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Brigitte Mira Die Dame vom Grill lebt nicht mehr

Frech, quirlig, gerade heraus - mehr als 70 Jahre lang begeisterte Brigitte Mira ein Millionenpublikum. Nach längerem Klinikaufenthalt starb sie gestern im Alter von 94 Jahren im Berliner Emil-von-Behring-Krankenhaus.

Berlin - Für viele war Brigitte Mira einfach die Dame vom Grill. Der Serien-Dauerbrenner machte sie berühmt. Doch das quirlige Multitalent brillierte in den unterschiedlichsten Genres: Als Balletteuse, Soubrette, Kabarettistin und Sängerin. Für ihre Kunst wurde Mira vielfach ausgezeichnet. Legendär war ihre Rolle in Rainer Werner Fassbinders "Angst essen Seele auf".

Musikpädagogin hätte Mira nach den Vorstellungen ihres Vaters - eines aus Russland eingewanderten Konzertpianisten - werden sollen. Doch "Biggi", wie sie von ihren Freunden genannt wurde, reizte die Bühne. Die am 20. April 1910 in Hamburg geborene und in Düsseldorf aufgewachsene Mira nahm Gesangs- und Ballettunterricht und debütierte 19-jährig in Köln als "Esmeralda" in Smetanas "Die verkaufte Braut".

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In Klinik: Brigitte Mira im Alter von 94 Jahren gestorben

Foto: DDP

Ein Jahr später, 1930, bekam sie ihr erstes Engagement in Bremerhaven. Dramen, Operetten, Komödien, Weihnachtsmärchen - auf den Bühnen von Kiel bis Graz spielte Mira voller Begeisterung. "Das Schönste war, dass ich neben all den Stars der damaligen Zeit, Fritzi Massari, Richard Tauber, Leo Slezak und Lizzi Waldmüller - meinen Göttern -, spielen durfte", gestand sie später.

1941 landete sie in Berlin im Theater am Schiffbauerdamm. Hier entdeckte Willi Schaeffers ihr komisches Talent und holte sie an sein legendäres "Kabarett der Komiker". Diesem Genre blieb sie neben allen anderen Engagements treu: Sie brillierte in Günter Neumanns "Die Insulaner" im Radiosender Rias, ging mit dem Kabarett "Die fröhlichen Spötter" auf Tournee und feierte schließlich ab 1997 als eine der "Drei alten Schachteln" zusammen mit Helen Vita und Evelyn Künneke Riesenerfolge.

In den 50er Jahren entdeckte der Spielfilm die kleine, zierliche Frau mit den großen Talenten. Einer der Höhepunkte ihrer TV-Filmkarriere wurde "Drei Damen vom Grill". Die Serie lief mit kurzen Unterbrechungen von 1977 bis 1991 und begeisterte auch das jüngere Publikum. Mehrfach war sie darüber hinaus an der Seite von Peter Alexander, Vico Torriani, Günter Pfitzmann und Harald Juhnke zu sehen.

Die große Wende in ihrem künstlerischen Leben begann 1972, als sie am Bochumer Schauspielhaus Regisseur Fassbinder kennen lernte. Der gab ihr in dem sozialkritischen Film "Angst essen Seele auf" die erste einer Reihe von Hauptrollen: die der verwitweten Putzfrau Emmi Kurowski, die einen viel jüngeren arabischen Gastarbeiter heiratet.

Für ihre Rolle als Emmi erhielt sie 1974 in Cannes das Filmband in Gold. Diese Trophäe bekam sie 1989 noch einmal für ihr schauspielerisches Gesamtwerk. Im Februar 2000 wurde ihr die Goldene Ehrenkamera verliehen.

Mit zunehmendem Alter machten Mira gesundheitliche Probleme zu schaffen. Im August 2003 wurde ihr in der Zentralklinik Emil von Behring in Berlin-Zehlendorf per Notoperation ein Herzschrittmacher eingesetzt.

Berliner Zeitungen zitierten unlängst Freunde und Verwandte, wonach sich Mira von einem vor Wochen erlittenen Schwächeanfall nicht mehr richtig erholt habe. Die stark abgemagerte Schauspielerin werde künstlich ernährt und hänge auf der Intensivstation des Behring-Krankenhauses am Tropf, hieß es.

Auf der Gala zu Ehren ihres 90. Geburtstages zeigte sich Mira noch topfit und schlagfertig. "Wie schafft es eine Frau, fünf Mal verheiratet zu sein, ohne Kochen zu können", musste sie sich von Talkmaster Alfred Biolek fragen lassen. Mit funkelnden Augen antwortete die Mira damals: "Ich hatte eben andere Qualitäten."

Stefan Lange, ap