Diskussion um Katastrophenschutz

Ermittlungsverfahren gegen Landrat nach Ahr-Flut eingestellt

Jürgen Pföhler (CDU), ehemaliger Landrat des Kreises Ahrweiler, wird als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz zur Flutkatastrophe gehört

Jürgen Pföhler (CDU), ehemaliger Landrat des Kreises Ahrweiler, wird als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz zur Flutkatastrophe gehört

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Koblenz. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat die Ermittlungen gegen den ehemaligen Ahr-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) zur tödlichen Flutkatastrophe im Ahrtal eingestellt. Auch gegen einen Mitarbeiter aus dem Krisenstab seien die Ermittlungen eingestellt worden, teilte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag in Koblenz mit. Zuvor hatte der SWR berichtet. In einer Pressekonferenz am frühen Donnerstagnachmittag wollte die Staatsanwaltschaft weitere Informationen mitteilen.

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Die Staatsanwaltschaft ermittelte seit mehr als zweieinhalb Jahren gegen Pföhler und einen Mitarbeiter des Krisenstabs des Kreises wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. Pföhler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen, wie sein Anwalt am Mittwoch noch einmal bestätigt hatte. Auch der Mitarbeiter hatte zuvor über seinen Anwalt bestritten, sich strafbar gemacht zu haben.

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Der rheinland-pfälzische Innenminister Lewentz tritt von seinem Amt zurück. Hintergrund ist seine Rolle bei der Flutkatastrophe im Ahrtal.

Ermittlungsverfahren seit August 2021

Durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 sind in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben gekommen, davon 135 in der Ahr-Region und eine Person im Raum Trier. Ein Mensch gilt zudem weiterhin als vermisst. In Nordrhein-Westfalen starben 49 Menschen.

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Die Ermittlungen zogen sich lange hin: Bereits im August 2021 hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen Pföhler eingeleitet hat. Der damalige Landrat war seit August 2021 krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst und wurde im Oktober 2021 schließlich auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Mehr als 7000 Protokollseiten

Bereits 2023 hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren zu den bisher aufwändigsten der Behörde zähle. Allein die Hauptakten umfassten damals demnach etwa 10.000 Seiten. Der Abschluss der Ermittlungen war mehrfach verschoben worden, unter anderem, weil die Staatsanwaltschaft das Ergebnis des Untersuchungsausschusses im Landtag hatte abwarten wollen.

Anfang Oktober 2021 hatte der Flut-Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufgenommen. Mehr als 200 Zeugen wurden vernommen und über 7000 Protokollseiten erstellt. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss hatte die Aufgabe, die Abläufe während der Flut und die politische Verantwortung für die Vorkommnisse zu untersuchen. Mitte Februar wurde die Beweisaufnahme abgeschlossen. Gutachter berichteten unter anderem von erheblichen Mängeln im Katastrophenschutz des Kreises.

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Große Herausforderungen bei Ermittlungen

Das Ausmaß des Verfahrens hatte die Ermittler vor große Schwierigkeiten gestellt. „Das Ermittlungsverfahren war wie kein anderes geprägt von erheblichen Herausforderungen“, sagte der Leiter des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz, Mario Germano. „Nämlich Ermittlungen in einem von der Naturkatastrophe gezeichneten und teilweise zerstörten Gebiet zu führen. Die Menschen, die wir vernehmen mussten, waren zum Teil stark traumatisiert.“

Es habe viele Durchsuchungen gegeben, umfangreiches Schriftgut und digitale Beweismittel wurde sichergestellt. Für den Zeitraum der Flut vom 14. bis 15. Juli seien bei Leitstellen der Feuerwehr und Polizei 15.500 Notrufe gesichert worden, im Katastrophengebiet hätten Ermittler im relevanten Zeitraum 11.000 Notrufe herausgefiltert und ausgewertet. Davon waren 6200 für das Ermittlungsverfahren von Interesse. Hierbei waren alle Notrufe im Fokus, die unmittelbar mit dem Flutgeschehen in Verbindung standen, sagte er.

„Obwohl ich selbst nicht von der Flutkatastrophe tangiert und nicht an den Ermittlungen beteiligt war, machten mich das Ausmaß und die menschlichen Schicksale sehr betroffen“, sagte Germano. Er habe ein tiefes Mitgefühl für die Betroffenen.

RND/dpa

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