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Schriftstellerin Vicky Baum So bekannt wie Klosterfrau Melissengeist

Sie war eine Influencerin, als es den Begriff noch gar nicht gab. Vicky Baum nutzte in den Zwanzigerjahren die aufkommenden Massenmedien, um sich ein Millionen-Publikum aufzubauen. Nachhaltig war ihr Erfolg nicht.
aus SPIEGEL Geschichte 1/2020
Die Schriftstellerin Vicky Baum war ein Star, doch 1932 verließ sie Europa - für Hollywood

Die Schriftstellerin Vicky Baum war ein Star, doch 1932 verließ sie Europa - für Hollywood

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TOPFOTO / ULLSTEIN BILD

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Im September 1929 zeigte die Autorin Vicki Baum auf ihre Weise Haltung. "Ich mache da nicht mit – wer noch?" In der "Vossischen Zeitung" sagte sie der Haute Couture den Kampf an. Baum kritisierte die neuen Kollektionen als zu überteuert und kompliziert mit ihren Ösen und Schleifchen. Sie erinnerte daran, wie praktisch gerade geschnittene Sportkleider waren. "Die Demokratie der Zeit bedingt eine Demokratie der Mode", schrieb Baum. Und fragte: "... man jagt vom Büro in Vorträge, mal auch ins Theater – wie soll man das machen mit dem Schlurz untenrum, den die Mode für den Abend diktiert?"

Es war einer von vielen Texten, die Vicki Baum Ende der Zwanzigerjahre veröffentlichte. Die Berühmtheit der damals 41-jährigen Autorin hatte der Ullstein-Verlag mit allen Möglichkeiten der neuen Massenmedien gezielt gefördert: Baums Bücher wurden als Fortsetzungsromane in Zeitungen vorabgedruckt, sie war zu Gast im Radio, las in Kaufhäusern, schrieb für Frauenmagazine.

"Die Marke 'Vicki Baum' hatte Ende der Zwanzigerjahre den Bekanntheitsgrad von Produkten wie 'Leibnizkekse' oder 'Klosterfrau Melissengeist' erreicht", schrieb die Autorin Joe Lederer über ihre Kollegin. Seit dem Erscheinen ihres Debütwerks "Eingang zur Bühne" 1920 entwickelte sich Vicki Baum zur erfolgreichsten Schriftstellerin ihrer Epoche. Sie war die unbestrittene Königin der Unterhaltung. Den Zenit ihres Ruhms in Deutschland erreichte Baum mit dem Großstadtroman "Menschen im Hotel", der 1929 erschien, als Fortsetzungsroman in der "Berliner Illustrierten Zeitung" millionenfach gelesen und bis 1931 ganze 56.000-mal als Hardcover verkauft wurde – häufiger als Alfred Döblins heute so berühmtes Werk "Berlin Alexanderplatz".

Typus Neue Frau

Baums knappes Modemanifest in der "Vossischen Zeitung" zeigt, was sie als Schriftstellerin ausmachte – und was zugleich ihr Erfolgsrezept war: Baum konnte sich nicht nur gut verkaufen, sie hatte auch einen präzisen und dennoch leichten Stil und einen untrüglichen Instinkt für gesellschaftliche Umbrüche.

In ihrem Text gegen die Haute Couture spiegelt sich der Konflikt zwischen dem Typus der Neuen Frau, die nicht nur patent die Familie organisierte, sondern auch selbstverständlich arbeitete, und dem weiblichen Ideal der Kaiserzeit, dekorativ gekleidet, passiv und auf den Haushalt beschränkt.

Die Spannung zwischen Aufbruch und Tradition trug Baum selbst von Beginn ihres Lebens in sich.

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