Bürgermeister verschob Hinweis-Mail in den Papierkorb „Übrig bleibt nichts Belastbares“

Ohlrich
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In dieser Causa, die eigentlich gar keine ist, wird in manchen Beiträgen in der Formulierung alternativlos, zumindest nirgendwo nur hauchzart, sondern in unsäglicher Weise der Eindruck erweckt, der Bürgermeister hätte seinen verdächtigten Stellvertreter gedeckt. Nach allem, was übrig bleibt, wenn man die Vorwürfe gegen den Bürgermeister und seine Richtigstellungen abgleicht, ergeben sich aus der (man erfährt hier und dort anonymen) Mail, die er im Januar erhalten hat (also ein Dreivierteljahr, bevor er selbst von Ermittlungen erfahren hat) einzig pauschale Andeutungen.

Nirgendwo nimmt man die Hinterfragung wahr, dass der Beitragsschreiber im Januar selbst hätte zur Polizei gehen können, um somit Gesicht und Flagge zu zeigen und den Fall viel eher ins Rollen zu bringen. Nirgendwo wird hinterfragt, warum zwischen Aufsammeln aller Datenträger des wirklich Schuldigen und der Auswertung über sechs Monate vergingen. Übrig bleibt so in einem demokratischen Rechtsstaat eben nichts Belastbares, was es rechtfertigen würde, die Existenz eines Menschen nebst seinem privaten Umfeld zu gefährden, indem man ihn den Justizbehörden zum Fraß vorwirft.

Wie oberflächlich und scheinbar gleichgültig die Strafverfolgungsbehörden mit solchen Informationen umgehen, kann man an dem Ermittlungsverfahren gegen den Bürgermeister sehen, in dem die Staatsanwaltschaft aus meiner Sicht fälschlicherweise von einer strafverschärfend zu betrachtenden Strafvereitelung „im Amt“ spricht.

Polizei wird nicht mehr erreichbar sein

Was für die Journaille natürlich ein gefundenes Fressen ist und im Ergebnis dazu führt, dass ein – wie sich am Ende zeigen könnte – Unbeteiligter medial auf eine Stufe mit einem Verdächtigten (an die Wand) gestellt wird. Das ist schlicht widerlich. Ich selbst führe sieben Kapitalgesellschaften und habe mir vorgenommen, daraus zu lernen. Jede anonyme Einsendung – und man glaube mir – Chefs bekommen heutzutage viele davon in jedem Kalenderjahr – werde ich präventiv an die Polizei weiterleiten. Wenn das auch nur jeder 10. deutsche Verantwortungsträger auch tut, wird die 110 nicht mehr zu erreichen sein, wenn es wirklich wichtig wird; und Strafverfolgungsbehörden jagen vermeintliche Kleinstkriminelle.

Ich lade hiermit die Familie Kleine-Frauns gerne zu einem Weihnachtsessen in einem Lokal mit möglichst vielen Tischen ein, denn ich möchte einer größeren Menschenmenge zeigen, dass ich nicht das Gefühl habe, einen Straftäter mit am Tisch zu haben.

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