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Luftfahrt US-Flugbegleiter halten Telefonate an Bord für Sicherheitsrisiko

Sollte das Telefonieren per Handy an Bord erlaubt werden? In den USA stehen dem wohl keine technischen Bedenken mehr entgegen. Die US-Flugbegleiter jedoch laufen Sturm gegen das Gequatsche in der Kabine und fürchten um die Sicherheit. Ihre deutschen Kollegen äußern sich gelassener.
Stewardessen: Die Lufthansa will beim Telefonierverbot bleiben

Stewardessen: Die Lufthansa will beim Telefonierverbot bleiben

Foto: Boris Roessler/ DPA

Washington - In den USA könnten Telefongespräche über den Wolken in absehbarer Zeit zum Alltag werden. Zuerst hat die Luftfahrtaufsicht FAA bei Flügen mit US-Airlines erlaubt, Handys und Tablets auch während der Starts und Landungen anzulassen - wenn auch im Flugmodus. Jetzt erklärte der Leiter der zuständigen US-Regulierungsbehörde FCC, Tom Wheeler, die Technik sei inzwischen so weit, dass Mobilfunk während des Fluges ohne Sicherheitsrisiko genutzt werden könne. Regelungen, die das erlauben, sollen zusammen mit der FAA ausgearbeitet werden.

Stewardessen und Stewards in den USA gehen dagegen auf die Barrikaden. Ihre Gewerkschaft AFA rät der FCC, ihr Vorhaben zu stoppen. "Die Flugbegleiter, als erste Ansprechpartner und letzte Verteidigungslinie unserer nationalen Luftfahrt, halten eine ruhige Kabinenatmosphäre für wichtig", schreibt die AFA recht blumig in einer Stellungnahme.

Jede Situation, die potentiell Unruhe stifte, sei nicht nur unwillkommen, sondern auch unsicher. Passagiere könnten wegen der Störungen in Streit geraten. Außerdem befürchtet die Gewerkschaft, dass ihre Gäste durch die Handytelefonate von den Sicherheitsanweisungen der Crew abgelenkt würden und eventuelle Ansagen überhören könnten. "Die negativen Effekte auf die Luftfahrtsicherheit wären groß und viel zu riskant."

Deutsche Flugbegleiter sind relaxter

Die deutsche Flugbegleitergewerkschaft Ufo kann die Bedenken ihrer US-amerikanischen Kollegen nicht ganz nachvollziehen. "Wenn wir eine Durchsage machen müssten, dass wir die Maschine gleich evakuieren, würden die Passagiere schon hinhören", sagte der Vorsitzende Nicoley Baublies SPIEGEL ONLINE. Er sorge sich eher um den Komfort der Fluggäste. Vor allem Geschäftsreisende wollten ausgeruht am Ziel ankommen und ihre Ruhe haben. Da würden wegen eventueller schlechter Verbindungen lautstark geführte Gespräche nur stören.

Generell sperrten sich die Stewards und Stewardessen nicht gegen die Einführung von Handytelefonie, wenn das die Fluggesellschaften attraktiver machen würde, sagte Baublies diplomatisch. Die Lufthansa als größte deutsche Airline hat auch das nicht vor: Kundenumfragen haben sich ergeben, dass eine deutliche Mehrheit gegen das Telefonieren an Bord ist. Sie fühlten sich dadurch gestört, sagte Unternehmenssprecher Michael Lamberty SPIEGEL ONLINE. Abgesehen von den fest installierten Telefonen sei es heute auch technisch bereits möglich, über Skype per Internet zu telefonieren. Aufgrund der Befragung sei das aber untersagt.

Wie in den USA sollen Reisende auch in Deutschland künftig umfangreicher als bisher elektronische Geräte wie Smartphones oder Tabletcomputer an Bord von Flugzeugen nutzen dürfen. Die Europäische Flugsicherheitsagentur (EASA) will bis Ende des Monats dementsprechende Richtlinien veröffentlichen. "Die Lufthansa könnte die Nutzung von mitgebrachten Geräten innerhalb weniger Monate ermöglichen", sagte Sprecher Lamberty. Erste Prüfungen hätten dies ergeben.

Langfristig will auch die EASA nach eigenen Angaben Handytelefonate auf Flügen erlauben. In den USA wird es allerdings auch noch mindestens ein Jahr dauern, bis eine solche Regelung eingeführt werden kann. Mitte Dezember will die FCC eine entsprechende Vorgabe machen, welche die Nutzung von Handys oder Tablet-Computern in den Netzen 3G und 4G während des Fluges erlaubt - allerdings nicht beim Start und bei der Landung. Dann müssen die US-Fluggesellschaften zustimmen und gegebenenfalls umrüsten, die Bundesluftfahrtbehörde FAA muss dies genehmigen.

Zurzeit gelten in Europa an Bord von Flugzeugen noch diese Regeln - entscheidend sind die Sendefähigkeit des Gerätes und die Phase des Fluges:

  • Sind die Triebwerke aus und steht der Flieger in der Parkposition, dürfen Passagiere vom Handy bis zum Laptop alles benutzen.
  • Sendefähige Geräte sind bei Start, Landung und den gesamten Flug über tabu. Dazu gehören zum Beispiel Handys. Sie müssen daher die ganze Zeit über ausgeschaltet bleiben oder dürfen ab Erreichen der Reiseflughöhe nur im Flugmodus eingeschaltet sein. Ausnahmen gelten in Flugzeugen mit einer speziellen Technik, die es Passagieren ermöglicht, während des Flugs zu telefonieren: Einige Fluggesellschaften statten ihre Maschinen bereits damit aus, etwa Emirates.
  • Nicht sendefähig sind etwa Laptops oder Digitalkameras. Sie müssen nur ausgeschaltet sein, während die Maschine rollt, startet, in den Landeanflug geht und landet. Sperrige Laptop-Computer müssen allerdings bei Start und Landung verstaut werden. Auch Laptops mit W-Lan dürfen genutzt werden. Um mit ihnen surfen zu können, muss jedoch an Bord ein W-Lan-Hotspot existieren.

abl/dpa