25 Jahre nach dem Columbine-Amoklauf

Erschreckende Bilanz: Wie oft es an US-Schulen noch immer zu Gewalttaten kommt

Seit 1999 gab es zahlreiche Gewalttaten mit Toten an US-Schulen.

Seit 1999 gab es zahlreiche Gewalttaten mit Toten an US-Schulen.

Artikel anhören • 6 Minuten

Uvalde. Es ist eine Tat, die man sich kaum vorstellen mag: In einer Grund­schule erschießt ein 18-Jähriger insgesamt 19 Kinder und zwei Erwachsene. Zwei Jahre sind seit dem Amoklauf in Uvalde, einem Ort im Süden von Texas mit etwas mehr als 15.000 Einwohnern, vergangen. Doch auch nach diesem Massaker ist die Gewalt an US-Schulen nicht vorbei.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Vor 25 Jahren blickte die Welt das erste Mal nach einem Amoklauf verstört in die Vereinigten Staaten. An der Columbine High School in Littleton, Colorado, hatten zwei Abschlussklässler am 20. April 1999 insgesamt zwölf Schüler und einen Lehrer erschossen, bevor sie sich selbst richteten.

Eines der Opfer war der 15-jährige Daniel Conner Mauser. Sein Vater Tom Mauser, der sich nach dem Amoklauf gegen Waffengewalt in den USA einsetzte, sagte später: „Etwas stimmt in diesem Land nicht, wenn ein Kind so leicht eine Waffe ergreifen und ihm eine Kugel mitten ins Gesicht schießen kann.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

68 tote Kinder durch Schusswaffen – seit Jahresbeginn

Dabei sind Schulen bei Weitem nicht der einzige Tatort: Mehr als 4800 Menschen kamen laut der Non-Profit-Organisation Gun Violence Archive (GVA) allein in den vergangenen zehn Jahren in den USA bei „mass shootings“ – also Gewaltvorfällen mit Schusswaffen, bei denen mindestens vier Personen getötet oder verletzt wurden – ums Leben.

Immer wieder kommen dabei auch Kinder zu Schaden. 68 wurden nach Angaben des GVA bereits 2024 durch Schusswaffen getötet, 142 verletzt. Die Initiative Everytown Support Fund, die sich gegen Waffengewalt an US-Schulen einsetzt, analysiert daher, die Schüsse auf dem Schulgelände seien „nur die Spitze des Eisbergs“.

US-Radar

Was die Vereinigten Staaten bewegt: Die USA-Experten des RND ordnen ein und liefern Hintergründe. Jeden Dienstag.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Das bisher schlimmste Verbrechen an Schulen ereignete sich vor gut zwölf Jahren. Beim Grundschul­massaker von Sandy Hook im Dezember 2012 starben 20 Kinder und sieben Erwachsene. Kurz danach, mit Beginn des Jahres 2013, fing der Everytown Support Fund an, akribisch Buch zu führen über die darauffolgenden tödlichen Vorfälle in Klassenzimmern.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die erschreckende Bilanz der Statistik: Seit 2013 ereigneten sich insgesamt 313 Schulattentate mit 410 Toten in den USA. Besonders tödlich war dabei das Sandy-Hook-Massaker mit 27 Opfern. In Uvalde gab es 21 Tote. Beim Angriff an der Highschool in Parkland in Florida im Jahr 2018 kamen 17 Menschen um, darunter 14 Teenager.

Seit 2012 sind laut der Statistik des GVA pro Jahr durchschnittlich etwa 29 Personen an US-Schulen getötet worden. Das bisher folgen­schwerste Jahr war 2018 mit 62 Todes­opfern. Mehr als 70 Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden zudem jedes Jahr verletzt.

Tote an US-Schulen: Texas trauriger Spitzen­reiter

Nach Kalifornien ist Texas derjenige Staat in den USA mit der zweit­größten Bevölkerung. In der Rang­folge der Tötungen an Schulen ist der Staat an der mexikanischen Grenze hingegen trauriger Spitzen­reiter: Seit dem Jahr 1999 wurden hier nach Daten des GVA bereits 60 Menschen an Schulen getötet.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Nicht nur das Uvalde-Massaker in Texas zeigt, dass schon Grund­schüler in den Vereinigten Staaten um ihr Leben fürchten müssen. Seit 2013 kamen laut dem Everytown Support Fund an den sogenannten Elementary Schools 64 Kinder und Erwachsene durch Waffengewalt ums Leben. Weitaus häufiger wählten die Attentäter eine High School (160 Tote) oder ein College (110 Tote) beziehungsweise eine Universität als Schauplatz für ihr Verbrechen.

Eine Frau steht zwischen Kreuzen, die auf einem Hügel über der Columbine High School in Littleton (Colorado) angebracht sind – zum Gedenken an die Menschen, die beim Amoklauf am 20. April 1999 ums Leben kamen.

Eine Frau steht zwischen Kreuzen, die auf einem Hügel über der Columbine High School in Littleton (Colorado) angebracht sind – zum Gedenken an die Menschen, die beim Amoklauf am 20. April 1999 ums Leben kamen.

Nicht nur Schulen als Ziel: bisher 117 „mass shootings“ – allein in diesem Jahr

Schulen sind dabei nicht die einzigen Tatorte. Nach Auswertung des Everytown Support Fund finden die meisten Amok­läufe, nämlich rund 61 Prozent, in Privat­häusern statt. In der Öffentlichkeit sind es etwa 30 Prozent.

Besserung ist auch 25 Jahre nach dem Columbine-Shooting nicht in Sicht. Laut GVA hat es allein in diesem Jahr bereits 117 „mass shootings“ gegeben.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Auch die Opferbilanz insgesamt ist erschreckend: 4800 Menschen starben demnach allein seit dem Jahresbeginn durch Schusswaffen in den USA. Mehr als 400 waren Kinder und Jugendliche. Dazu kommen Tausende Verletzte.

Für das vergangene Jahr verzeichnete The Gun Violence Archive insgesamt 656 „mass shootings“ in den USA. Seit dem Massaker an der Columbine High School ist das Tragen einer Waffe im Land noch alltäglicher geworden, wie eine Übersicht im kritischen Schusswaffenfachdienst thetrace.org zeigt. In 29 der 50 US-Bundesstaaten darf man demnach ohne Waffenschein Schusswaffen verdeckt bei sich haben. Die Zahl der pro Jahr importierten und in den USA hergestellten Schusswaffen sei zudem stark gestiegen – von 4,7 Millionen im Jahr 1999 auf 19,7 Millionen im Jahr 2022.

US-Präsident Joe Biden hat kürzlich eine Vorschrift für verschärfte Background-Checks beim Waffenkauf erlassen. Der Waffenbesitzerverband NRA lehnt Schusswaffenkontrollen hingegen noch immer ab. Opferangehörige wie Mauser kämpfen noch immer. Er sagte 2018, also 19 Jahre nach der Ermordung seines Sohnes: „Ich glaube, die Kinder sagen heute: ‚Das sind Dinge, über die wir in einem Geschichtsbuch lesen, und sie passieren immer noch.‘ Warum passiert das immer noch? Das müssen wir ändern.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Dieser Artikel ist erstmalig im Mai 2022 erschienen und wurde im April 2024 umfassend aktualisiert (mit Agenturmaterial).

Mehr aus Panorama

 
 
 
 
Anzeige
Anzeige