Bündner Bauern zu Landverkauf gedrängt

Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) will in den Bündner Alpen eine riesige Solaranlage bauen. Aufgrund eines Versäumnisses gehörte das dazu notwendige Land immer noch einer Bauerngenossenschaft. Diese sei jetzt fast dazu gezwungen worden, das Weideland zu verkaufen, heisst es im «Blick». Und zwar für einen Franken. 

Die Solaranlage «Nandro-Solar» soll oberhalb von Savognin GR im Val Nandro zu stehen kommen. Nächsten Montag, 29. Januar, entscheidet die Gemeindeversammlung von Surses GR, ob dieses Solarprojekt die nächste Hürde nehmen kann. Mit «Nandro-Solar» will das EWZ grünen Strom für über 14’000 Haushalte produzieren. 

Bezüglich des vorgängigen Landverkaufs an die Gemeinde sei auf die Landwirte viel Druck ausgeübt worden, ist einem Bericht von «Blick» zu entnehmen. Die Gemeinde drohte einer Alp-Genossenschaft mit deren Auflösung, falls sie dem Landverkauf für einen symbolischen Preis nicht zustimmen würde. Ursache für diese Konfrontation sei ein Versäumnis bei der Gemeindefusion 2016, Anlass sei der hohe Zeitdruck, unter dem das Projekt realisiert werden muss. 

Technische Daten

Anzahl Solarmodule: 88’256 Stück

Fläche: 665'000 m²

Anzahl Solartische: 11’032 Stück

Anstellwinkel Solarmodule: 65°

Nennleistung: 38 MWp

Jahresertrag: 66 GWh

Winterstromanteil: 45.1%

spez. Ertrag Winterhalbjahr: 770 kWh/k

Wpspez. Ertrag Jahr: 1710 kWh/kWp

Weideland an bester Lage

Die Schweiz will hinsichtlich der Energieproduktion vom Ausland unabhängiger werden. Und die Schweiz will bis 2050 CO2-neutral werden. Eine Option, welche diese beiden Ziele vereint, sind die «grünen» Energiequellen wie Wasser, Wind, Biogas und vor allem die Sonne. Um die Energie der Sonne für diese Ziele zu nutzen, ist der Bund zurzeit noch bereit, hochalpine Solaranlagen grosszügig zu subventionieren. Unter einer Bedingung: bis Ende 2025 muss eine subventionierte Anlage mindestens 10 Prozent ihrer potenziellen Leistung ins Netz einspeisen können. Diese Forderung, bzw. die Aussicht auf diese Subventionen setzt die EWZ unter Druck. Und dieser Druck scheint nun auch bei den Bauern im Val Nandro angekommen zu sein, wie dem Bericht zu entnehmen ist.

Mit Projekt «Nando-Solar» werde ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag investiert. Damit würden dann jährlich 66 Gigawattstunden Strom produziert, der mehr als 14'000 Haushalte versorgen könnte. Doch für den Bau braucht es 66,5 Hektaren Weideland. Und zwar an bester Lage, nicht nur was die Versorgung der Kühe mit Gras, sondern auch was die Leistung der Solaranlage mit Sonneneinstrahlung anbelangt. Denn der Hang sei ideal, erklärte die EWZ dem «Blick». Die Hänge sind gegen Süden ausgerichtet, das Areal sei von bewohnten Gebieten aus nicht einsehbar und die Landschaft durch ein Skigebiet bereits erschlossen.

Gemeinde drohte mit Genossenschafts-Auflösung

Das Land, auf dem die Solaranlage zu stehen kommen soll, gehörte bis vor Kurzem der Alpkorporation Val Nandro, lässt sich dem Bericht weiter entnehmen. Es sei die grösste Alpgenossenschaft im Kanton Graubünden. Zu ihr gehören jene Landwirte, welche das Land als Weide nutzen. An ihrer Delegiertenversammlung Anfang Jahr habe die Genossenschaft beschlossen, das Land an die Gemeinde Surses GR zu verkaufen. Der Verkaufspreis: 1 Franken.

