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AfD-Spendenaffäre Neue Spur zu Milliardär Conle

In der Parteispendenaffäre um AfD-Politikerin Alice Weidel liegen der Staatsanwaltschaft endlich wichtige Dokumente aus der Schweiz vor. Nach Informationen von SPIEGEL und "Report Mainz" ist ihr Inhalt brisant.
AfD-Politiker Jörg Meuthen und Alice Weidel

AfD-Politiker Jörg Meuthen und Alice Weidel

Foto: Sina Schuldt/ picture alliance/dpa

Auf der Suche nach dem unbekannten Großspender, der den Bundestagswahlkampf der AfD-Politikerin Alice Weidel mit verdeckten Zahlungen in Höhe von 150.000 Schweizer Franken (damals rund 132.000 Euro) unterstützt hat, haben Ermittler eine neue Spur. Nach gemeinsamen Recherchen des SPIEGEL und des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" erhärten in der Schweiz sichergestellte Kontounterlagen den Verdacht, dass hinter den getarnten Wahlkampfzuwendungen der umstrittene Duisburger Immobilienmilliardär Henning Conle steckt.

Das in Tranchen gestückelte Geld war im Bundestagswahlkampf 2017 über die Konten von zwei Schweizer Pharmafirmen an Weidels AfD-Kreisverband am Bodensee geflossen. Wie mehrere mit den Ermittlungen vertraute Quellen dem SPIEGEL und "Report Mainz" bestätigten, seien bei den Firmen zuvor entsprechende Zahlungen eingegangen, die Conle zugeordnet werden könnten.

Auf Anfrage wollte die Staatsanwaltschaft Konstanz, die in dem Fall ermittelt, den Vorgang nicht kommentieren.

Gleichzeitig bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth, dass seiner Behörde seit Kurzem Beweismittel vorliegen, die im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens von der Schweizer Justiz übermittelt wurden. Darunter befänden sich auch sichergestellte Kontounterlagen. "Die Akten aus der Schweiz werden nun geprüft, danach wird über den Fortgang des Verfahrens entschieden", erklärte Roth.

Um die Kontounterlagen der Pharmafirmen hatte es ein monatelanges juristisches Tauziehen gegeben. Erst am 26. März hatte das Schweizer Bundesstrafgericht eine Beschwerde der Firmen abgewiesen und so die Herausgabe der Beweise an die deutschen Ermittlungsbehörden ermöglicht.

Zu den verdächtigen Geldtransfers auf den Konten der beiden Schweizer Pharmafirmen wollte der anwaltliche Vertreter der Unternehmen gegenüber "Report Mainz" keine Stellungnahme abgeben. Er habe "derzeit keine Befugnis", sich dazu zu äußern, teilte der Zürcher Rechtsanwalt Valentin Landmann auf Anfrage mit.

Verdächtige Strohmannlisten

Die Kontounterlagen sind nicht die einzige Spur zum Immobilienmilliardär Conle: Nachdem NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" die dubiose Wahlkampfhilfe an Weidels Kreisverband Ende 2018 publik gemacht hatten, reichte die AfD bei der Bundestagsverwaltung eine gefälschte Liste mit den Namen von 14 angeblichen Spendern ein. Mehrere der aufgelisteten Personen entpuppten sich als Strohleute, einer von ihnen hatte geschäftliche Verbindungen zu Conle.

Derselbe Gönner, ein Geschäftsmann aus Belgien, taucht auch auf einer weiteren Liste mit sechs angeblichen Spendern auf, die 2017 eine Wahlkampagne des heutigen AfD-Europapolitikers Guido Reil im Wert von rund 44.500 Euro finanziert haben sollen - sowie auf einer dritten Strohmannliste mit zehn vermeintlichen Finanziers, die angeblich eine rund 90.000 Euro teure Wahlkampfhilfe für Parteichef Jörg Meuthen finanziert haben sollen. Auf der Meuthen-Liste finden sich neben dem belgischen Geschäftsmann sogar noch weitere Personen aus Conles Umfeld.

Über etwaige Kontakte zu dem Immobilientycoon schweigt AfD-Chef Meuthen beharrlich.

Der milliardenschwere Unternehmer Conle meidet öffentliche Auftritte und gilt als eine Art Phantom. In der Vergangenheit wurden ihm wiederholt rüde Methoden als Vermieter vorgeworfen. Trotz mehrfacher Versuche war Conle, der sich in Zürich oder London aufhalten soll , für eine Stellungnahme bislang nicht zu erreichen.

Die Annahme sogenannter Strohmannspenden, bei denen die Identität der eigentlichen Spender gezielt verschleiert wird, ist deutschen Parteien streng verboten. Trotz der dubiosen Umstände, unter denen die Spenden aus der Schweiz bei Weidels AfD-Kreisverband gelandet waren, hatte die Partei das Geld erst nach Monaten zurücküberwiesen.

Parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Konstanz prüft die Bundestagsverwaltung wegen möglicher Verstöße gegen das Parteiengesetz Sanktionen gegen die AfD: Der Partei drohen Strafzahlungen in dreifacher Höhe der Spenden aus der Schweiz, also von rund 396.000 Euro.