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Nach Präsidentschaftswahl in Belarus Behörden gehen strafrechtlich gegen Opposition vor

Nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl hat die Opposition in Belarus einen Koordinierungsrat gegründet. Die Staatsführung sieht darin einen Umsturzversuch und hat juristische Schritte eingeleitet.
Proteste in Belarus: Die Opposition und die EU erkennen das Wahlergebnis nicht an

Proteste in Belarus: Die Opposition und die EU erkennen das Wahlergebnis nicht an

Foto: VASILY FEDOSENKO / REUTERS

Seit gut zwei Wochen protestieren Menschen in Belarus gegen den autoritären Machthaber Alexander Lukaschenko. Dabei kam es zu Tausenden Festnahmen, aus der Haft Entlassene berichteten anschließend von massiver Gewalt. Nun geht die belarussische Staatsführung auch mit juristischen Mitteln gegen die Opposition vor.

Generalstaatsanwalt Alexander Konjuk berichtete in einer Videoaufzeichnung von strafrechtlichen Ermittlungen gegen vermeintliche Versuche der Opposition, die Macht im Land an sich zu reißen. Die Gründung eines Koordinierungsrates ziele darauf ab, "die Macht zu ergreifen und die nationale Sicherheit von Belarus zu untergraben", so Konjuk. Dies verstoße gegen die Verfassung.

Die Opposition hatte den Koordinierungsrat nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 9. August gegründet, um einen friedlichen Machtwechsel einzuleiten. Der Rat soll sich nach Angaben der Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja für "faire und demokratische Präsidentschaftswahlen unter internationaler Beobachtung" einsetzen.

Regierung räumt Notwendigkeit von Reformen ein

Der seit 26 Jahren autoritär regierende Präsident Lukaschenko hatte die Wahl nach offiziellen Angaben mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Opposition und westliche Staaten werfen der Regierung hingegen Wahlbetrug vor. Die EU erkennt Lukaschenkos umstrittenen Wahlsieg nicht an.

Seit der Wahl demonstrierten täglich Tausende Menschen in Belarus und forderten Lukaschenkos Rücktritt. Sicherheitskräfte gingen dabei brutal gegen die Demonstranten vor. Hunderte Menschen wurden verletzt, drei Menschen starben während der Proteste.

Russland und die EU vertreten den Standpunkt, die frühere Sowjetrepublik müsse die Krise ohne eine Einmischung des Auslands lösen, und verwiesen auf die Selbstbestimmung der Menschen in Belarus. EU-Ratschef Charles Michel schrieb auf Twitter, die 27 EU-Staaten hätten bei ihrem Sondergipfel am Vortag ihre Solidarität mit dem Wunsch der Belarussen zum Ausdruck gebracht, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden. Das habe er in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bekräftigt. Eine Lösung gebe es nur durch einen politischen Dialog und einen friedlichen, demokratischen Prozess.

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Der Kreml wiederum warnte das Ausland vor einer Einmischung. "Wenn das Ausland, einschließlich Russlands, einen Dialog mit der Opposition aufnimmt, ist das schon eine Einmischung in innere Angelegenheiten", sagte Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Moskau werde davon absehen. "Zuallererst muss es einen Dialog in Belarus geben", sagte Peskow. Putin hatte bereits zwei Mal mit Lukaschenko telefoniert und ihm unter anderem zu seinem Wahlsieg gratuliert.

Die autoritäre Führung in Belarus hat derweil die Notwendigkeit von Reformen eingeräumt. Niemand bestreite, dass Veränderungen notwendig seien, sagte Außenminister Wladimir Makej vor Diplomaten.

asc/dpa/AFP