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Verstehen Sie Haas? Mit Obama die Heidi rumkriegen

Erst die Arbeit, dann die Anerkennung. So kommen wir nicht weiter. Viel motivierender ist: erst die Auszeichnung, zum Beispiel einen Nobelpreis, dann der Einsatz. Plädoyer für die Vorabförderung in allen Lebensbereichen.
Von Daniel Haas
Heidi Klum und David Copperfield. Und am Ende wird's doch nix. Dabei kann der zaubern!

Heidi Klum und David Copperfield. Und am Ende wird's doch nix. Dabei kann der zaubern!

Foto: Pascal Le Segretain/ Getty Images

Barack Obama hat den Friedensnobelpreis gekriegt, das finde ich gut. Das gibt mir Hoffnung. Gerade die Kritik, die jetzt laut wird, macht mich zuversichtlich. Die Leute sagen: Der hat doch noch gar nix Richtiges gemacht für den Weltfrieden. Der redet doch nur und sieht gut aus dabei.

Obama selbst sagt: "Ich nehme den Preis als Ansporn." Das heißt übersetzt: Ich streck mich jetzt mal nach der Decke, politisch gesehen. Ich mach die Sache klar in Afghanistan und Iran, und der Nahe Osten, da muss natürlich auch Frieden rein. Und dann zu Hause, Innenpolitik, Mannomann, friedlich sieht anders aus. Aber mit diesem Preis weiß ich, wo's langgeht.

Ich finde, das ist ein gutes Konzept: Man kriegt Preise, bevor man die Leistung erbracht hat. Herta Müller zum Beispiel: Schreibt seit Ewigkeiten über Diktaturen und Menschenrechtsverletzungen, also richtig krasse Themen, aber weiß sie, was dabei rumkommt? Außer einer Lesung in Brackwede oder Duisburg? Nein. Sie macht sich total viel Mühe, ins Blaue hinein.

Jetzt hat sie den Literaturnobelpreis gekriegt, aber mal ehrlich: So richtig entspannen konnte die nicht in den letzten Jahren. Wäre es da nicht besser gewesen, man hätte das Obama-Prinzip angewandt und gesagt: So, hier ist eine Million, und jetzt erst mal ein bisschen relaxen und dann mit frischer Kraft ans Werk!

Mehr Lorbeer

Noch wichtiger wäre es, dass Leute wie ich den Nobelpreis bekommen. Ich habe auch ein Buch geschrieben, hatte aber kaum Energie. Ich muss schließlich arbeiten, Fulltimejob, das reicht fürs Kreativsein vorne und hinten nicht. Ich werde außerdem oft krank, da bleibt am Ende nicht viel Zeit. Dass Sie sich jetzt kein falsches Bild machen: Sieben, acht Tage richtiger Arbeit stecken schon drin in meinem Buch.

Wenn ich den Preis doch nur vorher bekommen hätte! Gar nicht auszumalen, was ich hätte leisten können. Womöglich ein richtig exzellentes Buch hätte ich zustande gebracht, mit einer konsistenten Story und so. Der Preis wäre also auch eine Qualitätssteigerungsmaßnahme gewesen.

Und weil ich durch die Ehrung schon von vornherein berühmt geworden wäre, hätte auch der Verlag weniger Risiko gehabt: Das Buch hätte sich ja hunderttausendfach verkauft, allein wegen des Stickers "Nobelpreis!".

Eigentlich sollte man dieses Konzept ausdehnen. Erst die Auszeichnung, dann die Mühe. Das wird der menschlichen Psyche auch viel eher gerecht. Wenn ich zum Beispiel eine tolle Frau treffe und mich dann wochenlang abstrampeln muss mit dem ganzen Dating-Schnickschnack (Stretchlimo, Learjet, Champagnerbad), es am Ende aber heißt, "Ich bleib beim Gerald" oder "Du riechst", dann ist die Gefahr riesig, dass ich gemein werde, zu den Frauen vor allem.

Sei's Klum

Wenn aber zum Beispiel Heidi Klum sagt, na gut, mach mal, dann ist das total motivierend. Dann bin ich dankbar und entspannt und denke mir, wie kann ich nun was zurückgeben, quasi Frauenförderung, Feminismus, in der Richtung. Dann wird die Welt ein bisschen besser. Insofern könnten Models einen viel größeren Einfluss auf die Gesellschaft haben als bisher.

All dies ist natürlich ein Wink mit dem Zaunpfahl: an meinen Arbeitgeber. Dieser Text hätte viel ausführlicher und komplexer werden können, hätte ich ein üppig aufgestocktes Jahresgehalt schon im Voraus bezogen. So aber …

(Bei Anwendung des Obama-Prinzips möglich gewesen wären allein in dieser Glosse: die Klärung der Frage, ob das Subjekt mit sich selbst identisch ist. Ein umfassender Kommentar zur Sterbehilfe unter Berücksichtigung technologischer Innovationen. Ein Schwank aus dem Leben meines Cousins Schlomo, des berühmten Frettchenzüchters. Ein paar Worte zum Internet, seiner Zukunft. Das Haiku "Sülze", ausgedeutet und illustriert.)