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Flüchtlingspolitik Schulz lehnt Auffanglager in Libyen ab

Wie lassen sich Flüchtlinge von der Fahrt übers Mittelmeer abhalten? Im SPIEGEL spricht sich SPD-Kanzlerkandidat Schulz gegen Auffanglager in Libyen aus. Aus der CDU kommen Rufe nach einer EU-Polizeimission in Nordafrika.
Flüchtlinge vor der libyschen Küsten warten auf Rettung (Bild vom 25. Juli 2017)

Flüchtlinge vor der libyschen Küsten warten auf Rettung (Bild vom 25. Juli 2017)

Foto: SANTI PALACIOS / AP

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat sich gegen die Einrichtung von Auffanglagern von Flüchtlingen in Libyen ausgesprochen. "Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich Auffanglager in Libyen für nicht machbar", sagte Schulz dem SPIEGEL. "Die Grundvoraussetzung für solche Lager wären vernünftige staatliche Strukturen - und die gibt es in Libyen nicht. Ich finde es sinnvoller, über die Stabilisierung von Libyen als Staat zu sprechen." (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)

Damit stellt Schulz sich gegen den Vorschlag des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius (SPD), der sich zuletzt für solche Einrichtungen ausgesprochen hatte. Pistorius hatte Auffanglager ins Gespräch gebracht, um zu verhindern, dass jene Flüchtlinge, die ohnehin wenig Chancen auf Asyl in Europa hätten, sich nicht in die Hände krimineller Schlepper begeben.

"Natürlich müssen wir irgendwann mit jenen Ländern, die unseren rechtsstaatlichen Vorstellungen am nächsten kommen, darüber reden, wie zu verhindern ist, dass die Menschen in die Boote gehen", sagte Schulz. "Wie man jene Flüchtlinge identifizieren kann, die nach Europa dürfen, ohne sich in die Hände der Schlepper zu begeben. Das könnten dann beispielsweise Länder wie Tunesien sein." SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann plädierte für "ein Netzwerk an sicheren Orten entlang der Fluchtroute in Afrika", in denen Flüchtlinge humanitär betreut und vor allem beraten werden. "Wir müssen zwischen die Schlepper und die Flüchtlinge kommen", sagte Oppermann.

Die angespannte Flüchtlingssituation am Mittelmeer beschäftigt zunehmend auch die Union. David McAllister, Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament und Mitglied im CDU-Präsidium, brachte im SPIEGEL "Registrierungsstellen" für Flüchtlinge südlich von Libyen ins Gespräch. Der Christdemokrat unterstützt auch die Idee einer möglichen EU-Polizeimission an der Südgrenze Libyens.

"Um das Sterben im Mittelmeer zu beenden, muss verhindert werden, dass die Migranten überhaupt erst nach Libyen gelangen", sagte McAllister. Die EU solle die libysche Regierung zunächst mit technischer Hilfe wie Hubschraubern und Satellitentelefonen unterstützen. "Sobald es die rechtlichen und politischen Umstände sowie die Sicherheitslage in Libyen erlauben, sollte die Europäische Union einen noch aktiveren Part in Libyen einnehmen und die Planung einer Polizeimission an Libyens Südgrenzen aufnehmen."

"Registrierungsstellen" im Niger und Tschad?

Die EU plant derzeit eine Fact-Finding-Mission im Süden Libyens, die nach SPIEGEL-Informationen gegen Ende des Sommers beginnen soll. Ziel ist es, Wege zu finden, libyschen Kräften bei der Kontrolle der Grenze im Süden zu helfen. Auch zu diesem Zweck hat die EU zuletzt 46 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein italienischer Amtskollege Marco Minniti hatten eine entsprechende Mission bereits in einem Brief an die Kommission Mitte Mai gefordert. In Brüssel war die Idee bislang allerdings auf wenig Gegenliebe gestoßen, die Lage in dem Land sei zu gefährlich. Nun könnte sich die Stimmung ändern, wie auch die Forderungen McAllisters zeigen. Das Kalkül: Wenn die Flüchtlinge erst gar nicht nach Libyen kommen, gehen sie weder auf die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer noch landen sie unter unwürdigen Umständen in Internierungslagern.

McAllister machte sich im SPIEGEL stattdessen für Registrierungsstellen in Niger und Tschad stark. "Der Europäische Rat hat im Juli beschlossen, den Migrationsdruck auf die Landgrenzen Libyens deutlich zu verringern. Ob, um dieses Ziel zu erreichen, im Grenzgebiet in Niger und im Tschad Registrierungsstellen eingerichtet werden können, wird zu prüfen sein", sagte er. Entscheidend sei auch hier die Sicherheitslage.

vme/pm