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Ehrenkreuz für Thomas-Bernhard-Bruder Fabjan

Als Universalerbe Thomas Bernhards verwaltet dessen Halbbruder Peter Fabjan seit nunmehr fast 30 Jahren den Nachlass des 1989 verstorbenen Schriftstellers. Am Montag wurde er von Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse ausgezeichnet.

Fabjan ist auch Bernhards Nachlassverwalter
Fabjan ist auch Bernhards Nachlassverwalter

Der "aufrichtige Dank" gelte jener Person, "die den Nachlass Bernhards der Nachwelt verfügbar gemacht hat", so Blümel in seiner Begrüßung, in der er auch Fabjans "unermüdlichen Einsatz" hervorhob, dem das Publikum und die Wissenschaft es zu verdanken habe, dass Bernhards Werk erhalten geblieben sei. Fabjan (80) habe nicht nur die Aufgabe des Nachlassverwalters übernommen, sondern auch seine eigene Person hinter dem Werk und der Person Thomas Bernhards hintangestellt. "Für Ihr beeindruckendes und großzügiges Engagement möchte ich Ihnen herzlich danken", so der Minister.

Laudator Raimund Fellinger, Cheflektor im Suhrkamp Verlag, langjähriger Bernhard-Lektor und auch Herausgeber des Bandes "Gedichte" im Rahmen der 23-bändigen Werkausgabe, stellte seine Laudatio unter das Motto der Negation. Jener Nachlass, der zunächst "einfach zu überblicken schien, weitete sich zu undurchdringbarem Gestrüpp kontradiktorischer Anforderungen aus", so Fellinger in Anspielung auf die in Bernhards Testament verfügten Aufführungsverbote seiner Stücke in Österreich.

Fabjan habe fortan "zwischen dem, was nicht getan und dem, was unter allen Umständen vermieden werden soll, jonglieren" müssen. "Wenn die Negation zu Passivität verbannt, bietet sich die Negation der Negation an", so der Lektor, der etwa die Aufhebung des Aufführungsverbots als "unabdingbar" bezeichnete. Fabjan habe durch seine Arbeit "eine neue Bernhard-Epoche begründet", in der es möglich geworden sei, das Verhältnis des Autors zu seiner Umwelt aufzuarbeiten.

Auch in der Bruder-Beziehung habe die Negation eine Rolle gespielt. "Es gab die stillschweigende Wertschätzung mit der Prämisse, sich über den Bruder nicht und schon gar nicht lobend zu äußern", so Fellinger, der Bernhard und Fabjan als "zwei insulare Existenzen" bezeichnete.

Fabjan selbst hob in seiner Dankesrede hervor, dass die höchste Auszeichnung jene sei, von seinem Bruder mit der Nachlassverwaltung betraut worden zu sein und erinnerte daran, dass das offizielle Österreich Thomas Bernhard noch 1988, als dieser schon schwer von seiner Krankheit gezeichnet war, "dem aufgehetzten Boulevard" überlassen habe, als der Autor mit seinem Stück "Heldenplatz" zum Umgang mit der eigenen Geschichte gemahnt hatte. Erst die "enorme Anteilnahme" nach Bernhards Tod habe das Bild des "Nestbeschmutzers" auch in politischen Reihen verschwinden lassen, mit der Überreichung der Stiftungsurkunde im Jahr 1998 habe dies seinen späten Ausdruck gefunden.

Das im Rahmen der Thomas-Bernhard-Privatstiftung aufgebaute Archiv, das bis 2015 in Gmunden beheimatet war, ist nach Unstimmigkeiten zwischen der Stiftung und dem Land Oberösterreich nach wie vor geschlossen und nur in Ausnahmefällen auf Anfrage für die Wissenschaft zugänglich. Für Fabjan keine ideale Lösung, wie er im APA-Gespräch am Rande der Verleihung sagte. Ihm schwebe für die Zukunft eine Konstruktion vor, die in Thomas Bernhards Sinne sei - den Staat wolle er bis zum Auslaufen des Urheberrechts 2059 nicht involvieren. Sehr wohl sei eine Zusammenarbeit mit der Republik für ihn denkbar. "Die Republik Österreich hat er ja immer sehr geschätzt", so Fabjan, und meint verschmitzt: "Jetzt, wo ich vom Bundespräsidenten diese Ehrung bekommen habe, könnte ich ja einmal vorstellig werden..."

Peter Fabjan wurde 1938 in Traunstein (Bayern) geboren und ist somit der jüngere Halbbruder Bernhards. Er war Internist in Gmunden und als solcher auch der behandelnde Arzt seines Bruders. Seit dessen Tod verwaltet er als Erbe die Hinterlassenschaft des Autors.

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