Nicht aber allein die Summe überrascht, sondern auch die Bedingungen, die zu diesem Verkauf geführt haben sollen. Dem «Blick» würde ein Brief vorliegen, in dem die Gemeinde Surses damit drohe, die Alpkorporation aufzulösen, falls sie dem Landverkauf zu diesem symbolischen Preis von einem Franken nicht zustimmen würde. Selbst Gemeindepräsident Daniel Wasescha gesteht dem «Blick», dass ein «gewisser Druck» vorhanden gewesen sei. Es hätte sich dabei aber nicht um eine Drohung gehandelt.

Den Bauern der Alp-Genossenschaft werde nachgesagt, dass sie sich richtig entschieden hätten. Einige dieser rund 30 Bauern würden vermutlich aber auch darauf hoffen, dass die Stimmberechtigten das Projekt ablehnen würden. Denn die Abstimmung der Genossenschaft, das Land für einen Franken zu verkaufen, sei knapp ausgefallen.

Hier finden Sie den Beitrag in unserer vierten Landessprache vom 16.01.2024 auch mit deutschen Untertitel. 

Die Alpgenossenschaft Val Nandro

Die Alpkorporation sei beim Bau des Skigebiets von Savognin gegründet worden, heisst es im «Blick» weiter. Es sei damals wichtig gewesen, dass die Bergbahnen nur mit einem Partner hätten verhandeln können. Aussergewöhnlich sei auch, dass die Genossenschaft die Weideflächen nicht nur nutzen, sondern auch besitzen durfte. Deshalb auch die Notwendigkeit eines Verkaufs. Denn das Land hätte eigentlich gar nie der Genossenschaft gehören dürfen, führt der Gemeindepräsident Wasescha aus. Deshalb sei auch nur ein symbolischer Preis bezahlt worden. Es sei ein Versäumnis gewesen, diese Besitzüberschreibung nicht bereits 2016 realisiert zu haben, bei der Fusion der neun Talgemeinden zur neuen Gemeinde Surses .

Der Zeitdruck, unter dem das Solarprojekt jetzt realisiert werden müsse, sei Grund dafür gewesen, dass die Gemeinde die Alpgenossenschaft zum Verkauf «gezwungen» hätte, lässt sich aus dem Bericht interpretieren. Die Gemeinde hat jedoch angekündigt, der Genossenschaft jährlich 30'000 Franken zu zahlen. Dies aber nicht als Entschädigung für die Landnutzung, sondern für die Durchleitungsrechte und den Weideausfall, erklärt Gemeindepräsident Wasescha dem «Blick» abschliessend.

Einer für alle

Bei der Abstimmung an der Gemeindeversammlung von Surses GR geht es also darum, ob die Stimmbevölkerung die Ziele der Schweizer Eidgenossenschaft unterstützen will, eine grössere Unabhängigkeit vom Ausland zu erlangen und etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Die 66 Gigawattstunden Strom könnten 14'000 Haushalte mit grüner Energie versorgen. Die Gemeinde Surses selbst umfasst umgerechnet rund 1’100 Haushalte. 

Auf der anderen Seite musste die Korporation Val Nandro mit dem Landverkauf «nur» auf 1,8 Prozent ihrer Alpfläche verzichten. Und sie würde zukünftig jährlich 30'000 Franken bekommen. Auch wurde den Bauern angekündigt, dass die Tiere weiterhin auf der Fläche grasen könnten, einfach unterhalb der Solarpanels. Der Gemeindevorstand Surses steht hinter dem Projekt «Nandro-Solar». Die Stimmberechtigten der Gemeinde werden sich nächsten Montag, 29. Januar, an der Gemeindeversammlung dazu äussern.

Hier finden Sie die Präsentation der EZW zum Projekt, mit zahlreichen Fotos, Zahlen und Fakten. 

Kommentare (1)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • bräseli | 31.01.2024
    Wir haben in der Schweiz Millionen m2 Dachflächen wieso muss man Alpen und Natur verschandeln???
×

Schreibe einen Kommentar

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

Das Wetter heute in

Umfrage

Wie bekämpft Ihr Blacken?

  • Einzelstockbehandlung (chemisch):
    35.57%
  • Stecheisen (mechanisch):
    38.93%
  • Heisswasser:
    0.67%
  • Strom:
    0.67%
  • Flächenbehandlung:
    3.36%
  • Mit mehreren Massnahmen:
    14.77%
  • Gar nicht:
    6.04%

Teilnehmer insgesamt: 298

Zur Aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?