Nur eine einzige Tablette…

Contergan® genügte, um schwere Missbildungen zu verursachen und Gernot Stracke lebenslang zu schädigen. Im Rahmen der Reihe „Starke Kinder- Starke Vorbilder“ hat der heute 50- Jährige Schloss Torgelow besucht, um über sein Leben als Contergangeschädigter zu berichten.

Der Contergan-Skandal war und ist die größte Arzneimittel-Katastrophe in der Geschichte der Bundesrepublik. Zwischen 1958 und 1962 erlitten 5000 Kinder in Deutschland Missbildungen durch Contergan®, von denen heute noch 2600 leben. Eine unbekannte Zahl von Kindern starb aufgrund der Schwere ihrer Missbildungen bereits während der Schwangerschaft. Das rezeptfrei erhältliche Schlaf- und Beruhigungsmittel galt als „frei von Nebenwirkungen“, „völlig sicher“ und „harmlos wie Zuckerplätzchen“. Ohne es an Schwangeren geprüft zu haben, empfahl der Hersteller Grünenthal das Medikament ausdrücklich für Schwangere. Der Wirkstoff Thalidomid verursachte in der Frühschwangerschaft Fehlbildungen der Gliedmaße, Missbildungen der inneren Organe, Seh- und Hörschäden.

Gernot Stracke besuchte Schloss Torgelow in der Reihe "Starke Vorbilder- Starke Kinder" und wurde mit dem "Schloss Torgelow Vorbild Award" ausgezeichnet.

Er wurde am 10. Januar 1962 ohne Arme geboren. Die Mutter wusste gleich, dass etwas nicht stimmte. Die Ärzte hatten das Kind vor ihr versteckt und zur Unterbringung in ein Heim geraten. Mit sieben Jahren erhielt er Armprothesen: Schwere Metallstangen wurden an seinen Körper gegipst, deren Greifzangen die Hände ersetzen sollten. Bei der Bewältigung des Alltags ist er auf die Hilfe seiner Familie und eines Pflegedienstes angewiesen. Er kann sich nicht alleine anziehen, waschen oder zur Toilette gehen: „Sogar der Hosenstall kann ein unüberwindliches Hindernis sein“. „Der Alltag ist ein Kraftakt“, berichtet er, „Es vergeht keine Stunde, in der ich nicht an meine Behinderung erinnert werde.“ Heute lebt Gernot Stracke mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Hamburg und ist als einer der wenigen Betroffenen vollzeitig in einem EDV-Unternehmen tätig. Große Sorge bereitet ihm, auf Grund der Contergan-Folgeschäden und Strapazen für den Körper nicht mehr arbeiten zu können. Ehrenamtlich engagiert er sich als Vorsitzender des „Hilfswerk für Contergan-Geschädigte e.V. Sein Vortrag und das daran  anschließende Gespräch haben uns sehr beeindruckt und noch lange beschäftigt. Ganz herzlich möchten wir uns bei ihm für seine Offenheit bedanken.