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Grippe Influenza-Infektion verläuft oft unbemerkt

Stell dir vor, du hast Grippe und niemand merkt es: Tatsächlich verlaufen die meisten Influenza-Infektionen ohne Symptome, zeigt eine Studie. Den Daten britischer Forscher zufolge steckt sich während einer Grippewelle fast jeder fünfte Ungeimpfte mit den Viren an.
Vergrößerte Aufnahme von Grippeviren (rot): Nicht immer führt die Infektion auch zu schwerer Krankheit

Vergrößerte Aufnahme von Grippeviren (rot): Nicht immer führt die Infektion auch zu schwerer Krankheit

Foto: Reuters/Yoshihiro Kawaoka/University of Wisconsin-Madison

Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen, dazu kommen noch Husten, Halsschmerzen, Schnupfen. Eine Influenza-Infektion, also eine echte Grippe, ist kein Vergnügen. Ein oder auch zwei Wochen kann es dauern, bis das Schlimmste überstanden ist.

Bei dem heftigen Krankheitsverlauf erscheint es überraschend, was britische Forscher jetzt mittels einer Studie bestätigt haben: Die meisten Menschen, die sich mit Grippeviren anstecken, bemerken das gar nicht. Wie das Team um Andrew Hayward vom University College London in "The Lancet Respiratory Medicine"  berichten, steckte sich während der Grippewellen in den vergangenen Jahren fast jeder Fünfte, der nicht gegen Influenza geimpft war, mit den Viren an. Doch mehr als drei Viertel der Infizierten hatten keine entsprechenden Symptome. Demzufolge suchte auch nur ein Bruchteil einen Arzt auf.

Die Forscher sammelten von 2006 bis 2011 ihre Daten. In den ersten Jahren beobachteten sie rund 600 bis 800 Studienteilnehmer, während der Pandemiewelle mit dem Schweinegrippevirus H1N1 von Oktober 2009 bis Februar 2010 analysierten sie Daten von mehr als 3500 Menschen.

In Deutschland kam es während dieser Zeit zu rund 2,9 Millionen zusätzlichen Arztbesuchen, das geht aus Daten des Robert Koch-Instituts (RKI)  hervor. Schätzungsweise 5300 Menschen mussten wegen eines schweren Grippeverlaufs ins Krankenhaus.

"Nur die Spitze des Eisbergs"

In der britischen Studie spendeten die Teilnehmer jeweils zu Beginn und Ende der Grippesaison Blut. Wöchentlich wurden sie zudem angerufen und nach Erkältungs- oder Grippesymptomen befragt. Wer sich erkältet oder grippekrank fühlte, sollte am zweiten Tag mit Beschwerden einen Nasenabstrich nehmen und einschicken.

Mit Hilfe der Abstriche konnten die Wissenschaftler ermitteln, ob sich jemand mit Grippeviren angesteckt hatte. Auch die Blutproben dienten diesem Zweck. Allerdings gaben die Proben nur bei jenen Menschen über eine voranschreitende Infektion Aufschluss, die nicht gegen Grippe geimpft waren. Der Grund: Bei Geimpften lässt sich anhand der Blutprobe die Immunantwort auf die Impfung nicht von einer tatsächlichen Virusinfektion unterscheiden. Je nach Saison waren 4 bis 23 Prozent der Teilnehmer geimpft.

Die Forscher erhielten außerdem Informationen darüber, wann die Studienteilnehmer zum Arzt gingen. Bei den wenigen Betroffenen, die tatsächlich mit einer Influenza-Infektion zum Arzt gingen, wurde das in der Praxis aber häufig nicht diagnostiziert. "Die dokumentierten Grippe-Fälle sind nur die Spitze eines großen klinischen und subklinischen Eisbergs, der für die nationalen Überwachungssysteme weitgehend unsichtbar ist", sagt Studienleiter Hayward.

Während der Schweinegrippe war die Zahl der Infizierten nicht größer als in den Jahren zuvor. Allerdings waren die Symptome insgesamt noch etwas milder als bei einer Infektion mit dem in den Vorjahren zirkulierendem Virus H3N2, berichten die Forscher.

Interessant ist das Ergebnis unter anderem, weil sich nun die Frage stellt, wie stark die vielen Grippe-Infizierten ohne ernsthafte Symptome an der Weiterverbreitung der Infektion während einer Influenzawelle beteiligt sind. Dass die Virusinfektion bei einem Großteil der Betroffenen harmlos verläuft, ändert nichts daran, dass die Grippe eine durchaus ernste Krankheit ist. Insbesondere bei alten und immungeschwächten Menschen kann die Infektion sogar tödlich enden.

Grippe: Die fünf größten Irrtümer

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wbr