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Mein Leben ohne WhatsApp: Warum wir alle darauf verzichten sollten

Vor einem Jahr habe ich WhatsApp gelöscht. Meine Freunde verstehen das nicht, aber ich kann den Ausstieg nur jedem empfehlen.
Von ​Carolin Strohbehn
Foto: bento / Nike Laurenz

Dieser Beitrag wurde am 09.11.2015 auf bento.de veröffentlicht.

1. Verschlüsselung geht auch besser

Einer der wichtigsten Gründe für meinen Ausstieg: Ich sorgte mich um meine Daten. Als dann Facebook den Dienst übernahm, war das für mich endgültig ein Grund auszusteigen. Immer wieder las ich von der schlechten Verschlüsselung und den Sicherheitslücken – und das bei einem Dienst, über den Menschen privateste Nachrichten austauschen. Ich hänge ja auch nicht meine Fotos und Bankdaten ins Schaufenster.

Mittlerweile soll WhatsApp nachgerüstet haben: Über die erprobte Technik von Open Whisper Systems  sollen die Nachrichten nun verschlüsselt sein. Wann was verschlüsselt wird und wann nicht, hat das Unternehmen bislang nicht verraten. Fotos und Gruppenchats zum Beispiel sollen immer noch unverschlüsselt übermittelt werden, berichten mehrere Medien. Zudem gibt es die Verschlüsselung bislang nur für Android-Geräte – für mich als Iphone-Nutzer uninteressant.

Deswegen schreibe ich weiterhin richtig old-school SMS. Wenn ich die Nachricht übers Netz verschicken möchte, nutze ich Threema . Die garantieren zumindest eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Auch für Fotos und Voice-Mails, was mir andere Dienste und vor allem WhatsApp bisher nicht garantieren wollen. Wer es ganz sicher braucht: Die Entwickler von Open Whisper Systems haben eine eigene App entwickelt: Signals . Die gilt als einigermaßen sicher, sogar Edward Snowden empfielt sie. Auch wenn es die totale Sicherheit bei Apps kaum geben kann.

Angenehmer Nebeneffekt: Threema oder Signal nutzen noch nicht so viele in meinem Umkreis. Deswegen werde ich auch nicht mit Nachrichten dauerberieselt.

2. Endlich keine Kettenbriefe mehr

Vielleicht sind die Kettenbriefe inzwischen ausgestorben. Mich haben diese hübschen Nachrichten genervt, die mehr Smileys als Buchstaben enthalten. Die mir 100 Jahre Pech vorhersagen, wenn ich die Nachricht nicht an mindestens zehn Personen weiterschicke.

3. Ich verpasse alles

Meine Freunde klären inzwischen alles über Whatsapp: das Training, die Arbeitsschichten, Freizeit und Geschenke. Verpasse ich es jetzt nicht alles? Was andere als Nachteil sehen, sehe ich gar nicht so dramatisch. Es gibt schließlich noch andere Wege, wie ich zu erreichen bin. Der einzige Nachteil: Ich sehe exklusive Bilder nicht mehr sofort. Aber diese Entschleunigung kann auch sehr entspannend sein.

Ich habe das Gefühl: Wer ständig auf sein Smartphone schaut, hat Angst, etwas zu verpassen. Oder ist es eher die Angst, bei den ganzen Nachrichten, den Überblick zu verlieren? Eine Stunde Sport: 26 Nachrichten. Zwei Stunden auf einem Arbeitstermin: 42 unbeantwortete Nachrichten, weil jeder jede Kleinigkeit in mehreren Nachrichten mitschickt, hinzukommen Bilder und Sprachnachrichten.

In meinen Augen verpasse ich nur eins: Ich bin nicht mehr ständig über alle Kanäle erreichbar. Ich lebe mein Leben, statt ständig anderen davon zu berichten.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich mehr Eigeninitiative zeigen muss: Ich muss nachfragen, um Extra-Infos außerhalb des Netzwerks zu erhalten.

Gibt es wirklich keine Nachteile? Doch:
4. Vergessen werden

Alle gehen davon aus, dass jeder über Whatapp erreicht wird. Einladungen zum Geburtstag der Ausflug am Wochenende? All das planen meine Freunde deswegen über WhatsApp.

Seit der Löschung des Accounts war ich deswegen zu einem Essen und zu zwei Geburtstagen offiziell nicht eingeladen. Das ist natürlich ein Problem: Denn ich kann mich ja nicht selbst einladen. (Während ich mich ansonsten natürlich von mir aus bei Freunden melden kann - nur eben auf anderem Weg.)
Mein Fazit nach einem Jahr ohne

Es geht, es geht gut. Auch wenn sich das viele Menschen nicht vorstellen können. Weder privat noch beruflich habe ich es als Verlust wahrgenommen. Im Gegenteil: Die Dauerberieselung hat mir oft einige Nerven geraubt.

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