Kolumne „Weltwirtschaft“

Wenn Miss America für die Kernkraft strahlt

Keine Angst vor einem GAU: Miss America Grace Stanke (hier im Gespräch mit RND-Korrespondent Karl Doemens) macht Werbung für Kernkraft.

Keine Angst vor einem GAU: Miss America Grace Stanke (hier im Gespräch mit RND-Korrespondent Karl Doemens) macht Werbung für Kernkraft.

Artikel anhören • 2 Minuten

Washington. Nicht nur die silberne Krone fand ich etwas gewöhnungsbedürftig, als ich vor ein paar Wochen Grace Stanke bei einer Veranstaltung über den Weg lief. Die 21-Jährige trug eine Schärpe mit der Aufschrift „Miss America“ und schwärmte von der Atomenergie. Ich fühlte mich wie in einer Persiflage auf „Barbie“ und „Oppenheimer“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Aber ihr Auftritt war ernst. Beim Miss-America-Schönheitswettbewerb geht es nicht mehr nur um Äußerlichkeiten. Die Preisträgerinnen engagieren sich regelmäßig für gesellschaftliche Anliegen. Und die Nukleartechnologiestudentin aus Wisconsin hat sich unter dem Leitspruch „Saubere Energie, saubere Zukunft“ vorgenommen, für die Akzeptanz der Kernkraft zu werben. Alle Einwände wischt sie eloquent beiseite.

Staatliche Subventionen gibt es auch für Nuklearmeiler

Was in Deutschland skurril erscheint, wirkt in den USA weniger abwegig. Insgesamt 93 Kernreaktoren liefern hier noch immer 18 Prozent des Stroms (+) – fast so viel wie die Erneuerbaren. Und bei ihrem Ziel, bis 2050 die Treibhausgasemissionen auf null zu bringen, setzt die Biden-Regierung auch auf den Atomausbau. Einige Subventionen aus dem Klimapaket kommen den Nuklearmeilern zugute.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Einen Boom verzeichnet die Branche angesichts der hohen Neubaukosten und des Entsorgungsproblems trotzdem nicht. Aber aufgrund der immer drängenderen Klimakrise ändert sich das öffentliche Meinungsbild: Gerade einmal 43 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner hatten bei einer Umfrage des renommierten Pew-Instituts vor vier Jahren den AKW-Ausbau befürwortet. Inzwischen sind es 57 Prozent.

„Es ist leichter, über das Thema zu reden als vor ein paar Jahren“, sagte mir Stanke. Jüngere Menschen, die sich um das Klima sorgten, seien offener als die Generation ihrer Großeltern. Ihr Studium hat sie gerade abgeschlossen, am Sonntag endet auch ihre Miss-America-Amtszeit. Ihrer Überzeugung aber will sie treu bleiben: Zum Jahresbeginn hat sie einen Job beim Stromversorger Constellation Energy angetreten, der 15 Kernkraftwerke betreibt.

----

Karl Doemens ist USA-Korrespondent des RND. Was die größte Volks­wirtschaft der Welt antreibt, erklärt er in der Kolumne „Weltwirtschaft“, die er im wöchentlichen Wechsel mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Peking, London und Brüssel sowie für Russland und Osteuropa schreibt. Alle bisherigen Beiträge der Kolumne finden Sie hier.

Mehr aus Wirtschaft

 
 
 
 
Anzeige
Anzeige