„Standen kurz davor unsere Fähre zu betreten"

Nach Protesten an Habeck-Fähre: Reederei bleibt bei Lageeinschätzung

Wütende Bauern hinderten Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Schlüttsiel in Schleswig-Holstein vergangene Woche am Verlassen einer Fähre.

Wütende Bauern hinderten Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Schlüttsiel in Schleswig-Holstein vergangene Woche am Verlassen einer Fähre.

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Schlüttsiel. Die Wyker Dampfschiffs-Reederei bleibt bei ihrer Einschätzung, dass Teilnehmer einer Protestaktion am nordfriesischen Fähranleger Schlüttsiel am 4. Januar unerlaubt auf die Fähre mit Vizekanzler Robert Habeck an Bord gelangen wollten. Es gebe keine Neubewertung der Situation, sagte Geschäftsführer Axel Meynköhn am Dienstag der „Fuldaer Zeitung“ und der Deutschen Presse-Agentur. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass eine größere Menge von Personen kurz davor stand, widerrechtlich unsere Fähre zu betreten, zu welchem Zweck und mit welchen Absichten auch immer.“

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Die nach vorne drängenden Personen seien „definitiv nicht“ berechtigt gewesen, die Fähre zu betreten, sagte Meynköhn. „Ob sich diese Personen ‚von hinten gedrängt‘ oder aus eigenem Antrieb gegen die Polizei bewegten, können wir nicht beurteilen.“

Die Leitende Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft Flensburg, Stephanie Gropp, hatte am 10. Januar im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags in Kiel gesagt, es sei noch nicht sicher, ob Demonstranten nach Ablegen der Fähre mit Habeck versucht hätten, eine aus acht Polizisten bestehende Kette zu durchbrechen. „Es ist nämlich unklar, ob das wirklich ein bewusstes Durchbrechen war.“ Es könne auch Druck von hinten der Auslöser gewesen sein. Auf dpa-Nachfrage konnte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag zunächst nicht sagen, ob es einen neuen Ermittlungsstand gebe.

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Demonstranten hatten Bundeswirtschaftsminister Habeck am 4. Januar nach seiner Rückkehr von einer Privatreise zur Hallig Hooge bei einer Protestaktion daran gehindert, die Fähre zu verlassen. Hintergrund der Proteste von Landwirten waren geplante Streichungen von Subventionen.

Innenministerin: Überwiegender Teil friedlich

Nach Angaben von Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack hat sich der größte Teil der Teilnehmenden überwiegend friedlich verhalten. Etwa zehn Prozent der bis zu 350 Menschen hätten sich jedoch emotional und aggressiv gezeigt, sagte die CDU-Politikerin im Innen- und Rechtsausschuss.

Meynköhn sagte am Dienstag, es sei und bleibe Fakt, dass das Schiff von einigen wenigen Teilnehmern der Demonstration absichtlich blockiert worden sei. „Die an Bord befindlichen Fahrzeuge konnten das Schiff nicht verlassen. Dies ist in der fast 140-jährigen Geschichte unseres Unternehmens nach besten Wissen noch nie geschehen.“

Aufgemalter Galgen auf Schild

Das Schiff habe zudem nicht fahrplanmäßig abgelegt, sagte Meynköhn. Der Grund sei gewesen, dass die vor Ort befindlichen Verantwortlichen – Polizei, Personenschutz und Schiffsleitung – gemeinschaftlich zu dem Schluss gekommen seien, dass die aufgeheizte Situation an der Fährbrücke ein kurzfristiges Ablegen gebiete beziehungsweise der Minister das Schiff nicht mehr ungefährdet verlassen könne.

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Nach dem Vorfall hatte eine Familie der Deutschen Presse-Agentur ihre Angst geschildert: „Die Stimmung war sehr aufgeheizt, und keiner wusste, was passieren wird“, sagte eine Frau, die mit Mann und Kindern an Bord war. „Wir blieben möglichst weit hinten an Deck, um die Kinder zu schützen“, erzählte die Mutter. „Die Kinder haben richtig Angst bekommen, und es war wirklich unheimlich.“ Die Demonstranten hätten in Richtung Habeck gerufen: „Komm' raus du Feigling“. Auf einem Schild sei ein aufgemalter Galgen zu sehen gewesen.

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Die Leitende Oberstaatsanwältin Gropp hatte vergangene Woche erklärt: „Dass wir hier Straftatbestände haben, ist vollkommen unbestritten.“ Der Vorfall sei erschreckend. Erste Versammlungsteilnehmer seien identifiziert worden. Nun müssten strafbare Handlungen Personen zugeordnet werden.

RND/dpa

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