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Kinderschutz in der Werbung Geplante Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel abgeschwächt

Um Kinder zu schützen, will Deutschlands Ernährungsminister Cem Özdemir die Fernsehwerbung für besonders zucker-, fett- und salzhaltige Lebensmittel einschränken. Doch das aktuelle Gesetzesvorhaben hat Lücken.
Süßigkeitenspender: Nicht nur in solch bunten Bonbons steckt viel Zucker, sondern auch in industriell hergestellten Fruchtjoghurts, Müslis und Getränken

Süßigkeitenspender: Nicht nur in solch bunten Bonbons steckt viel Zucker, sondern auch in industriell hergestellten Fruchtjoghurts, Müslis und Getränken

Foto: Robert Poorten / IMAGO

Deutschlands Ernährungsminister Cem Özdemir will Kinder vor Werbung für ungesunde Lebensmittel schützen, um gesunde Ernährung zu fördern und Übergewicht zu verhindern. Werbebeschränkungen sind bereits geplant , hängen aber seit Monaten in der Abstimmung mit anderen Ministerien. Nun sagte Özdemir der »Rheinischen Post« mit Blick auf die regierungsinternen Gespräche: »Wir haben Anregungen und Kritik einfließen lassen und unseren Entwurf entsprechend präzisiert«. Ergebnis: Das Gesetzesvorhaben wurde entschärft.

Özdemir hatte die ersten Gesetzespläne bereits Ende Februar vorgestellt. In der Regierungskoalition hatte die FDP aber umgehend Einwände angemeldet. Der Minister sagte zu den vorgelegten Änderungen: »Wir präsentieren einen guten Vorschlag, der gerne noch ergänzt werden darf. Dann werden wir schnell ins Kabinett kommen.« Doch das Grundsatzproblem des Streits bleibt, es ist fraglich, ob die Änderungen ausreichen.

In der ersten Fassung waren unter anderem Werbeverbote für Produkte mit zu viel Zucker, Fett und Salz täglich von 6 bis 23 Uhr vorgesehen. Laut dem aktuellen Vorschlag sollen die Werbeclips werktags von 17 bis 22 Uhr untersagt sein, samstags zusätzlich von 8 bis 11 Uhr und sonntags von 8 bis 22 Uhr.

Werbung nahe Spielplätzen soll erlaubt bleiben

Zu den geplanten Verboten von Plakatwerbung für ungesunde Produkte an bestimmten Orten sagte Özdemir: »Wir konzentrieren uns hier auf die direkte Ernährungsumgebung der Kinder: Kitas und Schulen.« Ebenfalls eine Abschwächung. Denn ursprünglich wollte man solche »Bannmeilen« auch für Freizeiteinrichtungen und Spielplätze.

Zudem werde klargestellt, »dass es kein Verbot von Werbung für Lebensmittel in Schaufenstern gibt«. Für Werbung im Radio solle auf eine »Sendezeitregelung« verzichtet werden. Im Internet seien »alle gängigen Kanäle betroffen und auch Influencer«.

Insgesamt orientiert sich der Gesetzentwurf am Nährwertprofil der Weltgesundheitsorganisation, das strenge Höchstgrenzen beim Zucker-, Salz- und Fettgehalt vorsieht. Wie es bei BR24 heißt, »hätte demnach für Vollfettjoghurt und griechischen Joghurt in den oben beschriebenen Zeiten nicht mehr geworben werden können, weil der Fettgehalt zu hoch ist«. Für ungesüßten Joghurt soll es jetzt jedoch keine Beschränkungen mehr geben. Weitere Ausnahmen von Werbeverboten gelten für Milch und Fruchtsäfte.

»Es ist nicht zielführend«

Die Stiftung Kindergesundheit kritisierte die Änderungen am Gesetzentwurf. »Es ist nicht zielführend, Plakatwerbung in der Nähe von Spielplätzen und Freizeiteinrichtungen weiterhin zu erlauben«, sagte der Vorsitzende der Stiftung Kindergesundheit, Berthold Koletzko, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch mit den gekürzten Verbotszeiten für Fernsehwerbung zeigte er sich unzufrieden.

In Deutschland sind 15 Prozent der Kinder übergewichtig. Mitverantwortlich dafür sehen Gesundheitsexperten und Verbraucherschützer die Werbung für ungesundes Essen.

AFP/dpa/alw