Flutkatastrophe "Der Deich ist wie ein Pudding"
Vorher, Nachher: Das Hein-Steyer-Stadion in Dresden während des Hochwassers (16.8.02) und nach Abfließen des Wassers (22.8.02)
Foto: DDPRehsen ist komplett vom Hochwasser der Elbe eingeschlossen
Foto: DDPGewitter über Dresden
Foto: REUTERSEiner, der sich wohlfühlt: Ein Frosch springt bei Lauenburg auf den Sandsackwällen
Foto: DPASoforthilfe: Bei Neu Garge stürmen Soldaten einen Deich
Foto: DDPPegelkontrolle bei Hitzacker
Foto: AFPIm niedersächsischen Schnackenburg sind britische Soldaten zur Dammsicherung eingesetzt. Die Einheit ist bei Bergen-Belsen stationiert
Foto: DPAPause: Britischer Soldat beim Einsatz im Kreis Lüchow-Dannenberg
Foto: DPAIm brandenburgischen Strohdehne treiben Strohrollen auf den aufgeweichten Feldern
Foto: DDPHamburg - Mehrere hundert Menschen mussten am Morgen in den niedersächsischen Dörfern Neu Garge, Stiepelse und Viehle ihre Häuser verlassen - ob sie wollten oder nicht. Die Lage wurde als "sehr kritisch" bezeichnet. Rund 7000 Helfer sind hier im Dauereinsatz. Allein in Neu Garge wurden 30.000 Sandsäcke verbaut, um eine undichte Stelle zu sichern.
Als besonders gefährdet gelten auch Elbe-Deichabschnitte und Dämme an Nebenflüssen zwischen Hitzacker und Vietze. Die Bundeswehr wird ihre Hilfstruppen dort im Laufe des Tages massiv verstärken.
Für die bedrohten Holtorfer Steege bei Schnackenburg auf der linken Elbseite wurde Entwarnung gegeben. Taucher hatten den rund 4000 Meter langen gefährdeten Deichabschnitt der Jeetzel mit Stahlmatten gesichert. Ein gebrochenes Wehr bei Restorf im Kreis Lüchow-Dannenberg konnten Helfer in der Nacht mit Balken und Nägeln reparieren.
Entspannung zeichnet sich im schleswig-holsteinischen Lauenburg ab. Zwar wurde durch den Druck der Wassermassen Grundwasser in die Keller gedrückt, seit Donnerstagnachmittag sei aber der Pegel lediglich minimal um 2 Zentimeter auf 8,67 Meter gestiegen, sagte ein Sprecher des Katastrophenstabs. Man sei "heilfroh über die sehr gute Entwicklung". Erste Überflutungen gibt es erst ab etwa neun Metern, der normale Pegelstand liegt bei fünf Metern. Ein kritischer Deichabschnitt östlich von Lauenburg werde ständig überprüft.
Die Hochwasserlage am mecklenburgischen Elbabschnitt im Landkreis Ludwigslust spitzt sich unterdessen wieder zu. Der Katastrophenstab ordnete für sechs Ortschaften der Gemeinde Teldau für den Nachmittag Evakuierung an, die noch am Donnerstag ausgesetzt worden war. Grund sei - wie andernorts auch - die zunehmende Aufweichung der Deiche und das Durchsickern von Wasser. Deichbrüche seien angesichts des Dauerdrucks nicht auszuschließen.
Besondere Gefahr droht im niedersächsischen Amt Neuhaus, wo seit dem frühen Morgen evakuiert wird. Nach Angaben des Krisenstabs bestehen dort gefährliche Schwachstellen in den Deichanlagen. Können diese Dämme nicht gehalten werden, wäre auch mecklenburgisches Gebiet der Überflutung ausgesetzt.
Der Katastrophenstab warnte Anwohner, die bisher aus freien Stücken die Altstadt von Boizenburg verließen, dringend vor einer Rückkehr in ihre Häuser. In der Nacht hatte der Flutscheitel Boizenburg mit 6,41 Metern erreicht. Die Lage sei äußerst angespannt und werde sich kurzfristig auch nicht ändern, sagte der Leiter des Katastrophenstabes, Landrat Rolf Christiansen. Es könne sein, dass auch für Boizenburg kurzfristig die Evakuierung angeordnet werde.
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In Sachsen-Anhalt haben die Helfer die geplante Schließung des Deichbruchs bei Seegrehna im Kreis Wittenberg am Freitag aufgegeben. "Der Deich ist wie ein Pudding. Wenn man da etwas draufsetzt, bricht er auseinander", sagte Oberstleutnant Gerhard Schäfer. Ursprünglich hatte die Bundeswehr die seit Tagen bestehende 100 Meter lange Bruchstelle, die Dessau, die Autobahn A 9 und den Wörlitzer Park bedrohte, aus der Luft mit Schwimmcontainern schließen wollen. Nun werfen Hubschrauber riesige Netze mit Sandsäcken ab, um im Wasser eine Barriere zu errichten.
In Sachsen ist das Wasser weitgehend abgeflossen - die Aufräumarbeiten laufen dort auf Hochtouren. Ab sofort sollen Gutachter, die von Haus zu Haus gehen, die Schäden an Wohngebäuden erfassen, um die finanzielle Unterstützung der Betroffenen schnell zu sichern, hieß es aus dem Landesinnenministerium.