell eine eher untergeordnete Rolle im Rundfunk spielen, sind Podcasts schon lange auf dem Vormarsch. Das prominenteste Beispiel liefern wahrscheinlich Jan Böhmermann und Olli Schulz, die 2016 ihre Unterhaltungsshow bei Radio Eins aufgaben und unter dem Titel „Fest und Flauschig“ als Podcast auf Spotify fortsetzten. Zu diesem Zeitpunkt waren Max und Jakob mit ihren intimen Gesprächen als „Beste Freundinnen“ allerdings schon kurz davor, ihr erstes Buch zu veröffentlichen. Auf den ersten Blick scheinen die Gespräche der beiden harmlos und fast naiv. Oft entsteht der Eindruck, dass sie die pikanten Details eher versehentlich ausplaudern. Doch der Schein trügt: Max und Jakob sind Medienprofis und haben aus der inszenierten Beiläufigkeit ein perfides Erfolgsrezept gemacht. Ein Großteil ihrer Hörer sind übrigens weiblich, und ihre Erklärung zu dieser Statistik ist wie so vieles in ihrem Podcast pure Küchenpsychologie: Frauen wollen wissen, was Männer denken – aber ihre Männer reden ungern darüber. Ob solche Analysen noch Unfug sind oder schon Sexismus, müssen letztendlich die Hörerinnen entscheiden. Aber es wäre zu einfach, das Phänomen Podcast als Symptom einer digitalen Vereinsamung im Endstadium abzutun. Wenn Menschen miteinander reden, blitzen gerade im größten Geschwafel immer wieder humorvolle oder geistreiche Feinheiten auf, die das Radio durch seine minutiöse Qualitätskontrolle mittlerweile so gut wie ausgemerzt hat. Ob sich diese Qualität auf die Bühne übertragen lässt, wird sich zeigen. Termin Die „Besten Freundinnen“ Max und Jakob sind mit ihrem zweiten Buch „Kann ich nicht sagen, muss ich nackt sehen“ auf Lesetour: am morgigen Freitag, 8. März, 19 Uhr, gastieren sie mit „Die nackte Wahrheit“ im Ludwigshafener Kulturzentrum Das Haus.

x